Lob der Faulheit
bekämpft und manchmal sogar verfolgt. Trotzdem lässt sich neues, überlegenes Bewusstsein auf Dauer nicht mehr unterdrücken. Am Ende sagen die einstigen KritikerInnen: Das haben wir doch schon immer gewusst.
Ein neues Bild des Menschen und der Welt
Die Erde ist ein freundlicher Ort, nicht das Jammertal, als das es im Mittelalter beschrieben wurde, auch nicht das feindliche Terrain, wo Säbelzahntiger den Menschen das Überleben schwer machen, wie es diejenigen ausmalen, die über die Frühzeit spekulieren.
Die Wahrscheinlichkeit zu überleben war stets größer als zu sterben. Anders wäre die Überbevölkerung des Planeten überhaupt nicht zu erklären. Es lässt sich hier sehr gut leben. Für Survival-Freaks wie Rüdiger Nehberg ist Deutschland keine Herausforderung. Bei einer Wanderung von Hamburg nach Oberstdorf lebte er nur von dem, was er in der Natur fand. Das reichte ohne Probleme aus, um die Strecke in 23 Tagen zurückzulegen.
Der Ursprung des Menschen liegt angeblich in den Savannen Afrikas. Wenn er nicht auf die absurde Idee gekommen wäre, unbedingt den Norden besiedeln zu wollen, hätte der Mensch sich um Heizmaterial, Winterbekleidung, Vorräte und was man noch so braucht, um die Kälte zu überleben, überhaupt nicht kümmern müssen. Die nördlichen Länder sind für Eisbären besser geeignet als für Menschen.
Die frostigen Regionen haben allerdings einen anderen Vorteil. Die Industrieproduktion mit ihren fleißigen ArbeiterInnen findet überwiegend in den kälteren Gebieten, also im Norden dieser Erdkugel, statt. Sie hilft uns die Probleme zu lösen, die wir nicht hätten, wenn wir im Süden leben würden. Deshalb beneiden die Bewohner des Nordens seit jeher die des Südens. Das
süße Leben spielt auf der Sonnenseite. Siesta, dolce vita, mañana: Deutsche Dichter träumten immer von Italien oder anderen Mittelmeerländern. Die deutschen Urlauber sehen das genauso.
Was es an ungelösten Problemen auf diesem Planeten gibt, hat weniger mit dem Lebensraum Erde zu tun als mit der Unfähigkeit des Menschen, das Paradies auszuhalten. Kriege, Hunger und Ausbeutung müssten nicht sein. Erst dadurch, dass die einen die anderen überfallen, ausplündern und missbrauchen, entstehen die Schwierigkeiten, unter denen Abermillionen leiden.
Selbst die meisten Krankheiten und Unfälle müssten nicht passieren. Zeitweise kamen in Deutschland in zwölf Monaten 19.000 Menschen beim Autoverkehr ums Leben. Das ist eine ganze Kleinstadt! Jetzt sind es immer noch 4.000 Tote. Dazu kommen jährlich hunderttausende Verletzte, zum Teil Schwerverletzte. – Und da regen sich die Leute über zehn Minuten Verspätung bei der Deutschen Bahn auf!
Eine Vielzahl von Krankheiten ist allein durch das moderne Leben bedingt. Es sind keine Mangel-, sondern Überflusskrankheiten. Zu viel Zucker, Mehl und Fett zehren an der Gesundheit.
Wenn Mangel herrscht, dann höchstens an Bewegung. Wie Sie bereits wissen, bin ich kein Anhänger harten Trainings. Sanfte, lustvolle Bewegungen fühlen sich gut an und sind gesund. Genau darauf verzichten viele.
Noch ein Mangel kommt hinzu: der an Ruhe und Schlaf. Wenn sie nicht arbeiten, stimulieren viele sich ununterbrochen durch alle möglichen Reize: Radio, Fernsehen, Internet und Computerspiele
gehören sicherlich zu den häufigsten Mitteln, die die Sinne einem unaufhörlichen Feuerwerk aussetzen.
Mord und Totschlag gehören zu den beliebtesten Unterhaltungen am Bildschirm und in Büchern. Europa ist zwar friedlicher geworden, als dies jahrtausendelang der Fall war; aber in den Köpfen der Menschen tobt der Krieg weiter.
Nur langsam setzt sich ein neues Bild des Menschen, des Lebens und der Welt durch. Wir leben in einem Paradies, in dem Überfluss herrscht. Niemand müsste hungern. Harte Arbeit könnte der Vergangenheit angehören. 99 Prozent des Stresses wären vermeidbar. Diktaturen sind überflüssig wie ein Kropf.
Wir haben in Deutschland vor circa 70 Jahren begonnen, auf Gewalt in den Familien, in der Schule, in den Fabriken und gegenüber den Nachbarländern zu verzichten. Dieser Prozess braucht seine Zeit und ist noch nicht abgeschlossen.
Preußen ist verschwunden. Wenn die Gräuel der durch das Deutsche Reich geführten Kriege einen Sinn gehabt haben sollten, dann bestünde er einzig darin zu begreifen, dass Gewalt aus Politik und Gesellschaft verbannt werden muss.
Gewalt zwischen Menschen ist in vielen Regionen der Welt
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