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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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Zusammenfassung letzter Anweisungen an seine Mannschaft auszugeben, aber er zog es vor, die Stille nicht zu stören. Der Gesichtsausdruck des klösterlichen Erfinders ließ nicht erkennen, ob ihm während des Wartens irgendein Gedanke an den bevorstehenden Augenblick als an seinen persönlichen Höhepunkt durch den Kopf ging. Da der Abt es nicht der Mühe wert gehalten hatte, einer Vorführung der Maschine beizuwohnen, zeigte Bruder Kornhoer keinerlei Anzeichen der Erwartung, daß aus irgendeinem Lager Beifall sich erheben könnte, und er hatte sogar seine Neigung überwunden, Dom Paulo mit vorwurfsvollen Augen anzublicken.
    Ein leises Zischen kam von der Treppe her und brachte wieder Bewegung in den Keller, obgleich schon einige Male falscher Alarm gegeben worden war. Verständlich, daß niemand dem berühmten Thon mitgeteilt hatte, welch wunderbare Erfindung im Keller seiner Besichtigung harrte. Klar, daß die leiseste Erwähnung vor dem Thon ihre Bedeutung geschmälert hätte. Offensichtlich war der Abt darauf aus, sie alle durch langes Wartenlassen ruhiger zu stimmen. Das bedeuteten die rastlosen Blicke, die sie während des Wartens einander zuwarfen.
    Diesmal war das warnende Zischen nicht umsonst gewesen. Der Mönch, der auf der obersten Treppenstufe gewacht hatte, drehte sich feierlich um und verneigte sich zu dem fünften Mönch auf dem Treppenabsatz hin.
    »In principio Deus«, sagte er leise.
    Der fünfte Mönch drehte sich um und verneigte sich zum vierten am Fuß der Treppe hin: »Caelum et terram creavit«, setzte er murmelnd fort.
    Der vierte Mönch wendete sich den dreien zu, die hinter der Maschine warteten. »Vacuus autem erat mundus«, verkündete er.
    »Cum tenebris in superficie profundorum«, antwortete die Gruppe im Chor.
    »Ortus est Dei Spiritus supra aquas«, rief Bruder Kornhoer und stellte unter Kettengerassel sein Buch ins Regal zurück. »Gratias Creatori Spiritui«, erwiderte seine ganze Mannschaft.
    »Dixitque Deus: ›FIAT LUX‹«, sagte der Erfinder mit befehlender Stimme.
    Die Wachen auf der Treppe stiegen herab, um ihre Posten einzunehmen. Vier Mönche bemannten das Drehkreuz. Der fünfte Mönch beugte sich über den Dynamo. Der sechste Mönch kletterte auf die Bücherleiter und setzte sich auf die letzte Sprosse. Sein Kopf stieß gegen den Scheitel des gewölbten Eingangs. Er bedeckte sein Gesicht mit einer Maske aus rußgeschwärztem, öligen Pergament als Augenschutz, tastete dann nach der Lampenhalterung und ihrer Flügelschraube, während ihm Bruder Kornhoer aufgeregt von unten her zusah. »Et lux ergo facta est«, sagte er, als er die Schraube gefunden hatte.
    »Lucem esse bonam Deus vidit«, rief der Erfinder dem fünften Mönch zu.
    Der fünfte Mönch beugte sich mit einer Kerze über den Dynamo, um einen letzten Blick auf die Bürsten zu werfen. »Et secrevit lucem a tenebris«, sagte er schließlich und setzte so den Bibeltext fort.
    »Lucem appelavit ›diem‹«, rief die Mannschaft am Drehkreuz im Chor, »et tenebras ›noctes‹.« Daraufhin stemmten sie ihre Schultern gegen die Arme des Kreuzes.
    Achsen knarrten und ächzten. Der Wagenraddynamo fing an sich zu drehen, und sein leises Surren wurde ein Brummen, dann ein Jaulen, als sich die Mönche im Drehkreuz stöhnend ins Zeug legten. Der Wärter am Dynamo beobachtete gespannt, wie die Speichen durch die Geschwindigkeit zu einer Fläche verschwammen. »Vespere occaso«, fing er an, hielt dann inne, befeuchtete zwei Finger und berührte die Kontakte. Ein Funke blitzte.
    »Lucifer!« schrie er auf und endete schwach: »Ortus est ef primo die.«
    »KONTAKTE SCHLIESSEN!« sagte Bruder Kornhoer, als Dom Paulo, Thon Taddeo und dessen Sekretär die Treppe herabstiegen.
    Der Mönch auf der Leiter entflammte den Bogen. Ein scharfes Spffft – und blendendes Licht tauchte die Gewölbe in eine Helligkeit, wie man sie seit zwölf Jahrhunderten nicht mehr gesehen hatte.
    Die Gruppe blieb auf den Stufen stehen. Thon Taddeo stieß einen heimatlichen Fluch aus und wich einen Schritt zurück. Der Abt, der weder der Erprobung der Anlage zugesehen noch überspannte Hoffnungen gehegt hatte, erbleichte und verstummte mitten im Satz. Der Sekretär war vor Schreck einen Augenblick wie versteinert, stob aber plötzlich laut »Feuer« schreiend davon.
    Der Abt schlug ein Kreuz. »Ich hatte keine Ahnung!« flüsterte er.
    Als der Gelehrte die erste Erregung über das plötzliche Aufflammen gemeistert hatte, ließ er seinen Blick prüfend

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