Lizenz zur Zufriedenheit
der Aufmerksamkeit, die das Thema Zeitmanagement in der Selbsthilfe- und Management-Literatur im Vergleich zur wissenschaftlichen Forschung genießt. Der großen Popularität in jenem Umfeld steht nämlich ein (Quasi-)Desinteresse der akademischen Psychologie gegenüber: Im Zeitraum zwischen Anfang der 1980er-Jahre und 2005 wurden kaum mehr als 30 bis 40 Studien zu dem Thema durchgeführt. 254 Die erfreuliche Nachricht ist aber: Es wirkt! 255 Allerdings ein wenig anders, als die meisten Leute glauben. In einer Auswertung der verfügbaren Studien wurde aufgezeigt, dass Zeitmanagement folgende positive Konsequenzen haben kann 256 :
Ein Mehr an (gefühlter) Kontrolle über die zur Verfügung stehende Zeit: D. h., Zeitmanagement-Techniken führen nicht zwingend dazu, dass man tatsächlich mehr Zeit hat. Es fühlt sich aber so an. Und das zählt.
Verminderter (arbeitsbezogener) Stress: Das zuvor genannte Plus an wahrgenommener Kontrolle über die eigene Zeit führt wiederum dazu, sich weniger gestresst am Arbeitsplatz zu fühlen.
Gesteigerte Zufriedenheit: Das verminderte Stresslevel wiederum schlägt sich (auf Dauer) in einem Plus an Arbeitszufriedenheit nieder.
Es konnte allerdings nicht nachgewiesen werden, dass sich Zeitmanagement-Techniken unmittelbar auf die Arbeitsleistung an sich auswirken. Zeitmanagement ist also eher Werkzeug zur Zufriedenheits- denn zur Leistungssteigerung. Wobei meine persönliche Meinung dazu ist: Ein gleiches Level an Performance bei a) weniger Stress, b) mehr Zufriedenheit und c) gesteigerter subjektiver Gesundheit ist ein überaus lohnenswertes Ziel.
Pretty Woman, Machiavelli und die Kunst des Eudaimonismus
Doch zurück zum Thema „die richtigen Dinge tun“. Dieses ist eng verwandt mit dem Thema Strategieentwicklung. Als solches findet man es von je her in den großen Klassikern der Selbsthilfe- bzw. Managementliteratur (im weiteren Sinne). Wie man die zur Verfügung stehenden Mittel effizient einsetzt, um bestimmte Ziele zu erreichen, ist z. B. (auch) Thema im ca. 2500 Jahre alten „Die Kunst des Krieges“ 257 von Sunzi oder auch in Machiavellis „Der Fürst“ aus dem 16. Jahrhundert. 258 In modernerer Form lässt sich das bei Management-Guru Peter Drucker nachlesen, zuvorderst in „The Effective Executive“. 259
Aber was sind denn nun die wichtigen Dinge des Lebens? Abseits von Krieg und Politik hat Philosophen und Schriftsteller diese Frage immer schon bewegt. Dabei standen sich von Anfang an zwei Denktraditionen mehr oder weniger unversöhnlich gegenüber: Hedonismus und Eudaimonismus. Folgt man der Denkschule des Hedonismus, so glaubt man – vereinfacht gesagt –, dass das gute Leben ausschließlich darin bestehe, möglichst viele positive Gefühle zu erleben bzw. auf der anderen Seite Schmerzen zu vermeiden. Diese Philosophie wurde z. B. von Aristippos von Kyrene, einem Zeitgenossen des Aristoteles, vertreten. 260 Letztgenannter ist wiederum der klassische Vertreter des Eudaimonismus. 261 Kern des guten Lebens laut dieser Philosophie ist ein tugendhafter Lebenswandel. Ziel ist nicht primär das Erfahren von positiven Gefühlen, sondern ein Leben im Dienste der Selbstvervollkommnung und der Gemeinschaft. Dies ist zunächst ein bedeutender Unterschied, der auch in unterschiedlichen Handlungsmaximen resultiert: Wo der Hedonismus auf jeden Fall die Maximierung des persönlichen Glücks empfiehlt, würde der Eudaimonismus ggfs. zum Verzicht raten, wenn diese Entsagung einem höheren Gut dient. Dieser mehr als 2000 Jahre alte Widerspruch ist bis heute nicht ganz aufgelöst. Seit Anbeginn der Humanistischen bzw. Positiven Psychologie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts streitet sich auch die Gemeinschaft der akademischen Psychologen um jenes Sujet. Erst in den vergangenen Jahren scheint sich ein Kompromiss bzw. eher eine Synthese abzuzeichnen: Man weiß mittlerweile um die Wichtigkeit von positiven Gefühlen für das einwandfreie Funktionieren der menschlichen Psyche. Auf der anderen Seite ist mehr als klar, dass das Streben nach Selbstvervollkommnung und auch der Dienst am höheren Gut eine eigene Klasse von positiven Gefühlen zur Folge haben können, die sich deutlich vom reinen Spaß an der Freude unterscheidet. 262 Im Idealfall verschmelzen beide Traditionen zu einem größeren Ganzen. So hat sich z. B. in diversen Studien gezeigt, dass aktives ehrenamtliches Engagement mit einer höheren Lebenszufriedenheit und anderen positiven Konsequenzen einhergeht. 263
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