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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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Hilflosigkeit.
     
    „Es wird sich nicht ändern, wenn du dir es vier oder fünfmal ansiehst, Mike. Wir haben die Exklusivrechte an den Aufnahmen. Wir sind die schnellsten gewesen. Wir sollten damit auf Sendung gehen, und dafür brauch ich einen Anchor, und das bedeutet, ich brauche Dich.“
     
    Claire Weizak hatte sich halb auf die Ecke am anderen Ende des Schreibtisches gesetzt. Sie war eine ausnehmend attraktive Frau, selbst jetzt noch, in ihren späten Vierzigern.
     
    Mike schaute vom Fernseher hoch, spürte einen kleinen Stich in seinem Herzen und fragte sich, wie sie wohl darauf reagieren würde, wenn er sie fragte, heute nacht mit ihm nach Hause zu kommen. Sie waren einmal mehr als Freunde gewesen. Viel, viel mehr.
     
    Aber das war lange her.
     
    Mike fluchte lautlos und versuchte, sich wieder auf seine Arbeit zu konzentrieren.
     
    „Haben wir ein Team draußen?“ fragte er.
     
    „Sind unterwegs.“
     
    „Wer?“
     
    „Susan Miller“
     
    Mike versuchte, dem Namen ein Gesicht aus seiner Erinnerung zuzuordnen. Er kam zu keinem eindeutigen Ergebnis. Jemand mit einer schwarzen, modisch gestylten Hornbrille und einem schmalen, beinahe elfenartig wirkenden Gesicht.
     
    „Freie?“
     
    Die meisten neuen Gesichter gehörten zu freien Mitarbeitern. Die meisten dieser Gesichter waren es auch nicht wert, daß er sich daran erinnerte. Freie Mitarbeiter wurden wie Treibholz in der Flut und Ebbe der Ausgaben und Ausgabenkürzungen im Sender in die Redaktionen rein und wieder raus gespült.
     
    „Neue Redakteurin“, war Claires Antwort. „Sie ist gut. Ist zwar das erste Mal, daß sie so etwas macht, aber sie hat die richtige Nase. Außerdem ist Isaac mit dabei.“
     
    „Isaac Brings?“
     
    „Ja.“
     
    Mike rieb sich die Augen, fühlte, wie die Lider brannten, die Tränensäcke vollkommen trocken waren und sich anfühlten wie feines Sandpapier. Er seufzte, stand auf und schaltete im Vorbeigehen den Fernseher ab. Claire folgte ihm.
     
    „Was macht Isaac um die Zeit noch in der Redaktion? Ich dachte, der alte Mann geht schon um acht Uhr abends ins Bett.“
     
    „Wir haben Sonntag abend. Pokerabend. Ging bis um halb Eins und dann hat sich Isaac noch mit ein paar der anderen Jungs unten in der Bar hingesetzt.“
     
    „Richtig. Hatte ich vergessen.“
     
    Dann lachte er kurz.
     
    „Brings und Miller?“ fragte er.
     
    „Ich weiß, ich weiß“, sagte Claire mit abwehrender Geste. „Klingt nicht gerade nach Woodward und Bernstein, oder?“
     
    „Scheiß‘ auf Woodward und Bernstein,“ sagte Mike. „Wen interessiert schon, was am nächsten Tag in der Zeitung steht?“
     
    „Wenn man‘s live sehen kann?“
     
    Mike setzte ein freudloses Grinsen auf.
     
    „Dann wollen wir mal anfangen, oder?“
     
     
     
    01:40
     
    Wieso wird er nicht nervös?
     
    In der letzten Viertelstunde war vor dem Eingang des Harper‘s Supermarktes die sprichwörtliche Hölle losgebrochen.
     
    Starke Karbonscheinwerfer warfen harte, hellblau glühende Speere in die Dunkelheit des Ladens, die auf den Wänden hin und her wanderten und als helle Flecken auf Dosen und Tüten und Päckchen tanzten.
     
    Jemand brüllte draußen kaum verständliche Befehle, aber Gwen hatte zuviel Angst, um aufzustehen und genau zu sehen, was passierte.
     
    „Er wird es nicht überleben, nicht wahr?“ hatte sie Julie Winters gefragt. Die Krankenschwester hatte mit dem Kopf geschüttelt.
     
    „Nicht lange. Ich weiß nicht, was für inneren Verletzungen er hat. Ich bin kein Arzt“, sagte sie entschuldigend. „Aber ich gebe ihm keine vier Stunden, wenn er nicht in ein Krankenhaus kommt.“
     
    Gwen überlegte.
     
    Vier Stunden.
     
    Wäre kurz vor sechs Uhr morgens.
     
    Vielleicht wird er nicht einmal mehr den Sonnenaufgang sehen können , dachte sie. Die dünne Stimme im Hinterkopf antwortete prompt, Ich glaube nicht, daß du den Sonnenaufgang noch erleben wirst, Kleines.
     
    „Ich werde leben“, flüsterte Gwen. Sie hatte ein Kind. Sie mußte  überleben. Sie mußte daran glauben.  „Ich werde leben.“
     
    Der Polizist hustete. Es war ein ersticktes Röcheln, bei dem sich Blut in seinem Mund gesammelt hatte und jetzt ausgespuckt wurde.
     
    Julie nahm ein Taschentuch, schob die Lippen des Mannes auseinander und wischte das Blut ab. Sein Atem beruhigte sich, wurde  aber weder ruhig noch gleichmäßig.
     
    Die Krankenschwester hatte die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepreßt, nahm die Windeln um den

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