Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
Vom Netzwerk:
Geschlechtern der Menschen gezeugt, nicht von modrigen Wälzern. Nichtsdestoweniger könnten die Bücher von Nutzen sein, wie Dom Paulo hoffte. Die Bücher könnten in bestimmte Richtungen weisen und einer neu entstehenden Wissenschaft Hinweise geben. So etwas war schon einmal geschehen, wie der Ehrwürdige Boedullus in seinem Werk De Vestigiis Antecessarum Civitatum festgestellt hatte.
    Und diesesmal, dachte Dom Paulo, werden wir die Erinnerung wachhalten, wer den Funken am Leben erhalten hat, während die Welt schlief. Er unterbrach sich, um sich umzudrehen. Er hatte sich für einen Augenblick eingebildet, er hätte ein erschrockenes Blöken der Ziege des Dichters gehört.
    Das Geschrei aus dem Keller füllte bald seine Ohren, als er die unterirdischen Treppen hinab zum Ursprung des Tumultes stieg. Jemand trieb mit dem Hammer Stahlnägel in die Steinwand. Geruch von Schweiß mischte sich mit dem alter Bücher. Hektisches Getümmel einer unwissenschaftlichen Betriebsamkeit wogte durch die Bibliothek. Mit Werkzeugen beladen rannten Novizen vorbei. Novizen standen beieinander, um Grundrisse zu betrachten. Novizen verschoben Pulte wie Tische und hoben einen behelfsmäßig wirkenden Mechanismus an, um ihn an Ort und Stelle zu rücken. Im Schein von Öllampen die größte Verwirrung. Der Bibliothekar und Rektor der Memorabilien, Bruder Armbruster, stand das Ganze beobachtend in einer fernen Nische der Bücherregale, mit verschränkten Armen und verbissenem Gesichtsausdruck. Dom Paulo wich seinem anklagenden Blick aus.
    Bruder Kornhoer begrüßte seinen Vorsteher mit dem unentwegten Lächeln des Begeisterten. »Nun, Vater Abt, wir werden bald ein Licht haben, wie es noch keiner unserer Zeitgenossen je gesehen hat.«
    »Das ist nicht ohne eine gewisse Eitelkeit gesagt, Bruder«, antwortete Paulo.
    »Eitelkeit, Herr? Wenn wir das, was wir gelernt haben, nutzbringend anwenden?«
    »Ich dachte eigentlich mehr an unsere Eile, es nutzbringend anzuwenden, gerade zur rechten Zeit, um einen bestimmten gelehrten Besucher zu beeindrucken. Nichts für ungut. Zeig mir jetzt diese Maschinistenzauberei.«
    Sie gingen hinüber zu der Behelfsmaschine. Der Abt konnte nichts Nützliches an ihr entdecken, es sei denn, man hielt Apparate, um Gefangene zu foltern, für nützlich. Eine Achse, die als Welle diente, war durch Rollen und Riemen mit einem hüfthohen Drehkreuz verbunden. Auf der Achse waren vier Wagenräder im Abstand von einigen Zentimetern befestigt. Ihre dicken Eisenreifen waren mit eingekerbten Nuten versehen. In diesen Nuten saßen unzählige Vogelnester aus Kupferdraht, der in der örtlichen Schmiede von Sanly Bowitts aus Münzmetall gezogen worden war. Dom Paulo bemerkte, daß die Räder offenbar in der Luft hingen, um sich frei drehen zu können, denn sie berührten nirgendwo eine Fläche. Auf jeden Fall lagen den Reifen feststehende Eisenblöcke gegenüber, so wie Bremsen, aber ohne sie auch nur leicht zu berühren. Diese Blöcke waren wiederum mit unzähligen Windungen von Draht umwickelt – »Feldspulen«, wie Kornhoer sie nannte. Dom Paulo schüttelt ernst das Haupt.
    »Das wird die größte physikalische Errungenschaft der Abtei werden, seit wir vor hundert Jahren die Druckerpresse aufstellten«, wagte Kornhoer voll Stolz anzumerken.
    »Wird es funktionieren?« wollte Dom Paulo wissen.
    »Dafür würde ich einen ganzen Monat Extraschwerstarbeit verwetten, Herr.«
    Du verwettest um einiges mehr als nur das, dachte der Priester, unterdrückte aber die Äußerung. »Wo kommt das Licht heraus?« fragte er und sah sich das merkwürdige Monstrum wieder an.
    Der Mönch lachte. »Ah, dafür haben wir eine besondere Lampe. Was Ihr hier seht, ist nur der ›Dynamo‹. Er erzeugt die elektrische Substanz, die die Lampe verbrennen wird.«
    Dom Paulo faßte bekümmert die Größe des Raums ins Auge, die der Dynamo beanspruchte. »Diese Substanz kann nicht«, murmelte er, »zufällig aus Hammelfett ausgezogen werden?«
    »Nein, nein – die elektrische Substanz besteht aus, hä - wünscht Ihr, daß ich es Euch erkläre?«
    »Lieber nicht. Naturwissenschaft ist nicht meine Stärke. Ich überlasse sie gern euren jüngeren Hirnen.« Er machte einen raschen Schritt rückwärts, um einem Balken auszuweichen, der von zwei Zimmerleuten im Laufschritt vorbeigetragen wurde und ihm fast die Hirnschale zerschmettert hätte. »Erzähl mir«, sagte er, »woher es deiner Meinung nach kommt, daß, obwohl du gelernt hast, durch Studium von

Weitere Kostenlose Bücher