Lob der Torheit
bedeutet das schneeweiße Gewand? Ein durchgehends schuldloses Leben. Was die zweihörnige Inful? ein Band vereint die beiden Spitzen, und bezeichnet die Einsicht in das Alte und Neue Testament. Was die Handschuh? die reine und vor aller irdischen Verunreinigung gesicherte Ausspendung der Sakramente. Was der Hirtenstab? ratsame Besorgung der anvertrauten Herde. Was das vorhergetragene Kreuz? den Sieg über alle menschlichen Leidenschaften. Wer dieses, und vieles dergleichen bei sich erwägen wollte, der würde ein betrübtes und grämliches Leben führen? Aber herrlich haben sie die Sache eingerichtet: sie weiden sich selbst. Die Sorge für die Schafe empfehlen sie Christo, oder überlassen sie ihren Stellvertretern. Nicht einmal an ihren Titel denken sie; er würde sie an die Arbeit, Sorge, Bekümmernis eines Bischofs erinnern. Ja, wenn es um Geldsammeln zu tun ist, dann erinnern sie sich, Bischof bedeute einen Aufseher, und sie haben die Augen ganz offen.
Die Kardinäle sollten freilich denken: wir sind an die Stelle der Apostel gekommen; was sie taten, wird auch von uns gefordert; wir sind nicht die Herren der geistlichen Gaben, sondern nur die Verwalter derselben; in kurzem werden wir darüber die genauste Rechenschaft abzulegen haben; was bedeutet unser weißes Gewand? die höchste und erhabenste Unschuld des Lebens. Was der Purpur darunter? die inbrünstigste Liebe gegen Gott. Was der so weite Obermantel, daß er das ganze Maultier Seiner Eminenz bedeckt, ja ein Kamel bedecken könnte? eine weit ausdehnte Liebe, die sich jedermanns annimmt; lehrt, ermahnt, bestraft, erinnert, Streitigkeiten schlichtet, ruchlosen Fürsten widersteht und willig nicht nur Reichtümer, sondern das Blut selbst zum Besten des Christenvolkes aufopfert. Aber wozu solche Reichtümer für Statthalter der armen Apostel? Ja, wenn sie diese Dinge bedenken wollten, so würden sie sich keine Mühe geben, diese Würde zu erhalten; oder sie würden sich ihrer mit Freuden entschlagen; oder sie würden nach der Weise der alten Apostel ein ganz arbeitsames und sorgenvolles Leben führen.
Wenn die Päpste, Christi Statthalter, seinem Leben nachzueifern trachteten, nämlich seiner Armut, seinen Arbeiten, seiner Lehre, seinem Kreuze, seiner Verachtung des Lebens; wenn sie auch nur an den Namen Papst, das ist, Vater, oder an den Beinamen Allerheiligster, dächten: was würde dann auf Erden traurigers sein? wer würde sein Vermögen zur Erkaufung dieser Stelle anwenden? wer würde Schwert, Gift und jede Gewalttat hervorsuchen, um sich auf der erkauften Stelle zu behaupten? wie viele Bequemlichkeiten würden wegfallen, wenn sie einmal der Weisheit Gehör geben! Der Weisheit, sage ich? Ja, wenn sie auch nur ein Körnlein des von Jesu gelobten Salzes in sich hätten! So viele Reichtümer, Ehren, Herrschaft, Siege, Pflichten, Verwaltungen, Zölle, Ablässe, Pferde, Maultiere, Trabanten, Wollüste, Ergötzlichkeiten. O welch einen Reichtum von Herrlichkeiten hab ich in wenige Worte zusammengefaßt! einen ganzen Jahrmarkt, eine ganze Ernte!
An die Stelle dieser Dinge würden schlaflose Nächte kommen, Fasten, Tränen, Gebete, Predigten, Tiefsinnigkeiten, Seufzen und tausenderlei dergleichen jämmerliche Arbeiten. Hierzu kommen so viele Schreiber, Kopisten, Notäre, Advokaten, Promotoren, Sekretäre, Eseltreiber, Roßkamme, Schmarotzer, Unterhändler, Gelegenheitmacher; und ich hätte bald noch etwas Schändlicheres hinzugesetzt, wenn ich nicht die Ohren schonen wollte. Kurz, eine so große Menge von Menschen, die dem Sitze zu Rom zur Last fällt (nein, ich irre mich, Ehre macht) würde sich des Hungers nicht verwehren können. Ja, unmenschlich, abscheulich wäre dieses; aber noch weit verruchter, wenn man sogar die obersten Fürsten der Kirche, diese wahren Lichter der Welt, an den Bettelstab bringen wollte. Jetzt aber wird alles, was nur ein wenig mühsam ist, einem Petrus und Paulus überlassen, die dazu Zeit und Muße genug haben. Was prächtig und angenehm ist, behält man weislich für sich selbst.
Also geschieht es durch meine Vermittlung, daß bald keine Art von Menschen weichlicher lebt, unbekümmerter. Sie glauben, ihrer Christenpflicht vollkommen zu entsprechen, wenn sie in einem mystischen und beinahe theatralischen Aufputze, mit Zeremonien, mit Titeln, die alles was heilig ist, in sich schließen, und mit Segnen und Verwünschen, Bischofe spielen. Wunder tun ist etwas Veraltetes und den heutigen Zeiten ganz und gar nicht angemessen; das Volk
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