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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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erwähnt finden, daß…«
    »Genug! Es reicht!« Der Abt trat dazwischen. Dann sagte er zum Bibliothekar: »Thon Taddeo benötigt einen Arbeitsplatz; was schlägst du vor?«
    Armbruster stieß einen Daumen in Richtung der Nische mit den naturwissenschaftlichen Werken. »Er kann da drin am Lesepult lesen wie jeder andere.«
    »Wie wäre es, wenn wir hier in der offenen Halle für ihn einen Arbeitsplatz errichteten, Vater Abt?« gab Kornhoer in raschem Gegenvorschlag zu bedenken. »Außer einem Pult braucht er ein Rechenbrett, eine Wandtafel und eine Zeichenplatte. Wir könnten ihn vorübergehend mit Wandschirmen abteilen.«
    »Ich dachte, er würde alles, was mit den Leibowitztexten zusammenhängt, und unsere ältesten Schriften brauchen?« sagte mißtrauisch der Bibliothekar.
    »Ganz richtig.«
    »Dann wird er ganz schön hin und her laufen müssen, wenn du ihn hier in die Mitte setzt. Die seltenen Bände sind durch Ketten gesichert, und bis hierher reichen die nicht.«
    »Kein Problem«, sagte der Erfinder. »Wir machen die Ketten ab. Sie sehen sowieso albern aus. Die schismatischen Kultgemeinschaften sind entweder alle ausgestorben oder von nur regionaler Bedeutung. Vom Ritterorden des Pankraz hat man seit hundert Jahren nichts mehr gehört.«
    Armbruster wurde rot vor Ärger.
    »Das werdet ihr bleiben lassen!« fuhr er ihn an. »Die Ketten bleiben!«
    »Aber warum?«
    »Nicht mehr wegen der Bücherverbrenner. Es sind die Dorfbewohner, die uns Sorgen machen. Die Ketten bleiben.«
    Kornhoer wandte sich zum Abt und spreizte die Hände. »Seht Ihr, Herr?«
    »Er hat recht«, sagte Dom Paulo. »Das Dorf ist mir zu unruhig. Vergiß nicht, daß der Bürgerrat uns die Schule weggenommen hat. Jetzt haben sie ihre Dorfbibliothek, und sie verlangen von uns, daß wir ihnen die Regale füllen. Selbstverständlich mit seltenen Bänden. Aber nicht nur das. Letztes Jahr hatten wir Ärger mit Dieben. Bruder Armbruster hat recht. Die seltenen Bände behalten ihre Ketten.«
    »Na schön«, seufzte Kornhoer, »dann muß er also in der Nische arbeiten.«
    »Wo sollen wir jetzt deine Wunderlampe aufhängen?«
    Die Mönche blickten zur Nische hinüber. Sie war eine von vierzehn völlig gleichen Nebenräumen, die nach Wissensgebieten aufgeteilt sich zur Mittelhalle hin öffneten. Jede Nische hatte ihren gewölbten Eingang, und in jedem Bogen hing an einem eisernen Haken ein schweres Kruzifix vom Schlußstein hernieder.
    »Also, da er in der Nische arbeiten wird«, sagte Kornhoer, »wird es das beste sein, wir nehmen einfach das Kreuz ab und hängen sie vorübergehend da auf. Ich sehe keine andere – «
    »Heide!« heulte der Bibliothekar. »Götzendiener! Gotteslästerer!« Armbruster streckte seine zitternden Hände dem Himmel entgegen. »Gott steh mir bei, daß ich ihn nicht mit diesen Händen in Stücke reiße. Was wird er noch alles vorhaben! Führt ihn ab, sperrt ihn ein!« Er drehte ihnen den Rücken zu, die Hände immer noch zitternd hoch erhoben.
    Selbst Dom Paulo war bei dem Vorschlag des Erfinders etwas zusammengezuckt, jetzt aber blickte er streng mit gerunzelter Stirn auf die Rückseite von Bruder Armbrusters Habit. Er hatte nie von Armbruster verlangt, eine Sanftmut zu heucheln, die seinem Wesen nicht entsprach, doch die Streitsucht des alten Mönchs hatte zweifellos zugenommen.
    »Bruder Armbruster, dreh dich bitte um.«
    Der Bibliothekar gehorchte.
    »Nimm jetzt deine Hände herunter und rede leiser, wenn du…«
    »Aber Vater Abt, Ihr habt gehört, was er…?«
    »Bruder Armbruster, du wirst mir jetzt bitte die Bücherleiter holen und das Kreuz abnehmen.«
    Alle Farbe wich aus dem Gesicht des Bibliothekars. Sprachlos starrte er Dom Paulo an.
    »Dies hier ist keine Kirche«, sagte der Abt. »Die Aufstellung von Bildwerken geschieht aus freiem Wunsch. Bitte, du nimmst jetzt vorläufig das Kreuz ab. Wie es scheint, ist dort der einzig brauchbare Platz für die Lampe. Wir können das später ändern. Ich begreife jetzt, daß diese ganze Angelegenheit deine Bibliotheksarbeit und vielleicht auch deine Verdauung gestört hat, aber wir hoffen, daß es im Dienste des Fortschritts geschieht. Wenn nicht, so…«
    »Ihr laßt Unseren Herrn beiseite schaffen, um dem Fortschritt Platz zu machen!«
    »Bruder Armbruster!«
    »Warum hängt Ihr ihm dieses Teufelslicht nicht gleich um den Hals?«
    Die Miene des Abts wurde eisig. »Ich möchte mir deinen Gehorsam nicht mit Gewalt verschaffen, Bruder. Nach dem Komplet kommst du zu mir auf

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