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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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schwieg noch immer. Er segnete Mutter und Kind und ging so rasch wie möglich davon. Die Frau hatte die Perlen des Rosenkranzes betastet mit Fingern, die wußten, was sie taten; es gab nichts, was er ihr hätte sagen können, was sie nicht schon wußte.
     
     
    »Die Konferenz der Außenminister auf Guam ging soeben zu Ende. Es wurde kein gemeinsames Kommunique über die künftige Entwicklung der Lage gegeben; die Außenminister kehren in ihre Regierungshauptstädte zurück. Die Bedeutung dieser Konferenz und die Spannung, mit der die Welt Resultate erwartet, zwingen mich, Ihren Kommentator, zu der Annahme, daß die Konferenz noch nicht beendet ist, sondern nur unterbrochen, damit die Außenminister mit ihren Regierungen ein paar Tage lang beraten können. Eine früher erfolgte Information, wonach die Konferenz unter bitteren gegenseitigen Beschuldigungen zusammengebrochen sei, wurde von den Ministern dementiert. Der Erste Minister sagte nur kurz zur Presse: ›Ich kehre nach Hause zurück, um mit dem Regentschaftsrat zu sprechen. Aber das Wetter ist schön hier auf Guam; ich werde vielleicht später mal wieder herfahren zum Fischen.‹
    Die zehntägige Frist ist heute beendet, doch nimmt man weitgehend an, daß das Waffenstillstandsübereinkommen auch weiterhin beachtet werden wird. Gegenseitige Vernichtung wäre die Alternative. Zwei Städte sind gestorben, doch muß man daran erinnern, daß keine Seite mit einem Angriff bis zum Höchstmaß zurückgeschlagen hat. Die Herrscher in Asien behaupten, es handle sich um eine Aktion ›Auge um Auge‹. Unsere Regierung beharrt auf dem Standpunkt, die Katastrophe in Itu Wan sei nicht auf eine Rakete der Atlantischen Konföderation zurückzuführen. Doch im allgemeinen herrscht in beiden Hauptstädten ein unheimliches, bedrückendes Schweigen. Es gab nur wenig blutdürstige Äußerungen, wenig Geschrei nach Rache. Eine Art dumpfer Wut glüht weiter, weil gemordet wurde, weil der Irrsinn siegte, aber keine der beiden Seiten will den totalen Krieg. Die Landesverteidigung steht in Angriffsbereitschaft. Der Generalstab hat eine Ankündigung, ja schon beinahe einen Appell, veröffentlicht, dahingehend, daß wir nicht bis zum Äußersten gehen werden, wenn sich Asien ebenfalls zurückhält. Doch in der Ankündigung hieß es auch: ›Wenn sie schmutziges Fallout anwenden, dann werden wir ihnen mit gleicher Münze heimzahlen, und zwar so, daß für tausend Jahre kein Lebewesen in Asien leben wird.‹
    Seltsamerweise kommt die am wenigsten hoffnungsvolle Nachricht nicht aus Guam, sondern vom Vatikan aus New Rome. Es wurde berichtet, daß Papst Gregor nach Beendigung der Guam-Konferenz aufgehört habe, für den Frieden in der Welt zu beten. Zwei besondere Messen wurden in der Basilika zelebriert: Exsurge quare obdormis, die Messe gegen die Heiden, und Reminiscere, die Messe in Zeiten des Krieges; danach, so lautet der Bericht weiter, habe sich Seine Heiligkeit in die Berge zurückgezogen, um zu meditieren und für Gerechtigkeit zu beten.
    Und nun ein Wort von…«
    »Mach das aus!« stöhnte Zerchi.
    Der junge Mönch neben ihm knipste das Gerät aus und starrte den Abt mit großen Augen an. »Ich kann es nicht glauben!«
    »Was? Das mit dem Papst? Ich konnte es auch nicht. Doch ich habe es schon eher gehört, und New Rome hatte Zeit genug, es zu dementieren. Sie haben kein Wort dazu gesagt.«
    »Was bedeutet das?«
    »Ist das nicht offensichtlich? Der Diplomatische Dienst des Vatikans ist am Ball. Wahrscheinlich haben sie einen Bericht über die Guam-Konferenz geschickt. Wahrscheinlich hat dieser Bericht den Heiligen Vater erschreckt.«
    »Was für eine Warnung! Was für eine Geste!«
    »Es war mehr als eine Geste, Vater. Seine Heiligkeit hält keine Kriegsmesse um des dramatischen Effekts willen. Überdies werden sowieso die meisten Leute glauben, er meine es ›gegen die Heiden‹ auf der andern Seite der Welt, und ›für Gerechtigkeit‹ für unsere Seite. Oder wenn sie es wirklich besser wissen, dann werden sie immer noch überzeugt sein, daß es so richtig wäre.« Er vergrub sein Gesicht in den Handflächen und rieb sie auf und ab. »Schlaf. Was ist Schlaf, Vater Lehy? Erinnerst du dich noch daran? Ich habe seit zehn Tagen kein menschliches Gesicht mehr gesehen, das nicht dunkle Ringe um die Augen gehabt hätte. Ich konnte gestern nacht noch nicht einmal ein bißchen dahindämmern, weil jemand im Gästehaus beständig schrie.«
    »Luzifer ist kein Sandmännchen, das ist

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