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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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könnte das nicht.« Er tätschelte den Wassersack. »Für meine Tiere.«
    Der Abt kämpfte mit einem leichten Würgen.
    »Du hast dich verändert«, sagte Benjamin, der ihn immer noch ansah. »Du bist weiß wie eine Wand und siehst angegriffen aus.«
    »Ich war krank.«
    »Du siehst krank aus. Komm mit hinauf zu meiner Hütte, wenn dich der Aufstieg nicht völlig erschöpft.«
    »Es wird schon gehen. Mir war es gestern nicht recht wohl, und unser Arzt befahl mir zu ruhen. Pah! Wenn nicht bald ein wichtiger Gast kommen würde, ich schenkte dem keine Beachtung. Aber er wird kommen, und ich ruhe mich deshalb aus. Ziemlich lästige Sache.«
    Benjamin blickte grinsend auf ihn zurück, als sie das Trockental hinaufstiegen. Er schüttelte seinen grauen Kopf. »Fünfzehn Kilometer durch die Wüste reiten, das nennst du ausruhen?«
    »Für mich bedeutet es ausruhen. Außerdem wollte ich dich schon lange mal besuchen, Benjamin.«
    »Was werden die Dörfler sagen?« spottete der alte Jude. »Sie werden glauben, wir hätten uns wieder versöhnt, und das wird deinen Ruf und den meinen untergraben.«
    »Auf unseren Ruf hat man auf dem Markt ja nie viel gegeben.«
    »Schon richtig«, gab er zu, fügte aber geheimnistuerisch hinzu: »Zur Zeit.«
    »Du wartest immer noch, alter Jude?«
    »Allerdings!« entfuhr es dem Eremiten.
    Dem Abt wurde der Aufstieg beschwerlich. Zweimal blieben sie stehen, um zu Atem zu kommen. Als sie endlich die Hochfläche erreichten, fühlte er Schwindel aufsteigen und mußte sich, gegen den spindeldürren Einsiedler gelehnt, von ihm stützen lassen. In seiner Brust brannte ein fahles Feuer, warnte ihn vor weiterer Anstrengung, aber die harte Faust von gestern hatte nicht wieder zu wüten begonnen. Eine Herde blauköpfiger, mutierter Ziegen stob bei der Annäherung des Fremden auseinander und floh ins wuchernde Gebüsch. Merkwürdig, der Tafelberg schien mit frischerem Grün bedeckt als die umliegende Wüste, obgleich nicht zu sehen war, woher die Feuchtigkeit kommen sollte.
    »Hier geht’s weiter, Paulo. Zu meinem Palast.«
    Die Hütte des alten Juden bestand aus einem einzigen Raum, die Steinmauer ohne Fenster, die einzelnen Steine wie bei einer Gartenmauer lose übereinander geschichtet, mit weiten Ritzen, durch die der Wind pfeifen konnte. Das Dach war ein zerbrechliches Flickwerk aus meist krummen Stämmen, das mit einem Haufen Gestrüpp, Stroh und Ziegenhäuten gedeckt war. Auf einen großen, flachen Stein, der auf einem niedrigen Pfosten neben der Tür aufrecht stand, war ein Schild in hebräischen Buchstaben gemalt:
     

     
    Die Größe des Schildes und sein offenkundiger Zweck, auf etwas hinzuweisen, machten Abt Paulo grinsen, und er fragte: »Was steht drauf, Benjamin? Wirkt es sich auf den Handel hier oben günstig aus?«
    »Ha, was soll schon draufstehen? Da steht: Hier werden Zelte ausgebessert.«
    Der Priester winkte ungläubig ab.
    »Bitte, du mußt mir nicht glauben. Aber wenn du nicht glaubst, was hier geschrieben steht, wie soll man dann von dir erwarten können zu glauben, was auf der anderen Seite des Schildes geschrieben ist.«
    »Der Wand zugekehrt?«
    »Klar, der Wand zugekehrt.«
    Der Pfosten war gleich neben die Türschwelle gesetzt, so daß nur ein paar Zentimeter Abstand zwischen dem flachen Stein und der Hüttenwand waren. Paulo beugte sich tief herab und schielte in den Zwischenraum hinein. Es dauerte seine Zeit, bis er etwas erkennen konnte, aber auf die Rückseite des Steins war tatsächlich etwas geschrieben, in kleineren Buchstaben:
     

     
    »Drehst du den Stein nie um?«
    »Ihn umdrehen? Denkst du, ich bin verrückt? In diesen Zeiten?«
    »Was steht da hinten drauf?«
    »Hmmm- hnnn!« ging der Singsang des Einsiedlers an Stelle einer Antwort. »Aber komm herein, du, der du die Rückseite nicht lesen kannst.«
    »Die Wand ist da ein bißchen im Weg.«
    »Wie schon immer, nicht wahr?«
    Der Priester seufzte. »Schon gut, Benjamin, ich weiß, was euch aufgetragen wurde, ›in den Eingang und auf die Tür‹ eurer Häuser zu schreiben. Aber nur dir konnte einfallen, es mit dem Gesicht gegen die Wand zu drehen.«
    »Mit dem Gesicht nach innen«, verbesserte der Einsiedler. »Solange noch in Israel Zelte auszubessern sind – aber wir wollen mit dem gegenseitigen Aufziehen warten, bis du dich ausgeruht hast. Ich bring dir Milch, und du erzählst mir von dem Besucher, der dich beunruhigt.«
    »Ich habe Wein in meiner Tasche, wenn du welchen magst«, sagte der Abt und ließ

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