Lob der Torheit
ihn zu fliehen.
Ja, meine Herren, wenn man einmal anfängt, mich zu loben, so verliert man Maß und Ziel; und doch muß jede Rede einmal zu Ende gehen. Auch ich werde zu reden aufhören, aber dann erst, wenn ich mit wenigem werde gezeigt haben, es fehle nicht an großen Schriftstellern, die mich durch Feder und Leben berühmt gemacht haben; sonst würd ich bloß eine arme Närrin zu sein scheinen, die niemanden als sich gefällt; auch würden die Herren Gesetzdrechsler es mir zur Schande rechnen, daß ich nicht zitiere. Nun denn, nach ihrem Beispiele will ich in das Kreuz und in die Quer zitieren. Erstlich habe ich weiß nicht wo gelesen, »wo es am Wesentlichen fehle sei das Scheinbarste das beste.« Auch der Schuljugend selbst pflegt man es einzuschärfen, »gelegentlich den Narren zu spielen sei große Weisheit.« Schon hieraus wird man den Schluß ziehen können, um die Narrheit müsse es etwas Vortreffliches sein, weil auch ihr täuschender Schatte und ihre bloße Nachahmung, von den Gelehrten so sehr herausgestrichen wird. Horaz, der sich selbst ein fettes und glänzendes Schwein aus Epikurs Herden betitelt, sagts recht ehrlich heraus, »in die Weisheit müsse sich Narrheit mischen«, nur hätte er der Narrheit nicht das Lumpenwörtchen »kurzdauernd« vorhersetzen sollen. Eben dieser sagt auch, »schicklich den Narren zu treiben, macht Vergnügen«; und »besser ists, ein Narr und Tölpel zu scheinen, als weise zu sein, und ausgezischt zu werden.« Homer trachtet seinen Telemach womöglich bis in den Himmel zu erheben, und doch nennt er ihn zuweilen einen närrischen Jungen; und ein gutes Zeichen für jeden ist es, den die Dichter mit diesem Beinamen beehren. Was enthält die heilige Ilias anders, als den Zorn närrischer Könige und Völker? Cicero redet mein Lob frei heraus, da er sagt »die Welt ist ganz mit Narren bevölkert.« Und wer weiß nicht, daß jedes Gute um so viel vortrefflicher sei, um so viel ausgedehnter es ist?
Vielleicht stehen diese Schriftsteller bei den Christen in schlechtem Rufe; ich will daher, wenn man es für gut findet, mein Lob auch auf Stellen der heiligen Schrift steuern oder gründen. Euch aber, ihr Herren Theologen, muß ich zuvor in Demut um Erlaubnis dazu bitten; und weil ich ein schweres Werk beginne, und es vielleicht ein Verbrechen wäre, die Musen von ihrem Helikon, eine so weite Strecke, zum zweitenmale herab zu bemühen, insonderheit da ihnen mein Gegenstand etwas fremd sein möchte: so wirds vielleicht verträglicher sein, daß mittlerweil, alldieweil ich die Rolle eines Theologen spiele und mich durch so dornige Wege hindurchreiße, die Seele des Scotus, spitziger als ein Igel oder Stachelschwein, in meine Brust wandere, aber sich bald wieder wegdrolle, wohin es ihr dann belieben wird, wenn es auch auf den Rabenstein sein sollte.
Möchte ich mein Gesicht ändern, und mich recht theologisch aufstutzen können! Ich fürchte aber anbei auch, man werde mich eines Diebstahls beschuldigen, daß ich so vieles theologisches Zeug aus meiner Ficke hervorziehend, die Schränke der grundgelehrten Männer heimlich geplündert habe. Man hat sich aber nicht groß zu verwundern, wenn ich in meinem langen und genauen Umgange mit den Theologen, etwas erhascht habe; denn hat nicht auch jener Holzbock, der Gott Priapus, beim Lesen seines Herrn und Meisters, einige griechische Wörter bemerkt und im Gedächtnisse behalten? und Lucians Hahn, der lang unter den Menschen lebte, hat er nicht auch wie ein Mensch geplaudert? Wohlan denn; Glück zum Unternehmen!
Der Prediger schreibt im ersten Kapitel: »Die Zahl der Narren ist unendlich.« Nun, sollte die unendliche Zahl nicht alle Sterblichen in sich schließen; außer einige wenige; aber, wer ist so glücklich gewesen, diese zu sehen? Noch offenherziger sagt Jeremias im zehnten Kapitel die Sache heraus: »Durch ihre Weisheit sind alle Menschen zu Narren geworden.« Gott einzig legt er Weisheit bei und wirft den Menschen überhaupt die Narrheit zum Erbteile hin. Kurz vorher hatte er gesagt »Der Mensch rühme sich nicht seiner Weisheit«. Warum, ehrlicher Jeremia, soll der Mensch sich nicht in seiner Weisheit rühmen? Auf diese Frage würde er anders nichts sagen, als: weil er keine Weisheit besitzt. Ich komme wieder auf den Prediger. Da er ausruft: »Eitelkeit der Eitelkeiten; alles ist eitel«, so wird wohl niemand glauben, daß er dadurch etwas anders habe andeuten wollen, als was bereits gesagt worden: das menschliche Leben sei ein
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