Lob der Torheit
Einernten zu tun ist, so ist alles ungemein wachsam, und die dahin gehörenden Gesetze sind jedermann bekannt; wenn sich aber etwas Lästiges zeigt, o da wirft Einer es weislich auf die Schultern des Andern; man sollte meinen, beim Ballspiele zu sein. Wie Fürsten die Regierungssachen ihren Räten, und diese wieder den Unterbeamten, übertragen: so überlassen die großen Kleriker, aus Bescheidenheit, den Fleiß der Gottseligkeit ganz dem gemeinen Manne; dieser sendet ihn an die sogenannten Geistlichen, als ob er mit den geistlichen Geschäften nichts zu tun, und durch das Taufgelübde zu nichts dergleichen verpflichtet wäre; die sogenannten Secularpriester wählen (als ob sie sich nicht Christo sondern der Welt gewidmet hätten) diese Last auf die Regularen; die Regularen auf die Mönche; die strengern müssen sie von den weniger strengen annehmen; alles fällt zuletzt auf die Bettelmönche; doch wissen auch diese es auf die Kartheuser zu schieben, bei welchen einzig die Frömmigkeit begraben liegt; denn wirklich liegt sie da so verborgen, daß schwerlich jemand sich wird rühmen können, etwas davon gesehen zu haben. Also weihen Päpste, die in der Geldernte unermüdet sind, jene allzupostolischen Arbeiten an die Bettelbrüder, diese wieder an solche, welche den Schafen alle Wolle abscheren.
Doch, hierher gehörts nicht, das Leben der Päpste und Priester durch die Musterung gehen zu lassen; man würde sonst denken, es sei mir um eine Satire, und nicht um eine Lobrede zu tun; und man würde auf den Argwohn geraten, ich wolle gute Fürsten durch die Hechel ziehen, indem ich böse lobe. Ich habe aus keiner andern Ursache auf diese Dinge gedeutet, als daß man es desto deutlicher einsehen möge, kein Sterblicher könne ein wonnevolles Leben führen, so lang er nicht zu meinem Dienst eingeweiht ist und in meiner Gunst steht. Denn, wie solle dieses möglich sein, da selbst die rhamnusische Göttin, die Beglückerin aller menschlichen Dinge, mit mir so sehr unter dergleichen Decke liegt, daß sie sich jenen Weisen stets im höchsten Grade feindselig erwiesen, und hingegen den Narren auch im Schlaf alles Gute zugschanzt hat. Ihnen, meine Herren, wird jener Timotheus bekannt sein, der atheniensische Feldherr, den man das Glückkind zu nennen pflegte; von ihm kommt das Sprichwort her: »Dem schlafenden Fischer hüpfen die Fische ins Garn« und: »Ihn begünstigt die Eule der Minerva« von dem Weisen hingegen heißts »Erst unter einem bösen Planeten geboren; immer reitet er ein stolperndes Pferd; sein Gold ist Flitterware.« Doch, genug gesprüchwörtelt; man möchte sonst glauben, ich habe den Adagienkasten meines Erasmus geplündert.
Ich lenke wieder ein. Die Göttin des Glücks liebt die Schwindelköpfe, die Tollkühnen, die alles auf Spiel setzen. Die Weisheit macht schüchtern; daher sieht man, wie die Weisen mit der Armut kämpfen, den Magen voll Hungers und den Kopf voll Winds haben und ein verachtetes unberühmtes, verhaßtes Leben führen. Den Narren regnet das Geld zu; sie sitzen am Steuerruder; alles ist blühend bei ihnen. Wenn es einmal ein Glück ist, großen Fürsten zu gefallen, und unter meinen Günstlingen, den mit Edelgesteinen behangenen Erdengöttern, seinen Wandel zu führen: was kann unnützers sein, was von diesen Menschengeschöpfen mehr verabscheutes, als die Weisheit? Wenn es um Reichtümer zu tun ist, wie wird es um den Gewinn des sich auf der Weisheitsjagd vertändelnden Kaufmannes stehen! wenn ein Meineid ihm ein Stein des Anstoßes ist? wenn er, auf einer Lüge ertappt, rot wird? wenn er sich um die Gewissensgrübeleien der Weisen, über Diebstahl und Wucher, nur ein Haar bekümmert. Wer sich nach den Ehrenstellen und Gütern der Kirche bestrebt, muß sich der Weisheit hurtig entschlagen, sonst wird jeder Edel, jeder Büffel, ihn überlaufen. Wenn Sie, meine Herren, eine Neigung zur Wollust haben, so lassen Sie sich berichten, daß ein Mädchen (ein solches wird Ihnen wohl im Kopfe stecken) einem Narren von ganzem Herzen gewogen ist und den Weisen wie einen Skorpion verabscheut und flieht. Wenn es Ihnen um ein lustiges Leben zu tun ist, o so lassen Sie sich ja keinen Weisen mehr kommen, und wählen Sie sich lieber den ersten den besten Dummkopf zum Gefährten. Kurz, wohin man sich immer wendet, an Päpste, Fürsten, Richter, Obrigkeiten, Freunde, Feinde, Hohe, Niedere, alles richtet sich nach dem Gelde. Freilich verachtet der Weise das Geld; aber, es läßt sich auch recht angelegen sein,
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