Lob der Faulheit
unter Androhung von Konsequenzen ihre KollegInnen nicht veranlassen können, ihren Anweisungen zu folgen? Warum RaucherInnen sich durch den Hinweis, dass Rauchen tödlich sein kann, nicht davon abhalten lassen, weiter zu rauchen? Übergewichtige selbst dann ihre schädlichen Essgewohnheiten beibehalten, wenn ihre ÄrztInnen dringend an sie appellieren, endlich weniger zu essen?
Niemand fragt diese Menschen, was SIE eigentlich wollen, ob SIE einen Grund sehen, ihr Verhalten zu ändern. Es wird von ihnen nur Disziplin und Willensstärke erwartet. In den meisten Fällen ist das, was Eltern für ihre Kinder wollen, richtig, aber das reicht nicht aus. Die Kinder legen Wert darauf, eine eigene, freie Entscheidung zu treffen. Sie sind sehr oft in der Lage einzusehen, was in ihrem Interesse ist.
Hätten SchülerInnen die Freiheit zu lernen, wäre Lernen keine Pflicht. Es wäre nicht mit willkürlichen Zwängen verbunden. Die SchülerInnen könnten Lernen als das begreifen, was es eigentlich ist: ein Vergnügen.
Wenn Arbeit von den irrationalen Begleitumständen befreit wäre, die Gewinne gerechter verteilt würden und die ArbeitnehmerInnen mitbestimmen könnten, dann würde Arbeit ihrer Bestimmung gerecht: eine sinnvolle Beschäftigung mit befriedigenden Ergebnissen zum Wohle aller.
Die motivierende Gesprächsführung hat eine eindeutige Grenze. Wenn es keinerlei überzeugenden Grund gibt, etwas zu tun oder zu lassen, dann wird sich nichts ändern. Das ist der Charme dieser Methode. Sinnlose Pflichten bleiben unerfüllt. Arbeit ohne Nutzen bleibt ungetan. Anstrengungen ohne erkennbaren Zweck fallen weg. Manipulation wird entlarvt. Disziplin hat keine Chance. Steckt jedoch ein positiver Sinn dahinter, verwandelt sich Müssen in Wollen.
Michael Pantalon hat die Methode der sofortigen Beeinflussung auf eine Kurzformel gebracht: Stellen Sie einer Person
ausschließlich Fragen, damit sie Ihnen erzählt, warum sie etwas tun möchte, zum Beispiel:
– Warum könnten Sie in Erwägung ziehen, das zu tun? (An sich selbst gerichtet: Warum könnte ich in Erwägung ziehen, das zu tun?)
– Stellen Sie sich vor, Sie hätten die Aufgabe erfüllt. Was wären die positiven Folgen?
– Warum sind Ihnen diese Ergebnisse wichtig?
– Was wäre, wenn überhaupt, der erste Schritt?
Sie sehen, dass das motivierende Gespräch auch als Selbstgespräch geführt werden kann. Die Methode dient sowohl der Selbst- als auch der Fremdbeeinflussung.
Um es zu wiederholen: Instant Influence basiert auf Freiwilligkeit. Niemand lässt sich gerne vorschreiben, was er tun soll. Sie durchkreuzen Ihre positiven Absichten, wenn Sie sich zum Diktator aufschwingen, der anderen Befehle erteilt. Auch ein guter Diktator bleibt ein Tyrann. Man könnte sogar so weit gehen zu sagen: Wenn Sie verhindern wollen, dass jemand etwas tut, dann versuchen Sie, ihn dazu zu zwingen.
Sie können noch so viel Kreide fressen: Ihre Mitmenschen erkennen Ihre Absichten. Wenn hinter Ihrem süßlichen Gesäusel Druck spürbar ist, müssen Sie mit Widerstand rechnen. Wenn Sie es Ihrem Gegenüber aus innerer Überzeugung freistellen, wie er sich verhalten will, besteht die berechtigte Hoffnung, dass derjenige zu einem Entschluss kommt, der Ihnen gefallen wird, vorausgesetzt, Ihre Interessen stimmen überein.
Für Instant Influence braucht man keine Willensstärke, sondern Bewusstheit. Die Ziele und Gründe müssen überzeugen. Ist dies der Fall, genügt es, immer wieder daran zu erinnern. Das hat mit Anspannung des Willens nichts zu tun, sondern mit Fokussierung. Während Disziplin und Willensstärke primitive Werkzeuge der Vergangenheit sind, stellen Motivation und Lenkung des Bewusstseins intelligente High-Tech-Lösungen der Gegenwart und Zukunft dar.
Was würde passieren, wenn mehr Menschen fauler wären?
Veränderungsprozesse brauchen Zeit. Niemand muss befürchten, dass von heute auf morgen alle Menschen weniger arbeiten. Solche Befürchtungen sind Ausdruck eines irrationalen Alles-oder-Nichts-Denkens. Es geht nicht darum, dass heute immer mehr Menschen Überstunden leisten, selbst an Sonn- und Feiertagen zum Dienst gehen, morgen jedoch alle nur noch zehn Stunden pro Woche arbeiten.
Ich möchte an einem Beispiel darstellen, was möglich ist, wenn Menschen auf positive Weise fauler werden. Scott Nearing, geboren 1883, war an verschiedenen amerikanischen Universitäten Professor für Wirtschaftswissenschaften, bis er aufgrund seiner
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