Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
Vom Netzwerk:
habe das damit keineswegs sagen wollen. Keineswegs. Theoretisch ist es natürlich möglich. Ich habe nur gesagt, daß kein Vertrag oder Gesetz den Umlauf irgendeines speziellen Rohstoffes im Weltraum verbietet – nur Atomwaffen sind verboten.
    WEIBLICHER REPORTER: Wenn kürzlich eine Testzündung im Osten stattgefunden hat, was glauben Sie, ist dann wahrscheinlicher: eine unterirdische Explosion, die die Erdoberfläche durchbrochen hat, oder ein Interspace-Geschoß zur Erde mit einem beschädigten Sprengkopf?
    VERTEIDIGUNGSMINISTER: Madam, Ihre Frage enthält so viele Wenns, daß ich gezwungen bin, mit ›Kein Kommentar‹ zu antworten.
    WEIBLICHER REPORTER: Ich folge nur den Äußerungen von Sir Rische und dem Delegierten Jerulian.
    VERTEIDIGUNGSMINISTER: Die haben jegliches Recht, sich in wilden Spekulationen zu ergehen. Ich nicht.
    ZWEITER REPORTER: Auf die Gefahr, daß ich Ihnen gewaltsam witzig erscheine: Was halten Eure Lordschaft vom Wetter?
    VERTEIDIGUNGSMINISTER: Ziemlich warm in Texarkana, nicht? Ich habe gehört, daß sie im Südwesten ein paar schlimme Sandstürme hatten. Wir könnten hier auch was davon abbekommen.
    WEIBLICHER REPORTER: Sind Sie für Mutterschaft, Lord Ragelle?
    VERTEIDIGUNGSMINISTER: Ich bin strikt dagegen, Madam. Sie übt einen schlechten Einfluß auf die Jugend aus, besonders auf unsere jungen Rekruten. Unser Militär würde ausgezeichnete Soldaten haben, wenn unsere Kämpfer nicht durch Mutterschaft korrumpiert wären.
    WEIBLICHER REPORTER: Dürfen wir Sie damit zitieren?
    VERTEIDIGUNGSMINISTER: Aber sicher, Madam – aber erst in meinem Nachruf, nicht eher.
    WEIBLICHER REPORTER: Vielen Dank. Ich werde Ihren Nachruf gleich vorbereiten.
     
     
    Wie schon andere Äbte vor ihm war Dom Jethrah Zerchi von Natur aus kein besonders kontemplativer Mensch, jedoch als geistlicher Herrscher seiner Gemeinschaft war er gebunden, die Entwicklung bestimmter Aspekte der Vita contemplativa in seiner Herde zu nähren und zu fördern, und, als Mönch, die Pflege einer gewissen kontemplativen Anlage in sich selber zu unternehmen. Dom Zerchi war in beiden Fällen nicht sehr gut. Sein Charakter trieb ihn zum Handeln, sogar beim Denken; sein Verstand weigerte sich, stillzusitzen und zu meditieren. Es gab in ihm eine Ruhelosigkeit, die ihn an die Spitze seiner Herde getrieben hatte; und diese Ruhelosigkeit machte einen kühneren – und gelegentlich sogar einen erfolgreicheren – Herrscher aus ihm, als es einige seiner Vorgänger gewesen waren. Doch diese Ruhelosigkeit konnte leicht zu einem Zwang, ja sogar zu einem Laster ausarten.
    Zerchi war sich dunkel bewußt, zumeist jedenfalls, daß er angesichts unbesiegbarer Drachen zu heftigen oder überstürzten Handlungen neige. Im Augenblick war dies Bewußtsein nicht dunkel, sondern beißendhell. Es befaßte sich mit einem unglückseligen Rückblick. Der Drache hatte Sankt Georg schon gebissen.
    Der Drache waR ein »Abscheulicher Autoscribe«, und seine bösartige Größe, elektronisch der Anlage nach, nahm mehrere Kubikeinheiten hinter der hohlen Wand und ein Drittel des Volumens des äbtlichen Schreibtischs ein. Wie gewöhnlich war das Wunderding dabei zu stottern. Er setzte falsche Großbuchstaben, falsche Interpunktion, vertauschte willkürlich die Wörter. Vor nur einem Augenblick hatte es elektronische Majestätsbeleidigung begangen, und zwar an der Person des souveränen Abtes selbst, der – nachdem er einen Computer-Reparateur gerufen und drei Tage vergeblich auf ihn gewartet hatte – beschlossen hatte, die stenografische Abscheulichkeit selbst zu reparieren. Der Fußboden seines Studierzimmers war übersät von den Fetzen mit Druckbuchstaben seiner Versuchsdiktate. Bezeichnend war darunter eine mit folgender Information:
     
     
     tEst tesT teSt? TEst teST? verDAMmniS? wieSO die verrÜCKten grossbuchSTAbeN + = jetzt Ist die zEIt in DER aLLe guteN schreibMASCHInenSchreiBeR den buchSCHMUGglern iN die seiTE tReten mÜsSen? VerFLiXT: kannST dU Lateinisch beSSer+= übERSEtzE; nECcesse Est epistuLAM sacri coLLegio mlttendAm esse statim dictem? Was isT LOS mIT dem blöDEN DING« =
     
    Zerchi hockte inmitten der Fetzen auf dem Fußboden und versuchte, das nervöse Zittern aus seinem Unterarm fortzumassieren, der vor kurzem einen elektrischen Schlag erhalten hatte, alser die Eingeweideregionen des Autoscribe untersucht hatte. Das Muskelzucken erinnerte den Abt an die galvanische Reaktion eines aufgeschnittenen Froschschenkels. Da er klugerweise darauf

Weitere Kostenlose Bücher