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Lobgesang

Titel: Lobgesang
Autoren: Ken Scholes
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sich nur um Minuten handeln konnte.
    Etwas fiel ins Feuer, die Flammen sprühten Funken und erloschen, und es wurde dunkel in der Stube. Das Handgemenge ging weiter, dann war es unvermittelt zu Ende.
    Petronus hörte Krabbeln und leises Flüstern. Er glaubte, die Worte »beide tot« zu hören.
    Dann vernahm er wieder die neue Stimme, diesmal ganz in seiner Nähe: »Wo ist Euer Büttel?«
    Petronus blinzelte, weil er nicht sicher war, ob man wirklich ihn angesprochen hatte, bis die Stimme noch einmal fragte, diesmal lauter. »Im dritten Haus hinter dem Gasthof«, sagte er schließlich. Seine Stimme zitterte, als er sprach.

    »Balthus, borg dir in aller Stille ein paar Fesseln von diesem guten Mann.«
    Sie haben ihn lebend gefangen. »Ich habe ein Seil im Bootshaus«, schlug Petronus vor.
    »Seile halten ihn nicht. Nicht, bis die Magifizienten ausbrennen. Und ich weiß nicht, wie lange das Kallazain ihn außer Gefecht setzen wird.« Die Vertrautheit der Stimme ließ Petronus keine Ruhe. Er hatte sie vor langer Zeit gehört, aber auch in jüngerer Vergangenheit. Er versuchte, seine Erinnerungen mit dem zu verknüpfen, was seine Retter preisgegeben hatten: Sie waren magifiziert, und sie kannten sich mit Arzneien aus. Sie waren zu sechst, doch zwei von ihnen waren nun tot. Und er kannte ihren Anführer irgendwoher.
    »Zeigt mir Euren Arm«, sagte die Stimme.
    Ein Funke glühte auf, und eine Laterne fing an zu leuchten. Die Stube war ein Wust aus Papieren, zerbrochenem Glas und Geschirr und umgeworfenen Möbeln. Die Eingangstür lag auf dem Boden, und die drei Fenster waren eingeschlagen.
    Petronus streckte den Arm aus, wobei der Schnitt schmerzhaft stach. »Es ist nicht schlimm«, sagte er. Er spürte, wie vorsichtige Finger den blutigen Ärmel zurückrollten, und öffnete den Mund, um zu fragen, wer genau sein Retter war, als die Wahrheit ihm ins Gesicht schlug wie der Schwanz einer zappelnden Forelle. Grymlis.
    Petronus merkte gar nicht, dass er es laut ausgesprochen hatte, bis er den alten Soldaten brummen hörte. »Ja, Vater.«
    Er spricht mich noch immer mit meinem Titel an. Beim letzten Mal, als er den Hauptmann der Grauen Garde gesehen hatte, hatte er ihn und seine Soldaten fortgeschickt. Die neue Bibliothek wurde von Rudolfos Zigeunerspähern beschützt, und die verstreuten Überbleibsel der Armee der Androfranziner hatten in dem neuen Weltgefüge keine Aufgabe mehr.
    Einst, vor Jahren, war Grymlis jener Hauptmann gewesen, der
einen von Petronus’ finstersten Befehlen ausgeführt hatte. Die Sümpfler hatten das Schutzgebiet des Ordens verletzt und eine Karawane überfallen; Petronus hatte die Graue Garde hinauf in ihre Länder geschickt, um zur Vergeltung eines ihrer Dörfer niederzubrennen. Sie hatten die Toten unbegraben liegen gelassen, womit sie ihrer Botschaft noch eine schwere Demütigung hinzugefügt hatten, und dann hatte der junge Papst dem erfahrenen Hauptmann befohlen, ihm das Dorf zu zeigen, damit er zur Gänze verstand, was er getan hatte.
    Nicht lange danach hatte Petronus den Orden verlassen, und Grymlis hatte von da an Introspekt gedient und eine Zeitlang auch Sethberts Marionettenpapst Resolut.
    »Das letzte Mal, als ich Euch gesehen habe«, sagte Petronus, »habt Ihr Eure Uniform in den Neun Wäldern vergraben.«
    Grymlis lachte leise. »Jawohl, Vater.« Er säuberte und verband in der Zwischenzeit die Wunde, sein Gesicht nahe genug, dass Petronus die vagen Umrisse im Laternenlicht erkennen konnte.
    Eine Frage nagte an ihm. Ein Dutzend Fragen vielmehr, aber er schob sie beiseite und ordnete sie, so gut er konnte. »Woher habt Ihr gewusst, dass Ihr heute Nacht hier sein müsst?«
    »Ich habe zwei Männer in Caldusbucht abgestellt, die sich in Schichten abwechseln, seit der Woche, in der Ihr aus dem Wald zurückgekommen seid«, sagte Grymlis.
    Ununterbrochen magifiziert , dachte Petronus. Im Eingang wurde ein Klappern laut, und leise Schritte ertönten, als Balthus mit einer Kette zurückkehrte. »Kettet ihn im Bootshaus an«, sagte Grymlis, »und knebelt ihn.« Der alte Soldat legte noch einen Verband um Petronus’ Arm, dann stand er auf. »Wenn ihr fertig seid, ladet Marco und Tyrn auf das Boot und deckt sie zu. Wir werden sie in der Bucht bestatten.«
    Petronus öffnete den Mund, um zu widersprechen, aber Grymlis musste es gesehen haben. »Es gibt keine Verwandten, denen wir sie übergeben könnten. Ihre Verwandten waren in
Windwir.« Er schwieg kurz. »Und es ist besser, wenn uns niemand
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