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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Federn, die über das Papier flogen. »Ein Mechoservitor könnte die Zahlen für die Schlösser ausrechnen.«
    Renard lachte leise. »Wozu braucht ein Mechoservitor Essen und Kleidung?«
    Das war eine gute Frage. »Wie viele dieser Geheimlager gibt es?«
    »Mindestens ein Dutzend«, sagte Renard. »Sie sind strategisch verteilt, alle hinter Schloss und Felsen.«

    Neb nickte, und in ihm keimte ein Verdacht auf. Er hätte wetten mögen, dass auch die anderen Lager, falls sie eines davon finden sollten, ausgeplündert waren. Er dachte an den Metallmann, den Isaak nun verfolgte. Er war vorsätzlich in die Ödlande geflohen und hatte sich bewegt, als habe er ein konkretes Ziel vor Augen. Zu schnell für einen Menschen, aber nicht zu schnell für seine eigene Art.
    »Es war zu viel Material in der Höhle, als dass ein einzelner Mechoservitor es hätte wegbringen können«, stellte Renard fest. »Es hätte Jahre gedauert, dieses Lager zu leeren.«
    »Dann hatte er Hilfe«, erwiderte Neb. Schon begann sein Verstand zu spekulieren, aber er konnte keine befriedigende Erklärung finden.
    Renard streckte die Fackel weiter nach vorne, wodurch sich die Schatten in dem Metall-Fußabdruck vertieften. »Er hätte dafür alle Hilfe gebraucht, die er bekommen konnte.« Er erhob sich. »Dennoch waren hier ausreichend Vorräte eingelagert, um mehrere Expeditionen zu versorgen. Was könnte ein Mechoservitor mit Nahrung und Werkzeugen anfangen?«
    Aber Neb war inzwischen nicht mehr so sicher, ob die Vorräte entfernt worden waren, um sich ihrer zu bedienen. Ein anderer Gedanke gärte unter der Oberfläche, und er sprach ihn mit leiser Stimme aus: »Vielleicht hat er die Vorräte gar nicht gebraucht. Vielleicht ging es nur darum, dass wir sie nicht bekommen.«
    Aber nicht nur wir , erkannte er. Die Androfranziner oder wer auch immer sonst noch durch die Ödlande streifen mochte, waren von diesen geheimen Lagern abhängig, um an diesem feindlichen Ort überleben – und arbeiten – zu können.
    Doch für den Augenblick gab es keine Antwort und auch sonst nichts, was hier in Rufellos Höhle für sie von Nutzen gewesen wäre.
    Aber irgendwo vor ihnen, mit einem Vorsprung von ein oder zwei Tagen, vermutete Neb die Antwort – sie rannte durch die
zertrümmerte Landschaft, mit pfeifenden Dampfventilen und pumpenden Metallbeinen.
    »Wir sollten weiterlaufen«, sagte er zu Renard. »Wir müssen Zeit aufholen.«
    Renard lächelte, und einen Augenblick lang erkannte Neb im tanzenden Licht der erlöschenden Fackeln einen Hauch von der Wildheit des Bundwolfs in den Augen und dem Lächeln des Mannes.
    »Dann lass uns laufen«, sagte Renard.
    Und das taten sie.
    Vlad Li Tam
    Er verlor jegliches Gefühl, nur die Qualen blieben ihm erhalten, heiß und weiß glühend. Er war sich nicht einmal mehr seines Namens sicher, bis sie ihn damit ansprach.
    »Vlad«, sagte Ria. »Du hast deine Augen geschlossen.«
    Sie beugte sich mit ihrem Messer über ihn, und er zuckte zusammen. Die Worte, die aus ihm herausbrachen, waren ein verstümmeltes Kreischen, Rotz und Speichel spritzten über Vlad Li Tams von Tränen durchnässten Bart.
    Lächelnd zog sie sich zurück. »Es macht nichts. Für den Augenblick sind wir fertig.« Ria blickte über das Geländer, und nun, da sie ihr Messer gesenkt hatte, wandte er sich endlich ab; er konnte es nicht ertragen. Doch Rias Stimme war voller Stolz: »Heute waren es acht, Vlad.«
    Ihre Opfer wurden immer jünger. Die letzten waren nur knapp über zwanzig gewesen.
    Tam spürte, wie ein Heulen aus ihm hervorbrechen wollte, aber ein Teil von ihm behauptete sich dagegen und rang es nieder. »Auch die Kinder?«, krächzte er mit zitternder Stimme.

    Sie lachte. »Nein, Vlad. Hältst du uns für Ungeheuer? Diejenigen, die noch nicht im mündigen oder urteilsfähigen Alter sind, werden das Zeichen des Hauses Y’Zir auf dieselbe Weise empfangen, wie wir es alle getan haben.« Sie öffnete das Oberteil ihres Kleides und zeigte ihm ihre Brust. Über ihrem Herzen sah er die Schnitte, und er erkannte sie wie aus einer fernen Erinnerung an ein Leben vor dieser Insel, vor diesem Raum, vor diesem Blutlösen.
    Ich bin deine Bundheilerin , hallte ihre Stimme durch seine Erinnerung.
    »Auch du wirst das Zeichen empfangen, ehe es vorüber ist«, sprach Ria weiter, dann beugte sie sich herab und küsste ihn auf die Wange. »Lieber Vlad, wir werden den Kindern die Schnitte beibringen und sie dann fortschicken.«
    Er richtete seine Augen auf sie, und

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