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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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dachte er, ich außerdem ohne mein Auge! Wenn es überhaupt irgendwas zu rechtfertigen gibt. Er blickte auf den toten Reitersmann.
    »Heiß wie die Hölle da unten, was?« flüsterte er heiser.
    Der Reitersmann schwieg sich aus.
    Der Dichter nahm wieder einen Schluck aus der Feldflasche, dann noch einen. Die Eingeweide bewegten sich plötzlich äußerst schmerzhaft. Ein oder zwei Augenblicke war ihm sehr elend zumute.
     
     
    Die Geier stolzierten herum, putzten sich und beklagten sich über ihr Festessen. Es war noch nicht richtig zubereitet. Sie warteten einige Tage auf die Wölfe. Es gab genug für alle. Schließlich fraßen sie den Dichter.
    Wie seit eh und je legten die ungestümen schwarzen Aasfresser der Himmel ihre Eier zur Brutzeit und fütterten zärtlich ihren Nachwuchs. Sie kreisten hoch über den Prärien, Bergen und Ebenen, suchten nach jenem Anteil am Lauf des Lebens, der ihnen dem Plan der Natur entsprechend zugemessen war. Ihre Weisen zeigten durch bloßes logisches Denken allein, daß der Allerhöchste Cathartes aura regnans die Welt ganz besonders für Geier geschaffen hatte. Viele Jahrhunderte hindurch beteten sie Ihn bei tüchtigem Appetit an.
    Dann kamen nach den Generationen der Finsternis die Generationen des Lichts. Und man schrieb das Jahr Unseres Herrn 3781 – ein Jahr Seines Friedens, so betete man.
     
     

 
     
FIAT VOLUNTAS TUA
     
     

24
     
    In diesem Jahrhundert gab es wieder Raumschiffe, und die Raumschiffe waren bemannt durch flaumige Unmöglichkeiten, die auf zwei Beinen gingen und Haarbüschel an ungewöhnlichen Stellen ihrer Anatomie aufwiesen. Es war eine geschwätzige Gattung. Sie gehörten einer Rasse an, die durchaus fähig war, sich selber in einem Spiegel zu bewundern, und gleicherweise befähigt, sich die Kehle vor dem Altar irgendeiner Stammesgottheit durchzuschneiden, wie zum Beispiel der Gottheit der Täglichen Rasur. Eine Rasse, die sich selber oftmals für im Grunde göttlich inspirierte Werkzeugmacher hielt; aber jede intelligente Einheit von Arcturus würde sie sofort im Grunde als eine Rasse von leidenschaftlichen Nach-Tisch-Schwätzern gehalten haben.
    Es war unausweichlich, es war eindeutiges Schicksal, so glaubten sie (und nicht zum erstenmal), daß solch eine Rasse sich aufmachen und die Sterne erobern müsse. Sie mehrmals erobern müsse, wenn nötig, und ganz sicher über die Eroberung Reden halten müsse.
    Aber in gleicher Weise war es unausweichlich, daß die Rasse auf neuen Welten wieder in die alten Krankheiten verfiel, wie zuvor auf der Erde in die Litanei des Lebens und in die besondere Liturgie des Menschen: Versikel von Adam und Responsorien vom Kreuz.
    Wir sind die Jahrhunderte.
    Wir sind die Halsabschneider, die gierigen Leuteschinder.
    Und bald reden wir über die Amputation Ihres Kopfes.
    Wir sind Ihre singenden Müllmänner, meine Dame, mein Herr, und wir marschieren im Gleichschritt hinter Ihnen und singen Reime, die manchen komisch vorkommen.
    Heinz-zwoo-drei-fia!
    Links!
    Links!
    Er hatt ein braves Weib, doch er
    Links!
    Links!
    Links!
    Rechts!
    Links!
    Wir, so sagen sie in der alten Heimat, marschieren weiter und wenn alles in Scherben fällt.
    Wir haben eure Steinwerkzeuge und eure Meso-und Neolithen. Wir haben eure Babylons und Pompejis, eure Caesaren und eure chromplattierten (die lebenswichtigen Teile imprägniert) Kunstwerke.
     
     
     Wir haben eure verdammten blutigen Beile und eure Hiroshimas.
    Wir marschieren, gegen die Hölle, wir -
    Atrophie, Entropie und Proteus vulgaris, erzählen Zoten über ein Bauernmädchen namens Eva
    und einen Handlungsreisenden namens Luzifer.
    Wir begraben eure Toten und ihre Reputation.
    Wir begraben euch. Wir sind die Jahrhunderte.
     
    Also laßt euch gebären, holt Luft, schreit, wenn der Geburtshelfer euch auf den Po klopft, werdet erwachsen, schmeckt ein wenig, wie es ist, ein Gott zu sein, fühlt Schmerzen, zeugt und gebt Leben, zappelt eine Weile und geht unter:
    (Sterbende, bitte Ruhe und Hinterausgang benützen!)
    Generation, Regeneration, wieder und wieder, als wäre es ein Ritual, mit blutigen Kleidern und Händen ohne Nägel, Kinder von Merlin, auf der Jagd nach einem Schimmer. Kinder auch von Eva, immer wieder Paradiese bauend – und sie in sinnloser Wut zerstörend, weil es irgendwie nicht das gleiche ist. (Ach! ach! ach! - ein Idiot schreit seine gehirnlosen Ängste im Schutt. Doch schnell! Laß es uns überfluten durch den Chor, der mit neunzig Dezibel Halleluja singt.)
    Hört denn

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