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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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falsche Papst später benutzt hatte, um seinem Leben ein Ende zu setzen. Diese Kanonen waren viel größer, Rudolfo hatte sie nur auf Tams Eiserner Armada und Merriques Bundhai gesehen.
    Aber wer hatte sonst noch welche?
    Weitere Explosionen hallten über das schaumgekrönte morgendliche Meer. »Es ist ein Hinterhalt«, sagte Rafe Merrique ungläubig.
    Rudolfo kniff die Augen zusammen. Er konnte die Schiffe gerade noch erkennen, während die Bundhai vorsichtig näher heranfuhr. »Wie ist ein Hinterhalt auf offenem Meer möglich? « Aber noch während er es sagte, erkannte er die Antwort. Sie waren nicht das einzige magifizierte Schiff. Mindestens zwei weitere griffen Vlad Li Tams Eiserne Armada an, magifiziert und mit Teilen des sogenannten androfranzinischen Lichts bewaffnet.
    Er hörte, wie Rafe plötzlich keuchte. »Sie werden geentert.« Dann wurde seine Stimme lauter. »Bringt uns langsam heran; haltet uns verborgen und außer Reichweite.« Er gab Rudolfo das Fernglas zurück.
    Jetzt konnte er erkennen, wie unsichtbare Klingen durch die bewaffneten Männer in Safranroben an Bord des Tam-Schiffes fuhren. Er sah, wie sie in Gruppen von drei oder vier versuchten, auch nur einen der Angreifer zur Strecke zu bringen, und plötzlich fand er sich in seine eigene Banketthalle zurückversetzt, in seiner Nase der Geruch von Blut und Schweiß und in
seinen Ohren Rufe und Schreie, während der Wirbelsturm der Attentäter durch sie hindurchfegte, um Hanric und Ansylus zu töten.
    Er beobachtete, wie die Decks geräumt und Kinder von unsichtbaren Soldaten zusammengetrieben wurden. Dieser Anblick störte etwas in ihm auf, und Jakobs Gesicht blitzte vor seinem inneren Auge auf. Er verabscheute Tam, und doch erinnerte er sich auch an die Tränen, die sein Schwiegervater an jenem Tag vor dem Scheiterhaufen vergossen hatte, nachdem Rudolfo ihn mit dem Mord an seinem Bruder und seinen Eltern konfrontiert hatte. Rudolfo hatte ihm an jenem Tag gesagt, dass er, sollte er jemals ein Kind haben, es nicht wie eine Figur auf einem Spielbrett einsetzen würde. Und dennoch zweifelte er nicht daran, dass auch Tam seine Kinder auf irgendeine Weise liebte – selbst jene, die er so bereitwillig im Dienste seiner strategischen Absichten geopfert hatte.
    Und nun beobachtete Rudolfo, wie die jüngsten jener Kinder – wohl eher Enkelkinder oder Urenkel, nahm er an – auf dem Vorderdeck zusammengetrieben wurden, zur Schau gestellt, damit die anderen sie sahen.
    Eine Stimme donnerte über das Wasser hinweg. »Ergebt Euch«, rief sie und verstummte wieder. Keine Drohungen, nichts. Doch allein die Kraft der Worte ließ Rudolfo selbst in zehn Meilen Entfernung die Haare zu Berge stehen.
    Er blickte sich schnell um und sah zwei weitere Schiffe, auf denen Kinder dicht gedrängt auf den oberen Decks standen, ihre Gesichter von Entsetzen und Blut gezeichnet.
    »Wir müssen etwas tun«, sagte er.
    »Wir tun bereits etwas«, antwortete Rafe Merrique. »Beobachten und Abwarten. Wir sind ein Holzschiff, Rudolfo, und wir können die Situation noch nicht einschätzen.«
    Rudolfo reichte Merrique das Fernglas zurück. »Ich glaube nicht, dass wir lange warten müssen«, sagte er mit leiser Stimme.
    Und das mussten sie auch nicht. Zwei der Schiffe versuchten, aus dem Kreis auszubrechen, und wurden sofort beschossen. Inzwischen waren sie nahe genug herangekommen, dass Rudolfo in den Lichtblitzen und Rauchfahnen die undeutlichen Umrisse eines der großen, magifizierten Wasserfahrzeuge erkennen konnte, die die kreisenden Tam-Schiffe umzingelt hatten, und auch den tiefen Graben konnte er sehen, der im Wasser durch die Verdrängung des unsichtbaren Gefährts entstand.
    Sie waren zu weit entfernt, um es mit Sicherheit sagen zu können, aber aufgrund der Größe schien es Rudolfo, als könnte das angreifende Schiff ein weiteres von Tams Eiserner Armada sein.
    Die Erkenntnis traf ihn wie ein Hammerschlag. »Sie sind gespalten worden«, sagte er.
    Und noch während er es aussprach, sah er, wie die Flaggen auf allen Schiffen außer dem Flaggschiff eingeholt wurden. Ihre Maschinen wurden langsamer, und die Reste von Vlad Li Tams Eiserner Armada verstreuten sich in lockerer Formation, das Flaggschiff vorneweg. Als Rafe ihm das Fernglas zurückgab, suchte Rudolfo das Meer ab und erkannte, dass die Langboote inzwischen fort waren, eingeholt während der Kämpfe. Männer und Frauen in losen Leinenkleidern standen auf den Decks aufgereiht und wurden von Unsichtbaren bewacht.

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