Lob der Stiefmutter
kleine himmelblaue Gestalten tanzten. Sein Darm war eine Schweizer Uhr: diszipliniert und pünktlich leerte er sich stets zu dieser Stunde, vollständig und ohne Anstrengung, als sei er glücklich, sich der Policen und Lasten des Tages zu entledigen. Seitdem er mit dem heimlichsten Beschluß seines Lebens – nicht einmal Lukrezia würde ihn wahrscheinlich jemals genau kennen – entschieden hatte, für einen kurzen Bruchteil jedes Tages vollkommen zu sein, und diese Zeremonie ersonnen hatte, war er niemals wieder von erstickenden Verstopfungen oder demoralisierenden Durchfällen heimgesucht worden.
Don Rigoberto schloß ein wenig die Augen und drückte sanft. Mehr war nicht nötig: er spürte sogleich das wohltuende Kitzeln im Mastdarm und das Gefühl, daß dort drinnen, in den Höhlungen des Unterleibs, etwas Folgsames sich auf den Weg machte und bereits die Richtung zu jener Ausgangspforte einschlug, die sich weitete, um ihm den Durchgang zu erleichtern. Der Anus seinerseits hatte begonnen, sich schon im voraus zu dehnen, bereit, die Vertreibung des Vertriebenen zu vollenden, um sich dann grimmig wieder zu schließen, mit seinen tausend kleinen Runzeln, als wollte er spotten: ›Weg bist du, du Spitzbube, und nimmer kehrst du wieder.‹
Don Rigoberto lächelte zufrieden. ›Scheißen, koten, entleeren – Synonyme für genießen?‹ dachte er. Ja, warum nicht. Wenn man es nur langsam und konzentriert tat, die Verrichtung auskostete, ohne die geringste Hast, mit Weile, und den Darm in sanfte, fortwährende Schwingungen versetzte. Man durfte die Obolusse bei ihrem Dahingleiten zur Ausgangspforte nicht drängen, sondern mußte sie huldvoll führen, begleiten, geleiten. Don Rigoberto seufzte erneut, alle fünf Sinne auf das Geschehen in seinem Körper konzentriert. Er konnte das Schauspiel beinahe sehen: die Dehnungen und Kontraktionen, die Säfte und Massen in Aktion, all dies in der lauen leiblichen Dunkelheit und in einer Stille, die dann und wann ein gedämpftes Gurgeln oder das fröhliche Lüftchen eines Furzes unterbrachen. Schließlich vernahm er das verhaltenePlatschen, mit dem der erste aus seinen Eingeweiden ausquartierte Obolus in das Wasser am Grunde der Kloschüssel eintauchte – schwamm er, versank er? Es würden noch drei oder vier weitere fallen. Acht war sein olympischer Rekord, Ergebnis eines üppigen Mittagsmahles mit mörderischen Mischungen aus Fetten, Mehlen, Stärken und Kohlenhydraten, begossen mit diversen Weinen und Schnäpsen. Gewöhnlich entrichtete er fünf Obolusse; war der fünfte draußen, erfaßte ihn nach einigen Sekunden der Ruhe, in denen er Muskeln, Eingeweiden, Anus und Mastdarm die nötige Zeit ließ, um wieder ihre orthodoxen Positionen einzunehmen, jene innere Seligkeit der erfüllten Pflicht und des erreichten Ziels, jenes Gefühl geistiger Reinheit, wie er es als Kind in der La-Recoleta-Schule immer nach der Beichte seiner Sünden und der Verrichtung der vom Beichtvater auferlegten Buße empfunden hatte.
›Die Reinigung des Leibes ist jedoch sehr viel weniger ungewiß als die Reinigung der Seele‹, dachte er. Sein Darm war jetzt sauber, ohne Zweifel. Er spreizte leicht die Beine, senkte den Kopf und spähte: diese zylindrischen braunen Körper, die halb eingetaucht in der Kloschüssel aus grünem Porzellan schwammen, waren der Beweis. Welches Beichtkind konnte, wie er jetzt, den stinkenden Unrat sehen und (so er wollte) berühren, den Reue, Beichte, Buße und göttliches Erbarmen aus der Seele trieben? In seiner Zeit als praktizierender Katholik – jetzt war er nur noch letzteres– hatte ihn niemals der Verdacht verlassen, daß trotz der Beichte, auch wenn sie noch so ausführlich ausfiel, immer irgendein Schmutz an den Wänden der Seele hängenblieb, ein paar widerspenstige, zähe kleine Flecken, die die Buße nicht zu lösen vermochte.
Eben dieses Gefühl beschlich ihn jetzt zuweilen, wenn auch in milderer Form und ohne Angst, seitdem er in einer Zeitschrift gelesen hatte, wie die jungen Novizen eines buddhistischen Klosters in Indien ihre Gedärme reinigten. Das Verfahren bestand aus drei gymnastischen Übungen, einer Schnur und einem Nachtgeschirr für den Stuhlgang. Es besaß die Einfachheit und Klarheit der vollkommenen Dinge und Taten, wie der Kreis und der Koitus. Der Autor des Textes, ein belgischer Yoga-Lehrer, hatte vierzig Tage lang mit ihnen geübt, um die Technik zu beherrschen. Die Beschreibung der drei Übungen, mit denen die Novizen die Entleerung
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