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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Haut noch weiter erblassen ließ. Ihr blondes Haar floss in einem langen Zopf unter dem Helm hervor, und sie hatte eine Hand auf den Schwertknauf gelegt. Um sie herum standen ihre Waldläufer und hielten sich bereit, die wachsamen Augen auf die Zigeunerspäher gerichtet, die sich in einem lockeren Kreis aufgestellt hatten.
    Turams General saß neben ihr. Er trug einen stählernen Brustharnisch und einen Umhang von tiefem Purpur, hielt seinen Helm unter dem Arm und beugte sich gerade hinüber, um Meirov etwas zuzuflüstern. Die Königin nickte, und ihr Blick fiel auf Winters. Hass strahlte aus ihren Augen, so unverhohlen, dass Winters zusammenzuckte und sich abwenden musste. Ihr Magen schmerzte, und ein plötzlicher Drang zur Flucht stieg in ihr auf. Sie riskierte einen weiteren Blick, aber Meirovs Augen bohrten sich nur noch tiefer in sie, und die Art, wie sie die Mundpartie verkniff, wie ihre Fingerknöchel auf dem Schwertgriff und an den Zügeln hervortraten, sprach eine deutliche Sprache.
    Sie würde mich niedermetzeln, wenn sie es könnte.

    Winters blinzelte und blickte wieder zur Seite.
    Als sie näher heranritten, sprach Jin Li Tam. »Ich grüße Euch, Pylos und Turam.«
    Meirovs Stimme war kühl. »Edle Dame Tam, unsere Verhandlungen und unsere Bundschaft betreffen die Neun Häuser der Neun Wälder.«
    Winters beobachtete, wie Jin Li Tam die Haltung und den Tonfall der Frau studierte. »Die Neun Häuser der Neun Wälder halten Bundschaft mit der Sumpfkönigin.« Und abermals bewegten sich ihre Hände. Ihr Kummer ist stark; bleibt still.
    Winters verschob ihr Gewicht im Sattel. Ja , antwortete sie. Das werde ich.
    Meirovs Blick verengte sich. »Ihr führt also Rudolfos Streunende Armee gegen uns ins Feld, um diese Wilden zu schützen? Solltet Ihr nicht zu Hause sein und Euch um Euren Sohn kümmern? «
    Die Worte trafen, aber sie sagten mehr als nur das Offensichtliche. Hinter diesen Worten verborgen las Winters noch weitere Botschaften. Meirov sprach von Rudolfos Armee – eine unauffällige Art, Jin Li Tam wissen zu lassen, dass sie ihre Autorität nicht anerkannte. Und es gab noch eine weitere Botschaft – eine, die Winters erstarren ließ. Ihr Blick wanderte zurück zu Jin Li Tam, um in ihrem Gesicht nach einem Anzeichen dafür Ausschau zu halten, dass auch sie es verstanden hatte. Dein Sohn lebt und meiner nicht.
    Jin Li Tam neigte den Kopf. »König Rudolfo ist von dieser Maßnahme unterrichtet und entbietet gemeinsam mit mir unser tiefstes Beileid für Euren Verlust, edle Dame Meirov. Es ist eine schreckliche Tragödie, die auch mir als Mutter das Herz bricht.« Sie wandte sich an den turamitischen General. »Und wir bedauern auch Euren Verlust. Wir alle haben durch die Gewalt jener Nacht etwas verloren – auch Königin Winteria, der durch jene eisernen Klingen ihr Verwalter Hanric genommen wurde.
Die Neun Wälder sind verpflichtet, dem Sumpfvolk dabei zu helfen, die Mörder ausfindig zu machen und sich um diese Angelegenheit zu kümmern.«
    Meirovs Gesicht verzog sich zu einer dunklen Fratze. »Eure Beileidsbekundungen sind mir eine schlechte Währung, edle Dame Tam. Wenn Ihr dabei helfen möchtet, Gerechtigkeit zu üben, dann kehrt entweder mit Eurer Armee um und geht nach Hause, um Euch um Euren Sohn zu kümmern, oder ehrt Eure Bundschaft mit uns Übrigen, indem Ihr Euch uns anschließt.« Ihr Blick wanderte wieder zu Winters, und diesmal ertrug sie ihn und versuchte, den Hass über sich ergehen zu lassen. Die Königin von Pylos fuhr fort, ohne ihr Starren zu unterbrechen. »Die Sümpfler haben uns seit den Tagen der Besiedlung Schwierigkeiten bereitet; nun sind sie zu weit gegangen. Ihr Gebrabbel und ihre Barbarei, ihre dauernden Überfälle auf die Grenzstädte« – an dieser Stelle rümpfte sie die Nase –, »sogar ihr Geruch hat die Benannten Lande zu lange beschmutzt.«
    Beachtet sie nicht , sagten Jin Li Tams Hände, aber Winters spürte, wie sich Tränen in ihren Augen sammelten. Sie zwang sich dazu, nicht zu weinen. Wenn sie weinte, würde sie Schwäche zeigen. Stattdessen lauschte sie der Ruhe, die in Jin Li Tams Stimme lag, und wünschte sich, sie möge sie so eng umfangen wie Jakobs Decke. »Zu Eurer schwierigen Vergangenheit mit dem Sumpfvolk kann ich nichts sagen, aber Königin Winteria ist entschlossen, diese Bedrohung auszumerzen. Ihre Armee durchkämmt bereits die Sumpflande, um die Resurgenten zu finden und Gerechtigkeit zu üben. Sie kommt gerade vom Begräbnis der toten

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