Live Fast, Play Dirty, Get Naked
am Ende der Straße etwas bewegte, links von der Brache. Ein vager Schatten, der über den Boden glitt. Ich hielt weiter Ausschau, wartete auf den nächsten Blitz … und dann hörte ich ein leises Knarren, das Geräusch einer Tür, die geöffnet wurde, und genau in dem Moment flackerte an der Stelle, wo ich den Schatten gesehen hatte, ein fahles Licht auf.
Es donnerte.
Das fahle Licht ging wieder aus.
Eine Tür schlug zu.
Ich setzte die Kappe wieder auf und lief die Straße entlang.
Das Bahngleis führte links von mir auf einem erhöhten Damm hinter den Häusern entlang, und als ich das Ende der Straße erreichte, sah ich, dass das Gleis über eine gemauerte Bogenbrücke lief, die am Rand der Brache vorbeiführte. Einige der Bögen unter der Brücke waren leer, doch die meisten dienten als Werkstätten. Vorn gab es große Holztüren, draußen waren schwere Maschinen abgestellt und auf den Schildern stand UNFALLREPARATUR, TÜV , SCHROTTANNAHME . Alle Türen waren verriegelt, überall war es dunkel und still …
Mit einer Ausnahme.
Es war von mir aus gesehen die zweite Werkstatt. Auf einem verbeulten Schild an der Außenmauer stand WARWICK MOTORS . Vorn gab es kein Fenster und die Doppeltür war zu, deshalb konnte ich nicht hineinschauen, aber es war eindeutig jemand drinnen. Ein schwaches Licht drang durch den Spalt unter den Türen und ich sah, wie sich in dem Schein Schatten bewegten. Ich ging ein Stück näher heran in der Hoffnung, etwas zu hören, doch bei dem prasselnden Regen und dem immer noch grollenden Donner war das unmöglich.
Ich schaute auf die Uhr.
23.40 Uhr.
Ich schaute hoch, aufgeschreckt von einem kreischenden Lärm, und sah auf dem Gleis über mir einen Güterzug vorbeirattern. Als der Zug die Bögen erreichte, erhellte der Strahl seiner Scheinwerfer die Finsternis zu beiden Seitender Brücke und zeigte mir, dass einer der Bögen – der erste in meiner Richtung – ein Tunnel war, der auf die andere Seite der Brücke führte.
Ich wartete, bis der Zug vorbei war, dann schaute ich wieder auf die Uhr.
23.41 Uhr.
Ich schau nur ganz kurz nach , sagte ich mir und ging auf den Tunnel zu. Wenn ich von der Rückseite reinschauen kann, wenn ich rausfinde, was William da drinnen macht … dann war’s das. Ich schau nur ganz kurz und dann hau ich wirklich ab.
Der Regen hatte den Tunnel überflutet und ich musste durch mehrere Zentimeter tiefes, schwärzliches Schmutzwasser waten, doch ich war inzwischen ohnehin schon so durchgeweicht, dass das auch nichts mehr machte. Auf der anderen Seite führte ein schmaler Weg an der Brücke entlang zu den Werkstätten unter den Bögen. In der trüben Dunkelheit konnte ich noch so eben erkennen, dass der Weg links von einem Stacheldrahtzaun begrenzt wurde, hinter dem sich ein Streifen Brachland erstreckte, das mit allem möglichen Gerümpel aus den Werkstätten übersät war – alten Reifen, verrosteten Motoren, moderigen Autositzen, leeren Kartons. Ich folgte dem Weg, schlängelte mich vorsichtig zwischen lauter Müll durch, um möglichst nicht allzu viel Lärm zu machen, und erreichte schließlich die Rückfront von Warwick Motors. Es gab eine Eisentür, die mit einem schweren Vorhängeschloss und einer Kette gesichert war, und ein kleines Fenster ganz oben in der Mauer. Ich ging zu der Tür und betrachtete sie eine Weile in der Hoffnung, einen Spalt oder sonst irgendwas zu finden, wo ich reinschauen konnte, doch sie hatte kein Schlüsselloch undwar exakt in die Mauer eingepasst. Ich trat zurück und richtete meine Aufmerksamkeit auf das Fenster. Von innen war es mit Brettern zugenagelt, doch ein schwacher Lichtschein drang durch ein Loch im rechten unteren Winkel. Und wenn das Licht rauskonnte, müsste ich doch auch reingucken können, überlegte ich.
Die Frage war nur … wie sollte ich raufkommen?
Das Fenster war mindestens 1,20 bis 1,50 Meter über meinem Kopf und die Wand eine glatte Ziegelsteinmauer – keine Simse, keine Halterungen, keine Möglichkeit, hochzuklettern. Ich schaute mich um, suchte nach irgendwas, auf das ich mich draufstellen konnte, und entdeckte ein Stück die Mauer entlang eine große Öltonne. Sie wirkte ziemlich alt und verrostet, aber sonst gab es nichts, das groß genug schien, um an das Fenster zu kommen. Ich ging hin und öffnete den Deckel in der Hoffnung, dass keine schweren Sachen in der Tonne waren und ich sie bewegen konnte. Zum Glück lagen nur zusammengeknülltes Zeitungspapier und ein paar schmutzige alte Decken
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