Lizenz zum Kuessen
erledigen würde keinen guten Eindruck machen. Eine Sekunde zögerte Nikki, doch dann gewann die gemeine Seite ihres Wesens, die um jeden Preis gewinnen wollte, die Oberhand, und sie drückte noch fester zu. Domingo lag auf dem Bauch und inspizierte den Abstand zwischen Vals Rücken und der Matte, der stetig kleiner wurde, bis er ganz verschwunden war.
»Das war’s, Babe«, verkündete er und schlug mit der flachen Hand auf die Matte. »Du bist erledigt. Gib dich geschlagen, bevor du k.o. gehst«, riet er Val.
Alle Spannung wich aus Vals Körper.
»Okay, lass mich aufstehen.« Obwohl Val nicht sonderlich sauer klang, reichte Nikki ihr nur zögernd die Hand, um ihr aufzuhelfen.
Als Domingo die nächste Runde eröffnete, musste Nikki sofort einen Tritt in die Magengrube einstecken. Zischend wich alle Luft aus ihrer Lunge. Nikki ließ sich auf die Matte plumpsen und japste.
»Leg dich lieber auf den Bauch«, riet ihr Domingo.
»Alles klar, Kleine?«, fragte Val, nahm ihren Mundschutz heraus und beugte sich über Nikki.
»Hey, Rotschopf.« Domingos Gesicht tauchte in ihrem Blickfeld auf. »Wenn du so einen Hammer reinbekommst, musst du dich erst recht ins Zeug legen, damit dein Gegner nicht merkt, dass dir die Luft ausgegangen ist, kapiert?«
Nikki nickte. Mehr war nicht drin.
»Dann hören wir mal für heute auf, was?« Val grinste und klopfte ihr mit dem Boxhandschuh auf die Schulter. »Schließlich wollen wir morgen gut ausgeruht sein.«
Nikki nickte wieder. Sie hätte gar nichts anderes tun können.
Kalifornien XVI
Sushi
Langsam zog Nikki sich ihre Schutzausrüstung aus. Als sie sich die Schienbeinschützer von den verschwitzten Beinen schnallte, gab es ein leise schmatzendes Geräusch. Val zog sich schnell um und zuckte nicht bei jeder Bewegung stöhnend zusammen, wie Nikki es tat. Nikki wollte irgendetwas sagen, wusste aber nicht was - besonders jetzt, wo Val ihr gezeigt hatte, wer hier das Sagen hatte.
»Sushi«, verkündete Val, ohne sich umzudrehen, und ging flotten Schrittes aus der Umkleidekabine. Hastig schlüpfte Nikki in ihre Sneakers, raffte ihre verschwitzten Sportklamotten zusammen und eilte Val hinterher, während sie mit einer Hand noch ihre Jeans zuknöpfte.
»Sushi?«, fragte Nikki, als sie Val am Auto einholte.
»Zum Abendessen.«
»Doch, klingt gut«, meinte Nikki vorsichtig.
»Super. Ich kenne einen tollen Laden. Wir holen uns was und fahren dann zu mir.«
Val fuhr mit ihrer üblichen Geschwindigkeit, aber ohne die übliche Zigarette. Nikki fiel auch auf, dass Val so entspannt war wie sonst vielleicht nur noch beim Schuhe-Shoppen. Gut zu wissen, dass eine handfeste Prügelei ihre Partnerin allem Anschein nach glücklich machte.
Als sie schon ein paar Meilen schweigend zurückgelegt hatten, klingelte Nikkis Handy. Vor Schreck fuhr sie auf
ihrem Sitz in die Höhe. Val sah sie belustigt von der Seite an. Nikki tastete auf dem Boden nach ihrer Tasche und kramte darin, bis sie ihr Handy gefunden hatte. Als sie es aufklappte, sah sie die Nummer ihrer Mutter auf dem Display. Seufzend nahm sie das Gespräch an.
»Hey, Mom.« Nikki merkte, dass Val verwundert die Augenbrauen hochzog.
»Darling, ich dachte schon, du hättest dir sämtliche Finger gebrochen.«
»Nur die Wählfinger«, sagte Nikki.
»Was?«
»Nichts.«
»Also weißt du, ein bisschen öfter könntest du dich schon melden.«
»Tut mir leid, ich war ziemlich beschäftigt.« Untertreibung des Jahres.
»Ach ja. Wie läuft es denn mit dem neuen Job?«
»Oh, na ja. Mal so, mal so.« Sie hatte ihrer Mutter noch immer nichts von den »geheimen Einsätzen« erzählt, die ihr Job mit sich brachte, und würde es wahrscheinlich auch niemals tun.
»Bist du jetzt mit dem Training fertig?«
»Ja, im Wesentlichen schon. Ich …« Nikki wusste nicht so genau, wie weiter. »Ich bin jetzt in der Orientierungsphase.«
»Was machst du denn da so Schönes?«
Nell hatte sich wirklich einen guten Zeitpunkt ausgesucht, um Interesse an Nikkis Leben zu zeigen.
»Ähm …« Nikki ging im Schnelldurchlauf die Ereignisse der letzten Tage durch und überlegte, was davon für die Öffentlichkeit freigegeben werden konnte. »Morgen fliege ich zu einer Konferenz zum Thema Frauengesundheit.«
»Wirklich? Wo denn?«
»In Thailand«, sagte Nikki, ohne nachzudenken.
»Was?!« Nell kreischte so laut und ohrenbetäubend, dass sogar Val erschrak.
»Nicole, ich fühle mich nicht wohl damit, dass du nach Thailand fliegst.«
»Mom, es ist für
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