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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Stolz erkennen und nicht nur Pflichterfüllung, doch Petronus fragte sich, ob das nicht mit der Zeit verfliegen würde, sobald sie sich an ihre neuen Ämter gewöhnt hatten und die praktische Seite der Aufgaben, die im Delta vor ihnen lagen, die Oberhand gewann.
    Esarov war der Einzige im Raum, der sich erhob, als Petronus eintrat. Er trug Grau, wie es sich für einen Anwalt geziemte, und sein langes Haar war zusammengebunden und gepudert. Seine Brille glitzerte in den Sonnenstrahlen, die durch die Glasfenster weit oben in den Raum fielen, und er nickte Petronus einmal zu, sein Lächeln unmerklich, aber zuversichtlich.

    Abgesehen von diesen Leuten und einer Handvoll weiterer, die über die Beobachtungsbalkone und die Kammer für die Zuschauer verteilt waren, war der riesige Raum leer. An jeder Tür standen Wachen.
    Petronus zwang sich, seine Schultern zu straffen, dann begab er sich zu dem leeren Stuhl neben seinem Anwalt. Als Erlund den Hammer fallen ließ, setzten sie sich gemeinsam.
    Ignatio ergriff das Wort. »Der Rat der Statthalter der Vereinigten Stadtstaaten des Entrolusischen Deltas wird ersucht, in seiner rechtlichen Zuständigkeit zur Anklage von Petronus zusammenzutreten, dem ehemaligen Heiligen Stuhl des Androfranziner-Ordens und König von Windwir. Er ist vor Euch des Mordes und der Verschwörung zum Mord in Form der ungesetzmäßigen Hinrichtung des edlen Herrn Sethbert angeklagt, des ehemaligen Aufsehers der Entrolusischen Stadtstaaten.«
    Einer der von Erlund berufenen Statthalter gab, unterstützt durch einen von Esarovs neu gewählten Statthaltern, das Zeichen zur Eröffnung der Sitzung. Alle Übrigen stimmten mit »ja«, und anschließend blickte Ignatio Petronus lächelnd an.
    »Nach Ansicht des Anklägers hat Petronus in seiner Befugnis als Papst am vierten Anbar, während eines geschlossenen Rates der Bischöfe, der in den Neun Wäldern abgehalten wurde, Sethbert ohne zeitlichen Aufschub und ohne die Absegnung durch einen Prozess, wie er von der Ersten und Zweiten Zusammenkunft der Siedler des Entrolusischen Deltas gefordert wird, hingerichtet. Weiterhin postuliert der Ankläger, dass Petronus, in Zusammenarbeit mit König Rudolfo von den Neun Häusern der Neun Wälder, den ehemaligen Aufseher Folterungen und Nötigung, die durch das entrolusische Recht untersagt sind, unterworfen und seine strafrechtliche Verfolgung ohne Beachtung der allgemeinen Gesetze und zivilisierten Vernunft durchgeführt hat.«
    Erlund gähnte wegen der Emotionslosigkeit des Vortrags und
blickte sich im Raum um. Petronus folgte seinem Blick. Schließlich führte Erlund das Verfahren fort. »Der Rat wird nun die Verteidigung des Angeklagten hören, ehe er einen Termin für die Verhandlung festsetzt.«
    Esarov erhob sich und Petronus mit ihm. »Der Anwalt lässt seinem Klienten den Vortritt und stellt ihn hiermit dem Rat vor.«
    Erlund nickte. »Fahrt fort.«
    Petronus blickte die elf Männer vor sich an und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. »Ich entscheide mich gegen eine Verteidigung«, sagte er mit lauter, deutlicher Stimme, »und erbringe stattdessen eine Umstandserklärung.«
    Der Aufseher runzelte die Stirn; Ignatios Gesichtsausdruck war nicht zu deuten. Die Mienen der Statthalter hinter ihnen gaben ein gemischtes Bild ab, obwohl Desinteresse vorzuherrschen schien. Natürlich ergab das in Petronus’ Augen einen gewissen Sinn. Ihr eigener Aufseher war an diesem Prozess nicht interessiert gewesen; sie hatten einen Staat wiederaufzubauen, einen, dem Veränderungen bevorstanden, die weitaus dringlicher waren. Ein System, das Erlund und seiner Familie für Generationen dienlich gewesen war, drohte nun unter einer Welle der Demokratie zusammenzubrechen, die sogar Petronus nachdenklich stimmte. »Gebt Eure Erklärung ab«, sagte der Aufseher.
    Petronus suchte wieder Blickkontakt zu ihm. Dann betrachtete er den Raum und versuchte, jedem der vor ihm sitzenden Statthalter in die Augen zu sehen. »Was die Umstände von Sethberts Hinrichtung anbetrifft, erklären wir, dass es ein Prozedere der Androfranziner war, das, in Übereinstimmung mit den ursprünglichen Artikeln der Bundschaft von uns als Heiligem Stuhl und Monarch von Windwir, nach der Bestätigung der Schuld des Angeklagten durch seine eigene Aussage und ohne Nötigung durchgeführt wurde. Als solches wurde es auch eingebracht, bezeugt und aufgezeichnet. Wir erkennen die Deutungshoheit des entrolusischen Rechts in dieser Angelegenheit nicht an, und

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