Lob der Stiefmutter
beschleunigten, war jedoch nicht klar genug, um sie sich richtig vorstellen und nachahmen zu können. Der Yoga-Lehrer versicherte, daß durch diese drei Beugungen, Drehungen und Wendungen der Magen sämtliche unreinen und überzähligen Stoffe der (vegetarischen) Ernährung auflöste, der sich die Novizen unterziehen mußten. Wenn diese erste Phase der Magenreinigung abgeschlossen war, nahmen die jungen Männer – Don Rigoberto stellte sich leicht melancholisch ihre kahlgeschorenen Schädel und ihre kargen kleinen Körper in den safrangelben oder vielleicht schneeweißen Kutten vor – diegeeignete Position ein: entspannt, vornübergeneigt, die Beine leicht auseinandergestellt und die Fußsohlen fest auf dem Boden, damit sie sich keinen Millimeter bewegten, während ihr Körper – eine Schlange, die langsam den endlos langen Wurm hinunterschluckt – durch peristaltische Kontraktionen jene Schnur in sich aufnahm, die, sich faltend und entfaltend, ruhig und unbeirrbar durch das feuchte Labyrinth der Därme vorwärts drängte und unweigerlich all jene Überreste, Rückstände, hängengebliebenen Krümel und Exkretionen vor sich her trieb, welche die emigrierenden Obolusse auf ihrem Weg zurückließen.
›Sie reinigen sich genauso, wie man einen Gewehrlauf säubert‹, dachte er wieder einmal neiderfüllt. Er stellte sich vor, wie das schmutzige kleine Ende der Kordel durch das Quevedosche Arschäuglein in die Welt zurückkehrte, nachdem es all diese verschlungenen, dunklen Innereien durchlaufen und gereinigt hatte, und sah sie herauskommen und wie eine zerknüllte Papierschlange in das Nachtgeschirr fallen. Dort würde sie liegenbleiben, unnütz, mit den letzten Unreinheiten behaftet, die sie vertrieben hatte, bereit für den Scheiterhaufen. Wie wohl mußten sich diese jungen Männer fühlen! Wie leicht! Wie makellos! Niemals würde er es ihnen gleichtun können, zumindest nicht in dieser Erfahrung. Aber Don Rigoberto war sich einer Sache sicher: mochten sie ihn auch in der Technik der Sterilisierung der Därme übertreffen, sowar sein Säuberungsritual in allem übrigen doch unendlich skrupulöser und kunstgerechter als das dieser Exoten.
Er drückte ein letztes Mal, diskret und lautlos, für alle Fälle. Ob wohl jene Anekdote stimmte, der zufolge der Buchgelehrte Marcelino Menéndez y Pelayo, der an chronischer Verstopfung litt, einen guten Teil seines Lebens in seinem Haus in Santander drückend auf der Toilette verbrachte? Don Rigoberto hatte sich erzählen lassen, daß der Tourist in dem zum Museum verwandelten Haus des berühmten Historikers, Dichters und Kritikers den tragbaren Schreibtisch betrachten könne, den dieser sich anfertigen ließ, um seine Forschungen und Kalligraphien nicht unterbrechen zu müssen, während er gegen den geizigen Darm kämpfte, der sich hartnäckig weigerte, den fäkalen Unrat herzugeben, den die üppigen und kräftigen spanischen Speisen dort deponiert hatten. Don Rigoberto empfand Rührung, wenn er sich den robusten Intellektuellen mit der breiten Stirn und den festen religiösen Überzeugungen vorstellte, wie er zusammengekrümmt auf seinem Zimmerklosett saß, vielleicht mit einer dicken karierten Decke auf den Knien, um sich gegen die eisige Bergluft zu schützen, und stundenlang drückte und drückte, während er gleichzeitig unerschütterlich in den alten Folianten und staubigen Inkunabeln der Geschichte Spaniens stöberte, auf der Suche nach Heterodoxien, Gottlosigkeiten, Schismen, Blasphemien und Glaubens-Extravaganzen, die er katalogisieren konnte.
Er säuberte sich mit vier zusammengefalteten Blättern Toilettenpapier und zog die Wasserspülung. Dann setzte er sich auf das Bidet, ließ es mit lauwarmem Wasser vollaufen und seifte sich peinlichst genau den Anus, das Glied, die Hoden, den Schamhügel, die Innenseite der Oberschenkel und die Hinterbacken ein. Danach spülte er sich ab und trocknete sich mit einem frischen Handtuch.
Heute war Dienstag, Tag der Füße. Er hatte die Woche nach Organen und Körperteilen eingeteilt: Montag, Hände; Mittwoch, Ohren; Donnerstag, Nase; Freitag, Haare; Sonnabend, Augen und Sonntag, Haut. Das war das variable Element des abendlichen Rituals und gab ihm eine abwechslungsreiche, reformistische Note. Die allabendliche Konzentration auf eine bestimmte Region seines Körpers erlaubte ihm überdies, sich deren Reinigung und Erhaltung sehr viel eingehender zu widmen und sie auf diese Weise mehr zu kennen und zu lieben. Da jedes Organ
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