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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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dann auf den Haufen, den sie eingekauft hatte und der einzige, absurde Gedanke, der ihr kam, war: Ich habe kein Waschmittel eingekauft. Ich glaube, ich sollte noch einmal zurückgehen und mir ein Waschmittel kaufen.
     
    Agatha bemerkte gar nicht, daß sie unbewußt genickt hatte. Sie starrte auf den Mann am Zeitschriftenregal. In der linken Hand hielt er eine Pistole.
     
    Agatha sah zur Eingangstür von Harper‘s herüber. Draußen war es dunkel und ruhig. Sollte nicht die Polizei jeden Moment durch die gläserne Tür stürmen? Ja, das sollte sie, ihre Revolver schon im Anschlag, mit einem wütenden Bellen: „Legen Sie die gottverdammte Waffe nieder, Mister!“
     
    So war es doch immer im Fernsehen, und die netten, jungen Männer von ihren Fällen erzählten, die dann von Schauspielern nachgestellt wurden, die allesamt mit hölzernen Mienen durch die Gegend liefen, während die Stimme des Erzählers über dem Bild eingeschnitten wurde.
     
    Niemand kam hinein.
     
    Niemand hatte den Schuß gehört.
     
    Bist du verrückt, Agatha? dachte sie dann verwirrt. Der Schuß war so laut, daß man ihn noch in Anchorage, Alaska zu hören gewesen sein mußte. Um den Laden herum wohnten hunderte von Menschen. Jemand mußte den Lärm gehört haben.
     
    „Bitte nein“, flüsterte sie und wankte einen Schritt zurück. Hinter ihr fühlte sie die Kante der Ladentheke. Etwas fiel mit trockenem Rascheln zu Boden. Ein dunkelblaues Aufblitzen im Neonlicht, das aus ihren Augenwinkeln verschwand, bevor sie sich darauf konzentrieren konnte. „Bitte nein.“
     
    Vielleicht konnte sie zur Tür laufen, bevor der Wahnsinnige in ihr ebenfalls das Gehirn heraus pustete. Vielleicht, wenn sie über den Leichnam Franklins herübersprang, dann brauchte sie nur ein paar Meter, bis sie die  Tür erreichte. Der gedankliche Befehl erreichte nicht einmal ihre Beine. Sie zitterte und mußte sich an der Ladentheke abstützen. Vielleicht, wenn sie dreißig oder vierzig Jahre jünger wäre, dann würde sie es versuchen, aber Gott, sie war nur eine alte Frau, der Kerl würde doch keiner alten Frau etwas antun?
     
    Er stand immer noch in der größer werdenden Pfütze aus Blut und rieb sich mit der rechten Hand die Stirn. Er schien über etwas nachzudenken. Nicht darüber, wie er den Angestellten…
     
    Franklin. Sein Name war Franklin
     
    …erschossen hatte, sondern auch, was er hier als machte.
     
    Dann blickte er hoch und sah Agatha in die Augen. Der rechte Zeigefinger ging in konzentrischen Kreisen über die rechte Schläfe. Der Mund war zu einer schmerzverzerrten Grimasse verzogen. Schmerzen waren in den grünen Augen, die einen dunklen, zu dunklen Farbton angenommen hatten, waren grüne Flecke in dem Gesicht, die starr und unbeweglich waren,
     
    „Bitte“, flüsterte Agatha wieder. Jemand sollte endlich die Polizei rufen. Und wo waren die anderen Kunden? Es waren doch andere Kunden in diesem gottverdammten Laden, oder etwa nicht? Jemand mußte doch herkommen. Jemand mußte ihr doch helfen. Sie war nur eine alte, hilflose Frau. Einer ihrer Lockenwickler löste sich aus dem wirren, grauen Haar und fiel in Zeitlupe zu Boden.
     
    Der Mann machte einen Schritt auf Agatha zu. Ihr Kopf ruckte herum. Mit jedem Schritt verschloß er den einzigen Fluchtweg nach draußen ein wenig mehr. Ein weiterer Schritt. Sein Körper stand jetzt zwischen ihr und dem Eingang.
     
    „Er hätte mich nicht anschreien dürfen“, sagte der Mann ruhig. „Ich kann es nicht leiden, wenn man mich anschreit. Ich kriege immer Kopfschmerzen davon. Da mußte ich ihn erschießen. Das verstehen Sie doch, nicht wahr?“
     
    Agatha nickte.
     
    „Ich verstehe“, flüsterte sie dann.
     
    Er machte einen weiteren Schritt auf sie zu, umging die Leiche, während seine teuren Lackschuhe mit dem Blut bespritzt waren, als er in der Pfütze stehenblieb.
     
    Und dann hob er den linken Arm, drückte den Lauf der Automatik gegen die Stirn der alten Frau und seine Stimme war jetzt wirklich so leise geworden, daß selbst Agatha Mühe hatte, ihn zu verstehen.
     
    „Sie werden doch nicht schreien?“
     
    Langsam, sehr langsam schüttelte Agatha den Kopf. Der Lauf der Pistole war noch warm und sie spürte die Wärme auf der Haut. Das Metall blieb auf ihre Stirn gerichtet. Er wird dich umbringen, Agatha.  Der Mann lächelte. Ein kurzes Aufblitzen der Mundwinkel, die sich hochzogen. Egal, was du tust, er wird dich umbringen.
     
    „Ich..werde…nicht schreien….“
     
    Der Lauf

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