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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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und erschrak über das eigene Flüstern, das sich anhörte, als käme es aus einem Tunnel an seine Ohren, schwach und verzerrt, meilenweit entfernt. „Hält mich am Leben.“
     
    „Schauen Sie mich an, Officer Foster.“
     
    Die andere Stimme. Die männliche Stimme. Charlie drehte den Kopf zur Seite und schaute dem Mann ins Gesicht. Die Augen fielen ihm als erstes auf. Es waren kalte Augen.
     
    „Oh Gott“, flüsterte er, „Norm…“
     
    „…ist tot“, sagte die Frau an seiner Seite. „Es tut mir leid.“
     
    „Wer…?“ fragte Charlie heiser, ohne den Blick von dem Mann zu lassen. Wer tut so etwas? fragte die Stimme in seinem Kopf. Es war dieselbe Frage, seit fast zehn Jahren, immer dieselbe, und er hatte immer noch keine Antwort entgegenzusetzen.
     
    „Warum, Sie Mistkerl?“
     
    „Sagen Sie‘s mir.“
     
    „Sie sind verrückt“, meinte Charlie, spürte ein Zucken in seinem Magen, dann ein Brocken, der sich plötzlich in seinem Hals festsetzte und schleimig war. Er fing an zu husten, spie Blut, spuckte grünlichen Schleim, dann wieder Blut. Sein Brustkorb bewegte sich schnell auf und ab, als er versuchte, die Luft in seine Lungen zu pumpen, die ohnehin schon ihre Schwierigkeiten gehabt haben, ihn am Leben zu erhalten.
     
    „Kein Grund… es gibt nie einen Grund.“
     
    „Es gibt immer einen Grund, Officer Foster“, sagte Turow zu ihm. „Egal, was für ein Grund es ist, oder ob Sie damit einverstanden sind.“
     
    „Bullenscheiße,“ flüsterte Charlie.
     
    Turow antwortete nicht.
     
    „Wie fühlt es sich an, wenn man weiß, daß man sterben muß?“ fragte der Mann mit echtem Interesse. Er hatte sich halb niedergekniet, seine Hände gefaltet. Charlie merkte, daß er seine Waffe in den Gürtel geschoben hatte.
     
    „Turow…“
     
    „Sie sind bitte ruhig, Julie. Gehen Sie zu den anderen. Officer Foster und ich haben eine Unterhaltung und es ist äußerst unhöflich von Ihnen, uns andauernd  zu unterbrechen. Wenn Officer Foster Ihre Hilfe braucht, dann werde ich Sie rufen“, meinte Turow ruhig, und legte ganz zufällig die rechte Hand auf den Kolben der automatischen Pistole. Die Frau verschwand. Turow beugte sich zu Charlie herunter, hob den Kopf des jungen Polizisten hoch und bettete ihn zwischen seinen beiden geöffneten Händen.
     
    „Wie weit sind Sie bereit zu gehen, Officer Foster?“ fragte Turow. „Das ist es, was ich von Ihnen wissen will. Wenn man weiß, daß man nichts mehr zu verlieren hat, und glauben Sie mir, Sie haben nichts mehr zu verlieren, wie weit ist man bereit zu gehen? Ich möchte, daß Sie darüber nachdenken. Und ich möchte, daß Sie noch am Leben bleiben, nur ein kleines bißchen länger, das schaffen Sie doch, oder? Ich möchte, daß Sie darüber nachdenken.“
     
    Dann klingelte das Handy.
     
     
     
    03:02
     
    „Hallo, Donald“, meldete sich Joe, als am anderen Ende der Leitung abgehoben wurde. „Hier ist Lieutnant Kovacs. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß das Essen angekommen ist.“
     
    „Italienisch?“
     
    „Und chinesisch“, sagte Joe.
     
    „Ah“, kam die Antwort.
     
    „Ich hab mir gedacht, daß ich vielleicht damit die statistische Wahrscheinlichkeit beeinflussen kann. Hatte ich recht?“
     
    Ein Lachen am anderen Ende der Leitung.
     
    „Clever.“
     
    „Ist auch der Grund, daß wir so lange gebraucht haben. Ist nicht gerade einfach, einen guten Chinesen um diese Uhr aufzutreiben, der dann auch noch kochen kann.“
     
    „Das hat Vanessa auch immer…“ Turow unterbrach sich.
     
    Statik am anderen Ende.
     
    „Donald?“ fragte Joe.
     
    Nichts.
     
    „Donald? Wer ist Vanessa? Ist sie jemand, mit dem sie sprechen möchten? Wollen Sie…“
     
    „…hier ist, was ich von Ihnen will, Lieutnant Kovacs“, kam die langsame, bedächtig klingende Antwort. „Ich will, daß Sie das Essen vor der Tür abstellen. Keiner Ihrer Männer kommt hier herein. Wenn Sie es versuchen, dann werde ich jemanden erschießen. Wenn Sie das Essen nicht innerhalb der nächsten zwei Minuten gebracht haben, werde ich jemanden erschießen.“
     
    Pause.
     
    „Wenn sie mich noch einmal nach Vanessa fragen“, kam dann der leise Zusatz, „dann werde ich jemanden erschießen.“
     
    Turow klickte das Gespräch weg.
     
    Joe schaute auf seine Armbanduhr, winkte einen Polizisten heran und zeigte auf die Plastikbeutel mit dem Essen.
     
    „Knapp anderthalb Minuten“, sagte er.
     
    Der Streifenbeamte nahm die Tüte und lief los, geduckt,

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