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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Vater wäre durch eine List gefangenen genommen worden und dass sie Verwundete an Bord hätten.«
    Ihr Mann sah sich das Flaggschiff an, dann reichte er ihr das Fernglas wieder. »Ich traue der Sache nicht«, sagte er.
    Rae nickte langsam. »Ich auch nicht. Weiteres Vorgehen?«
    Sie wusste, dass er als Kriegspriester besser darin war, Taktiken und Strategien für den Landkrieg auszuarbeiten, aber Baryk war auch ein fähiger Seemann und hatte sieben Monate Zeit gehabt, sich mit allem vertraut zu machen, was die Schiffe ihres Vaters leisten konnten. »Hol die Wind der Morgendämmerung und die Seele von Amal näher heran. Postiere die übrigen um die beiden langsameren Schiffe herum, vorne und achtern, backbord und steuerbord.« Er sah ihr in die Augen, und in seinem Blick stand Besorgnis. »Bleib bei halber Geschwindigkeit und schlage einen weiten Bogen; wir können ein Langboot schicken, um ihre Behauptungen zu überprüfen.«
    Rae nickte. Es war ein vernünftiger Vorschlag. Sie erteilte die Befehle und hob dann wieder das Fernglas. Das Flaggschiff hatte angehalten, und seine Ankerleinen waren ausgebracht, dennoch beschlich Rae Li Tam eine dunkle Vorahnung. Das Schiff, das als verschollen gegolten hatte, lag nun vor Anker, und sie dachte unwillkürlich über die Mitteilung nach.
    Vater ist durch eine List in Gefangenschaft geraten. Gerade Vlad Li
Tam war der Letzte, den man auf irgendeine Art überlisten konnte. Der Gedanke, dass er sich in irgendjemandes Netz verstrickt hatte, ergab eigentlich keinen Sinn für sie.
    Außer …
    Sie schluckte die Angst hinunter, die sich plötzlich mit dem Geschmack von Eisen in ihrem Mund ausbreitete. Sie hatten die Benannten Lande eilig verlassen. Ihr Vater hatte sein Netzwerk aufgelöst, alle Familienmitglieder bis auf seine zweiundvierzigste Tochter auf die Eisenschiffe geholt und war aus den Benannten Landen geflohen, um nach jemandem zu suchen. Sie hatten nicht offen darüber gesprochen, aber Rae Li Tam trug seit einer Weile den Verdacht mit sich herum, dass ihre Familie bei ihrem Werk, einen geplanten, sorgsam vorbereiteten Wandel in der Neuen Welt herbeizuführen, in Gefahr geraten war. Weshalb sonst sollten sie mit der gesamten Familie fliehen? Ihr Vater hätte seine Schiffe sicherlich auch auf die Suche nach diesem vermeintlichen, unsichtbaren Feind schicken können, ohne sein ganzes Haus mitzunehmen.
    Darüber hinaus bestärkte die Nachricht von heute eindeutig ihre Ansicht, dass ihr Vater fortgelockt worden war, er und sein Spinnennetz aus Kindern und Kindeskindern, um irgendeinem düsteren Zweck zu dienen. Sie hatten inzwischen seit Monaten keinen Kontakt mehr mit den Benannten Landen gehabt, und Rae fragte sich, ob nicht auch das Teil einer größeren Strategie war. Vielleicht diente es mehr als einem Zweck, das Haus Li Tam aus den Benannten Landen zu entfernen. Es sonderte sie von ihren Verbündeten ab und sorgte dafür, dass sie allein und weit von der Heimat waren; den Benannten Landen fehlten damit die Augen und Ohren und, noch schlimmer, der strategische Einfluss ihres Vaters.
    In der Abwesenheit von Licht , hatte P’Andro Whym in seinem zwölften Evangelium erklärt, geh langsam und gemessenen Schrittes in die wartende Finsternis.

    Ja , dachte sie. Sie würde langsam vorgehen, mit offenen Augen und Ohren.
    Mit einem weiteren finsteren Blick auf das wartende Flaggschiff reichte Rae Li Tam ihrem Mann das Fernglas. Sie drehte sich um und blickte nach Norden auf die Benannten Lande. »Wir haben uns zu lange still verhalten«, sagte sie tonlos. Dann, lauter: »Schick den Vogelpfleger in meine Kajüte.«
    Er nickte, und Rae verließ das Lotsenhaus. Sie hatte viel zu tun. Als Erstes eine Nachricht an ihre Schwester und deren Verlobten in die Neun Wälder. Dann eine verschlüsselte Mitteilung an denjenigen, der auf dem Flaggschiff ihres Vaters das Kommando innehatte.
    Und danach würde sie eine Entscheidung treffen müssen.
    Sie blickte noch einmal zu dem Schiff, das dort vor Anker lag, und fragte sich abermals, wo es so plötzlich herkam, nachdem es so lange verschollen gewesen war.
    Rudolfo
    Die Pulver hinterließen einen bitteren Geschmack in seinem Mund, als Rudolfo sich Rafe Merrique am Steuer der Bundhai anschloss. Den Großteil seines Lebens hatte Rudolfo die Magifizienten eingesetzt, um seine Männer, aber nicht sich selbst zu verbergen. Für einen Adligen war es unangemessen, anders zu verfahren. Doch im letzten Jahr hatte er die Magifizienten immer öfter

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