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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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den Drang, zu weinen und aufzuschluchzen. Dann war das Licht mit einem Mal fort, und Hände griffen nach ihm, zogen ihn zurück an die Oberfläche. Hände, die er nicht sehen konnte.
    Er sträubte sich, befreite sich davon und verstärkte mit einem Arm abermals seinen Griff um Mal Li Tam, während die andere Hand seine lockeren Gewänder durchwühlte. Mal Li Tam kämpfte und trat mit neu gewonnener Energie um sich.
    Es muss hier sein .
    Die Hände packten ihn wieder, als seine Finger gerade den Einband des Buches streiften, das in eine geheime Tasche eingenäht war. Er schüttelte sie noch einmal ab und ließ alle Luft aus seinen Lungen entweichen, um nach unten sinken zu können. Endlich fand er das dünne Büchlein und riss es just in dem Augenblick heraus, als ihn die unsichtbaren Hände ein letztes Mal packten und zur Oberfläche zogen.
    Mal Li Tam verschwand um sich schlagend im tiefen Wasser unter ihm und kam langsam außer Sicht, während Vlad sich der Oberfläche näherte.

    »Hör auf, dich gegen mich zur Wehr zu setzen, Vater«, flüsterte Rae Li Tam. Er hörte, dass ihr Stimme traurig war, wusste aber nicht, weshalb. Und wann hatte sie sich magifiziert?
    »Gut«, sagte er. Hinter ihnen fuhr das Flaggschiff unter Rias Kommando dampfend aus dem Hafen. Fünf seiner Eisenschiffe und die beiden Schoner waren gekentert und trieben brennend in den Wogen, bis sie sanken. Auf den Piers wartete seine Familie, während die übrigen Schiffe sich langsam näherten.
    Das dünne Büchlein fest an seine Brust gepresst, überließ sich Vlad Li Tam den starken Händen seiner Tochter.
    Neb
    Als die Sonne in schrecklicher Herrlichkeit aufging und die Landschaft in die Farbe von Blut tauchte, stand Neb mit dem Metallmann auf der letzten Erhebung und blickte hinab auf die verstreut herumliegenden zersplitterten Gebeine einer Stadt.
    »Wir sind angekommen«, sagte der Mechoservitor.
    Neb musterte die stille, unbewegliche Landschaft. »Welche Stadt war das?«
    »Port Charis, der Geburtsort des P’Andro Whym.«
    Neb nickte. Er streckte sich nach ihrem langen Lauf, und die Verzückung des Liedes pulsierte noch durch seine Schläfen.
    »Meine Brüder werden sich freuen, dich zu sehen, Nebios Heimatsucher. Wir alle haben deine Ankunft im Traum gesehen.« Der Metallmann setzte sich mit lockeren Schritten in Bewegung, marschierte den Abhang hinab und in die Ruinen hinein. Neb folgte ihm.
    Sie gingen tiefer in die Stadt hinein, bis sie am Fuß eines riesigen Turmes mit einer eingestürzten Kuppel ankamen. In den Fuß des Turms waren gewaltige Doppeltüren mit einem Dutzend
Rufelloschlössern eingelassen. Neb beobachtete, wie die Finger des Metallmanns sich mit flinker Genauigkeit über die Schlösser bewegten, und er versuchte, die Reihe von Zahlen und Zeichen zu erkennen, mit der sie sich klickend öffneten und die Türen nach innen schwingen ließen.
    Der Metallmann betrat den weitläufigen, einladenden Raum und blieb stehen. Seine Schultern begannen zu zittern, und sein Metallkörper wurde wild geschüttelt, während seine Augen hektisch auf- und zuklappten. Der Mechoservitor blickte Neb an: »Ich fürchte, ich bin nicht richtig funktionstüchtig.«
    Dann begann auch die Mundklappe zu zittern, und das Schütteln wurde schlimmer. Plötzlich platzte seine Stimme heraus, hoch und dünn in diesem dunklen, leeren Raum. »Mein Name ist Charles«, sagte der Metallmann. »Ich bin der Erzmaschinist der mechanischen Studien des Androfranziner-Ordens in Windwir. Ich bringe eine dringende Nachricht für den Verborgenen Papst Petronus. Die Bibliothek ist durch Verrat gefallen. Sanctorum Lux muss beschützt werden. «
    Er verstummte wieder, dann blickte er zu Neb auf. »Meine Betriebsregister wurden sowohl von Vater Charles als auch von seinem Lehrling stark verändert.«
    »Das ist die Nachricht, die du am Hütertor verkündet hast.«
    »Es ist die Nachricht, die Vater Charles mir während meiner Zeit der Gefangenschaft im Delta eingeprägt hat.«
    Vater Charles? Dieser Namen war Neb geläufig. Es war der Mann, der die Mechoservitoren mit Hilfe der wenigen Überreste von Rufellos Buch der Baupläne hinter den Schleiern der Vergangenheit hervorgeholt und die mechanischen Wunderwerke reproduziert hatte. »Charles hat Windwir überlebt?«
    »Er hat meine Betriebs- und Gedächtnisregister in dem Glauben verändert, Papst Petronus wäre noch am Leben. Vor ihm hat sein Lehrling den Gehorsam außer Betrieb gesetzt, den ich dem Traum entgegenbringe. Die

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