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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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absichtlich eine Spur hinterlassen, der sie leicht folgen konnten.
    Nun waren sie an einem weiteren Haltepunkt angelangt. Rufellos Höhle.
    Natürlich war das nicht der Ort, an dem Rufello sich tatsächlich
aufgehalten hatte. Rufello hatte vor der Großen Wanderung gelebt, sogar noch vor dem Zeitalter der Weinenden Zaren. Er war Wissenschaftler und Dichter gewesen und hatte sein Leben damit verbracht, die Schätze, Spielzeuge und Werkzeuge der Jüngeren Götter zu studieren, und er hatte sein Buch der Baupläne hinterlassen, das inzwischen nur noch aus Fragmenten bestand. Das Buch war selten, so viel hatte Neb in seinen Geschichtsstunden erfahren, und nur verstreute Abschriften hatten das Jahr des Fallenden Mondes überdauert – die Hexenkönige hatten es verboten, sobald sie auf der Erde ihre Throne errichtet hatten.
    Renard zufolge war die Höhle nach ihm benannt worden, weil die Androfranziner darin ein geheimes Lager mit seinen Zeichnungen und eine versteckte Bibliothek gefunden hatten.
    »Ich war noch ein Junge«, erinnerte sich Renard, »und mein Vater hat die Androfranziner begleitet, als sie die Höhle entdeckt haben.«
    Sie lagerten in Sichtweite der Felsspalte, und am Morgen brachen sie dorthin auf.
    Neb hielt sich hinter Renard, während sie näher herangingen, und war überrascht von den tiefen Räderspuren im hart zusammengebackenen Boden. Die Spuren führten nach Norden und nach Osten, aber nicht weiter nach Süden. Sie endeten am Eingang der Höhle. »Sie haben ihre Spuren nicht verborgen?«
    Renard lachte leise. »Das war nicht nötig. Du wirst gleich sehen, warum.«
    Sie suchten sich einen Weg über das felsige Gelände, stießen schließlich auf den Wagenpfad und folgten ihm den Rest des Weges zu den Felsen. Je näher sie kamen, desto kleiner kam sich Neb angesichts der schieren Größe der Höhle vor. Die Felsspalte erstreckte sich um einiges weiter hinauf, als er gedacht hatte. Als sie schließlich im Schatten der Felswand standen, sah er die sorgfältig errichtete Steinmauer und die etwa zehn Fuß in die
Mauer versenkten riesigen Türen. In Abständen von vier Spannen waren große eiserne Rufelloschlösser angebracht, die die Tür durch Sicherungsbolzen geschlossen hielten.
    Oder geschlossen halten sollten.
    Renard musste es im selben Augenblick bemerkt haben wie Neb. Der Ödlandführer keuchte – die Tür stand offen. Nicht sehr weit, eigentlich nur einen Spaltbreit, aber sie war trotzdem offen, und die Schlösser waren so eingestellt, dass die Bolzen herausstanden, so dass man die Tür nicht schließen konnte, ohne die richtigen Zahlen zu kennen. Als Renard stehen blieb, hielt auch Neb an. Der schlaksige Mann holte seine Dornenbüchse hervor. »Was zur Dritten Hölle ist das?«
    Neb griff unwillkürlich nach seinem Messer, die Augen bereits auf den Boden gerichtet, um nach Spuren zu suchen, wie Aedric es ihm in der Späherausbildung beigebracht hatte. Er spürte einen Augenblick lang, wie Angst sein Rückgrat entlangkroch, und zwang sich, ruhig weiterzuatmen.
    Renard bewegte sich inzwischen vorsichtig auf die Mauer zu, sein Blick schoss von hier nach dort. Neb folgte ihm.
    Sie erreichten die Tür, und Renard beugte sich darum herum, um in den dunklen, gähnenden Eingang zu spähen. Er hob die rechte Hand, und als er sie in der whymerischen Zeichensprache bewegte, konnte Neb ihm nicht folgen. Dennoch erkannte er den Hinweis und wartete.
    Renard verschwand in der riesigen Höhle, und Neb musterte die Schließmechanismen. Die einzigen größeren Schlösser, die er bisher gesehen hatte, waren die auf dem Hütertor, das sie durchschritten hatten, um hierherzugelangen. Sie waren gut und gerne so groß wie Heuballen gewesen. Diese hier waren kleiner, aber immer noch so groß wie der Kopf eines großen Menschen. Die Hebel und Scheiben der Schlösser waren vom Alter und dem Wetter gegerbt, aber als er zögernd eine Hand darauf legte, bewegten sie sich lautlos und ohne Widerstand.

    Wer immer diese Tür offen gelassen hatte, hatte es absichtlich getan und kannte die nötige Ziffernkombination.
    Renard pfiff ihm hinter der Tür zu. »Geh ein Stück zurück!«, rief er heraus.
    Langsam schwang die große Tür auf und ließ Sonnenlicht in den dahinterliegenden Gang strömen, bis die Schatten es verschluckten.
    Doch alles, was sie sehen konnten, war Leere.
    »Niemand zuhause. Sogar die Lampen sind weg«, sagte Renard. »Wir werden Licht brauchen.«
    Sie machten behelfsmäßige Fackeln aus trockenen Ästen,

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