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Lob der Torheit

Lob der Torheit

Titel: Lob der Torheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erasmus von Rotterdam
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weise wäre) so würden ihm wohl weder Schlaf noch Speise schmecken. Nun aber, Dank sei mir, überlassen die Fürsten alle diese Sorgen den Göttern, tun sich gütlich, und gönnen nur denen das Ohr, die es verstehen, ihnen angenehme Dinge vorzuplaudern, damit sich ja nichts von Bekümmernis in ihr Gemüt einschleichen möge. Sie bereden sich, alle Obliegenheiten eines Fürsten redlich erfüllt zu haben, wenn sie fleißig auf die Jagd reiten; stattliche Pferde halten; obrigkeitliche Stellen und Statthalterschaften teuer verkaufen; täglich neue Handgriffe aussinnen, das Vermögen der Untertanen zu schmälern, und in ihren Schatz zusammenzuscharren; dabei aber schützen sie verschiedene Dinge vor, um dadurch der ungerechtesten Sache einen Schein von Billigkeit zu geben; mit vielem Fleiße mengen sie etwas schmeichlendes ein, um ja das Herz des Volkes nicht ganz zu verlieren.
    Stellen Sie sich, meine Herren, einen Menschen vor (denn zuweilen wird es so ungefähr eintreffen) der von den Gesetzen so viel als nichts versteht, beinahe ein geschworner Feind des gemeinen Besten ist, bloß auf seine Gemächlichkeiten sieht, Wollüsten ergeben ist, Gelehrtheit, Freiheit und Wahrheit haßt, an nichts weniger als an die Wohlfahrt des gemeinen Wesens denkt, alles nach seiner Lüsternheit und seinem Eigennutzen abmißt; hängen Sie ihm dann eine goldene Kette um, das Zeichen der Übereinstimmung zusammenhängender Tugenden; setzen Sie ihm eine mit Edelsteinen bereicherte Kron auf, die ihn erinnern soll, er müsse an allen Heldentugenden jedermann übertreffen; versehen Sie ihn mit einem Zepter, dem Merkmale der Gerechtigkeit und einer wider alle Bestechungen bewaffneten Seele; kleiden Sie ihn endlich in Purpur, um anzudeuten, daß er für das Wohlsein des Volkes eine inbrünstige Liebe habe. Wenn der Fürst solche Verzierungen mit seinem Leben zusammenhalten wollte, so deucht mich, er würde sich seines Putzes schämen, und fürchten, ein naseweiser Dolmetscher möchte dieses Theatergepränge spöttisch ins Gelächter ziehen.
    Was soll ich von den vornehmen Hofschranzen sagen? gemeiniglich ist nichts abhänglichers, knechtischers, abgeschmackteres, niederträchtigeres zu finden, und doch bereden sie sich, daß ihnen nichts beikomme. Ja, in einer einzigen Sache sind sie überaus bescheiden; zufrieden, daß sie Geld, Edelgesteine, Purpur und die übrigen Zeichen der Tugenden und der Weisheit, an ihrem Leib umherschleppen können, lassen sie sichs großmütig gefallen, daß Andere die bezeichneten Dinge sich anschaffen. Sie glauben sich überglücklich zu sein, daß sie den König ihren Herren nennen dürfen; daß sie gelernt haben, ihn mit ein paar Worten sinnreich anzureden; daß sie es verstehen, wo die Titel, Eure Königliche Hoheit, Eure Majestät und so weiter schicklich anzubringen seien; daß sie das Gesicht in verschiedene Falten legen und eine Schmeichelei artig anbringen können. Dieses, dieses sind die Künste eines Edelmannes, eines Hofmannes. Wenn man ihr übriges Leben genauer beim Lichte betrachtet, so findet man sie noch schöpfenmäßiger, als es ehedem die Phäacier waren, oder die Freiwerber der Penelope, oder – wenn Sie, meine Herren, noch mehrere wissen wollen, so schlagen Sie den Horaz nach, denn eben gefällts mir nicht, sein Echo zu spielen.
    Der vornehme Mann schläft bis gegen Mittag. Beim Aufstehen kommt der wohlbezahlte Kaplan und tut geschwind das, dazu er amtsmäßig gedungen ist. Dann zum Frühstücke. Bald darauf zum Mittagsmahle. Hierauf Karten, Würfel, Possenspiele, Stocknarren, Spöttereien, liebes Frauenzimmer. Etwas zum Abendbrote. Darauf zur Nachtmahlzeit. Auch beim Nachtische gibts Abwechslungen. Also, ohne sich das Leben abzugrämen, verstreichen Stunden, Tage, Monate, Jahre, Jahrhunderte. Mir selbst ist es zuweilen so, als ob ich mich mit Vergnügen vollgepropft hätte, wenn ich diesem Hochleben zugeschaut habe. Jede der Nymphen meint, den Göttern um so viel näher zu sein, je länger die Schleppe ihres Rockes ist; die Hofleute zerstoßen sich die Ellbögen gewaltig, um dem Fürsten näher zu kommen und für den größern Günstling angesehen zu sein. Jeder schmeichelt sich um so viel mehr, je gewichtiger seine Halskette ist; als ob er nicht nur seinen Reichtum sondern auch seine Stärke zugleich aufzuweisen hätte.
    Das Betragen der Fürsten hat schon seit langem Päpste, Kardinäle und Bischöfe zu unermüdeten Nacheiferern; und bald haben diese jenen den Vorzug abgelaufen. Was

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