Lobgesang auf Leibowitz

Amen.«
     

17
     
    »Ich kann Euch versichern, es wird Krieg geben«, sagte der Bote aus New Rome. »Alle Streitkräfte Laredos sind in die Ebene verlegt. Der Wilde Bär hat sein Lager abgebrochen. Über die ganze Ebene hin spielen sich laufend Reiterschlachten nach Nomadenart ab. Aber das Land Chihuahua bedroht Laredo von Süden her. Also macht sich Hannegan bereit, texarkanische Truppen an den Rio Grande zu schicken, um zu helfen, die Grenzen zu ›verteidigen‹. Mit vollster Zustimmung der Laredanier natürlich.«
    »König Goraldi ist ein vertrottelter Esel!« sagte Dom Paulo. »Hat man ihn nicht vor dem Verrat Hannegans gewarnt?«
    Der Bote lächelte. »Sollte der diplomatische Dienst des Vatikans Staatsgeheimnisse erfahren, so wahrt er sie immer. Damit wir nicht der Spionage angeklagt werden, sind wir immer sorgsam bedacht…«
    »Wurde er gewarnt?« wollte der Abt noch einmal wissen.
    »Selbstverständlich. Goraldi sagte, der päpstliche Legat lüge ihn an. Er beschuldigte die Kirche, sie säe Zwietracht unter die Verbündeten der Heiligen Geißel und versuche, die weltliche Macht des Papstes zu vergrößern. Der Narr hat sogar Hannegan von der Warnung des Legaten unterrichtet.«
    Dom Paulo zuckte zusammen, zog pfeifend die Luft ein. »Was hat Hannegan daraufhin getan?«
    Der Bote zögerte. »Ich denke, ich kann es Euch sagen: Monsignore Apollo ist verhaftet worden. Hannegan befahl, seine diplomatischen Akten zu beschlagnahmen. In New Rome spricht man davon, daß das ganze Gebiet von Texarkana mit dem Kirchenbann belegt werden soll. Natürlich hat sich Hannegan ipso facto die Exkommunikation zugezogen, aber das scheint die wenigsten Texarkaner zu beunruhigen. Wie Ihr sicher wißt, besteht die Bevölkerung sowieso zu achtzig Prozent aus Anhängern des Kults, und der katholische Glaube der herrschenden Klasse ist immer nur dünne Tünche gewesen.«
    »Jetzt also, Marcus«, murmelte der Abt traurig. »Und was macht Thon Taddeo?«
    »Ich kann mir gar nicht erklären, wie er sich das vorstellt, gerade jetzt die Ebene zu durchqueren, ohne sich ein paar Löcher von Musketenkugeln einzufangen. Es wird einem klar, warum er nicht auf Reisen gehen wollte. Ich weiß jedoch nichts über sein Vorwärtskommen, Vater Abt.«
    Dom Paulos ernstes Gesicht wurde schmerzerfüllt: »Wenn unsere Weigerung, das Material an seine Universität zu schicken, jetzt zu seinem Tod führt…«
    »Beunruhigt Euer Gewissen nicht damit, Vater Abt. Hannegan sorgt für die Seinen. Ich weiß nicht, wie, aber ich bin sicher, daß Thon Taddeo hier ankommen wird.«
    »Wie ich höre, kann es sich die Welt nur schlecht leisten, ihn zu verlieren. Nun gut – aber sag mir, warum hat man dich geschickt, uns über Hannegans Absichten zu berichten? Wir befinden uns hier im Kaiserreich von Denver, und ich verstehe nicht, wie diese Gegend in Mitleidenschaft gezogen sein soll.«
    »Oh, ich habe Euch nur den Anfang erzählt. Schließlich will Hannegan den Kontinent vereinen. Wenn er Laredo fest an die Kandare genommen hat, wird er die Einkreisung durchbrochen haben, die ihn in Schach gehalten hat. Der nächste Schlag wird dann gegen Denver geführt werden.«
    »Aber würde das nicht Nachschubverbindungen quer durch das Land der Nomaden erfordern? Das scheint unmöglich.«
    »Das ist äußerst schwierig, und das ist es, was den nächsten Schritt gewiß macht. Die Ebene bildet eine natürliche, geographische Grenze. Wäre sie entvölkert, könnte Hannegan seine westliche Grenze für sicher halten, so wie die Dinge liegen. Aber wegen der Nomaden erwies es sich für jeden Staat, der an die Ebene grenzt, als unumgänglich, um das Gebiet der Nomaden herum stehende Heere aufzustellen, um sie in ihren Grenzen zu halten. Die einzige Möglichkeit, die Ebene zu unterwerfen, besteht darin, die beiden fruchtbaren Streifen im Osten und im Westen in die Hand zu bekommen.«
    »Aber selbst dann«, überlegte der Abt, »werden die Nomaden…«
    »Was Hannegan mit ihnen vorhat, ist teuflisch. Die Krieger des Wilden Bären nehmen es leicht mit den Reitertruppen Laredos auf; womit sie aber nicht fertig werden können, ist eine Viehseuche. Die Stämme der Ebene wissen es noch nicht, aber als Laredo anfing, die Nomaden für die Grenzüberfälle zu bestrafen, trieben die Laredanier einige hundert Stück krankes Vieh voraus, die sich unter die Herden der Nomaden mischen sollten. Das war Hannegans Einfall. Eine Hungersnot wird die Folge sein, und dann dürfte es nicht schwerfallen,