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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Li Tam zu den Kampfgeräuschen von draußen.
    Als er sich wieder hochkämpfte, verloren seine Füße abermals den Halt, und er sackte in sich zusammen, sein Körper bebend vor Anstrengung.
    Dann sprangen die Türen auf, und ein Wirbelsturm der Gewalt fegte über die Beobachtungsterrasse.
    Vlad Li Tam spürte Hände auf sich und hörte eine Stimme in sein Ohr flüstern: »Ich trage dich, Vater.«
    Er wurde hochgehoben, in starken, sicheren Armen gewiegt wie ein Kind, und er merkte, wie er zu weinen begann. Krämpfe
der Trauer und Erleichterung durchströmten ihn und schüttelten seinen Körper in heftigen Schluchzern, während er sich an den Hals eines Sohnes klammerte, den er nicht einmal mehr erkannte. Einst, vor diesem Ort, hatte er all seine Kinder an ihrer Stimme, ihrem Geruch, dem Klang ihrer sich nähernden Schritte erkannt. Aber inzwischen war alles, was er roch, Blut, und alles, was er hörte, waren die letzten Verse seiner sterbenden Kinder, die ihm in den Ohren klangen.
    Er wurde sich undeutlich der Kämpfe um sie herum bewusst und bemerkte, dass Rudolfo in seiner Nähe blieb, wobei er Ria wie einen Schild vor sich hielt und seine Zunge am Gaumen klicken ließ. Sie erkämpften sich einen Weg die Stufen hinab und in den Gang, den er während seiner ersten Tage an diesem Ort so sorgfältig abgemessen hatte. Er hörte das Flüstern und Kratzen der Klingen, die um ihn herum wirbelten.
    Zweimal stürzte sein Sohn und ließ Vlad auf den Boden fallen, deckte ihn aber währenddessen mit dem eigenen Körper. Jedes Mal hob der Mann Vlad zurück auf seine Arme, um ihn schließlich wie einen Sack Orangen über die Schulter zu werfen, so dass er sich besser auf den Beinen halten konnte, während er gleichzeitig eine Klinge in der Linken führte.
    Sie kämpften sich ihren Weg zum Erdgeschoss frei und brachen nach draußen in die warme Nacht. Die Eisenschiffe bauten bereits Dampf auf, und einer der Schoner versank im Hafen. Das zweite Holzschiff brannte, trieb aber noch über das Wasser, und eine Schar von unmagifizierten Männern kämpfte auf dem Fallreep und auf dem Pier. Vlad konnte das Flaggschiff nicht sehen, glaubte aber das Krachen seiner Kanone zu hören.
    Auf dem Weg hinab zu den Anlegestellen schlug ihnen eine Woge aus unsichtbarer Gewalt entgegen. Die Soldaten dort hatten abgewartet und genug Zeit gehabt, sich vorzubereiten. Vlad spürte den kraftvollen Ansturm, hörte die gedämpften Geräusche des Angriffs, sah aber nichts. Trotzdem prallte er zurück, als
die Wand auf den Sohn traf, der ihn trug, und ihn zu Boden warf. Brennender Schmerz erfasste ihn, als der salzige Sand in seinen offenen Schnitten scheuerte, und er schrie auf, obwohl er es unterdrücken wollte.
    Unsichtbare Stiefel traten nach ihm und seinem Sohn, und er hörte das Knirschen brechender Knochen.
    Dann folgte ein Schrei, als weitere seiner Kinder über den Angreifer herfielen und ihn unter ihren Klingen niederrangen.
    Starke Hände hoben ihn auf, und ein weiterer seiner Söhne sagte: »Ich trage dich, Vater.«
    Sie drangen weiter vor und kamen am Fuße der Treppen an. Die Piere erstreckten sich vor ihnen, und die magifizierten Soldaten, die dort kämpften, wirbelten Staub und Sand auf.
    Ein weiteres Mal wurden sie zurückgestoßen, und Vlad Li Tam schlug wieder auf den Boden. Diesmal wurden sogar Rudolfo und die Frau niedergerungen, die er als Geisel festhielt. Vlad konnte nicht sehen, was als Nächstes geschah, aber er hörte Rudolfo aufkeuchen, als die Luft aus seiner Lunge wich. Um sie herum kämpften Stiefel und nackte Füße um festen Halt, und die Vorhut des Hauses Li Tam bahnte sich einen Weg durch die Soldaten der Resurgenten.
    »Steht auf, alter Mann«, flüsterte ihm Rudolfo ins Ohr, schwer atmend vor Anstrengung. »Ich kann Euch nicht tragen und gleichzeitig diese Wildkatze halten.«
    Vlad Li Tam rollte sich auf Hände und Knie und versuchte, sich aufzurichten. Weitere starke Hände hoben ihn hoch, und er sah, dass sie nicht magifiziert waren. Die Nachhut – mit den Waffen gerüstet, die sie hatten aufstöbern können – stürmte nun hinter ihnen her, gefolgt von den jüngeren Kindern in weißen Roben, blutverschmiert von dem Zeichen, das sie unter Zwang empfangen hatten.
    Ein leises Pfeifen drang an seine Ohren. Dann hörte er, wie Rudolfo es erwiderte. Er spürte eine weitere Brise zu seiner Linken
und hörte das vertraute Zungenschnalzen eines laufenden Spähers.
    Vlad Li Tam schloss einen Augenblick die Augen, da er sich

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