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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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nicht genau, weshalb.«
    »Also ist Aedric inzwischen zum Tor zurückgekehrt?«
    Der Zweite Hauptmann nickte. »Er wartet auf Eure Befehle.«
    Sie blickte auf die zwei weiteren Nachrichten hinab, die Philemus dazu veranlasst hatten, an ihre Tür zu klopfen, und seufzte. Eine war von Winters, die andere von Rudolfo. Ihr Blick wanderte zu Winters’ Nachricht. Das Mädchen hatte ihre Armee versammelt und marschierte zum päpstlichen Sommerpalast, als Reaktion auf die Vögel mit den Notrufen, die vor zwei Tagen die Benannten Lande überschwemmt hatten. Aus dem Süden schickten auch Pylos und Turam Soldaten nach Norden. Wenn Jin das Gelände richtig im Kopf hatte, würde die junge Königin den Palast heute gegen Abend erreichen. Die anderen Armeen würden
dagegen um Tage zurückfallen, weil sie vom unfreundlichen Wetter verlangsamt wurden.
    Sie erinnerte sich vage daran, dass Rudolfo eine kleine Einheit von Zigeunerspähern für die ummauerte Bergfestung abgestellt hatte, bis kurz vor Wintereinbruch eine Handvoll überlebender Grauer Gardisten diese Aufgabe übernommen hatte.
    Es war eine angemessene Strategie gewesen: Die Waldbewohner hatten zu Hause alle Hände voll zu tun, und die Graue Garde war tüchtig. Niemand hätte die jetzige Entwicklung vorhersehen können.
    Ihr Blick bewegte sich nun weiter zu Rudolfos Nachricht, und sie las sie noch einmal rasch durch. Unter den beiläufigen Formulierungen einer persönlichen Nachricht an sie lag die Geheimschrift eines kompetenten, aber besorgten Generals. Hole Aedric und seine Gefährten zurück, hieß es in der Nachricht . Schick ihn mit der Streunenden Armee nach Westen, um unseren Bundschaften Genüge zu tun.
    Jin Li Tam stand vor einer schweren Entscheidung. Rudolfo wusste nichts von Neb und Isaak. Und sosehr sie den Jungen auch schätzte – besonders, nachdem sie auch ein wenig über seine stille Romanze mit der Sumpfkönigin Winters erfahren hatte –, wusste sie, dass ihr die Entscheidung nicht so schwerfallen würde, wenn nur der Junge betroffen wäre.
    Jin Li Tam hatte mit angesehen, wie ihr Vater die Kinder, die er liebte, für etwas opferte, das er für größer und wichtiger gehalten hatte. Sie wusste, dass sie Neb opfern konnte, obwohl es ihr das Herz brechen würde.
    Isaak war derjenige, den sie nicht aufgeben konnte, und das aus Gründen, die nur ihr und Rudolfo bekannt waren. In ihren ersten Tagen mit dem Zigeunerkönig, in der Nacht, als sie aus dem päpstlichen Sommerpalast und vor Resoluts Wachen geflohen waren, hatte ihr Isaak verraten, dass er immer noch Xhum Y’Zirs Bannspruch in sich trug, tief in seinen Gedächtnisregistern
vergraben. Das bedeutete, dass die gefährlichste Waffe der Welt aus unbekannten Gründen durch die Ödlande floh. Und das konnte sie nicht zulassen.
    Sie blickte von den Nachrichten auf und rieb sich die Augen. »Wie habt Ihr Euch während des Krieges geschlagen?«
    »Meine Einheit hat drei entrolusische Bataillone und zwei Einheiten von Waldläufern aus Pylos aufgerieben«, sagte er. Jin betrachtete den Schal, der um seine linke Schulter geknotet war – er kennzeichnete nicht nur seinen Rang, die in vielen Farben darin eingewobenen Fäden zeigten auch seine zahlreichen Erfolge auf dem Schlachtfeld an –, und hörte den Stolz in seiner Stimme.
    Dann also zu einer offenen Frage in offenen Zeiten , dachte sie. Sie blickte ihm in die Augen. »Werdet Ihr die Streunende Armee unter meiner Anweisung führen, oder wäre das für Euch … schwierig ?«
    Er wurde blass, und Jin bemerkte das jähe Unbehagen auf Philemus’ Gesicht. »Sollte nicht der Erste Hauptmann Aedric …«
    »Aedric«, sagte sie, »hat eine andere Aufgabe zu erledigen.« Außerhalb des Zimmers hörte sie das Rascheln der Diener, während die Siebte Waldresidenz erwachte und sich regte. »Wenn wir hier fertig sind, schickt mir den Vogelpfleger. Ich werde sowohl Aedric als auch Rudolfo benachrichtigen.«
    Als der Name seines Herrn und Generals fiel, sah sie, wie sich Entschlossenheit auf Philemus’ Gesicht ausbreitete. »Ich fühle mich geehrt, meiner Königin zu dienen.«
    Jin nickte. »Gut.« Sie hielt einen Augenblick inne und experimentierte im Kopf mit ihren nächsten Worten, ehe sie sie aussprach. Als sie sie sagte, waren sie ernst und klar: »Versammelt die Streunende Armee in den Steppen des Westens. Wir reiten in zwei Tagen in die Sumpflande.«
    »Es wird vier Tage dauern, bis wir ihre südlichen Grenzen erreichen. Sieben zum päpstlichen Sommerpalast,

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