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Lobgesang

Titel: Lobgesang
Autoren: Ken Scholes
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zusammen.
    »Vielleicht«, erwiderte Petronus, »werden wir mehr erfahren, wenn unser Gast aufwacht.«
    »In der Zwischenzeit solltet Ihr packen«, sagte Grymlis. »Wir haben einen neuen Ort für Eure Arbeit ausgekundschaftet.«
    Er weiß von meiner Arbeit. Aber natürlich , erkannte Petronus, schließlich hat er mich die ganze Zeit über beobachten lassen. Er öffnete den Mund, um zu widersprechen, und schloss ihn dann wieder. Grymlis und seine Männer hatten ihm heute Nacht das Leben gerettet. Bestenfalls wäre er inzwischen tot, wenn sie nicht gewesen wären. Schlimmstenfalls wäre sein Angreifer gerade dabei, mit großer Sorgfalt sein Versprechen weiterer Schmerzen wahr zu machen.
    Er streckte eine bebende Hand aus, fand Grymlis’ Schulter und drückte sie. »Ich bin froh, dass Ihr mir nicht gehorcht habt, als ich Euch und Eure Männer fortgeschickt habe.«
    Er konnte Grymlis’ gezwungenes Lachen hören. »Ich habe Euch gehorcht, Vater. Ich habe Euch gehorcht, bis Ihr Euren Ring und den Talar abgelegt habt. Danach habe ich mir selbst gehorcht.«

    Petronus pries seine eigene Fehlbarkeit und machte sich ohne Widerspruch daran, seine Habseligkeiten zusammenzupacken, um eine weitere Reise anzutreten, für die er eigentlich zu alt war.
    Neb
    Neb nahm zwei Stufen auf einmal, während sich die zusammengelaufene Menge vor ihm und dem von ihm geführten Halbtrupp teilte. Die Ereignisse der Nacht hatten ihn erschüttert, und die Angst lauerte noch immer in seinem Bauch. Seit dem Tag von Windwirs Fall hatte er schon etliche Trupps mit magifizierten Spähern gesehen, war sogar mit ihnen gelaufen, aber so etwas hatte er noch nie erlebt. Dies war eine andere Art von Magie, etwas Altes und Gefährliches. Etwas, das Männer weit über das hinausführte, was die aus Erde gemahlenen Pulver der Flussfrau leisten konnten.
    Blutmagie. Er hatte Geschichten über die Hexenkönige und die Verträge gelesen, die sie an finsteren Orten aushandelten, über die Gunst, die sie sich mit Blut erkauften. Zweimal hatte er es inzwischen gesehen. Seine erste Begegnung mit Blutmagie suchte ihn nach wie vor in Alpträumen heim, trug ihn zurück zu jenem Grat über Windwir, wo er Zeuge geworden war, als der letzte Bannspruch des letzten Hexers die Stadt vor seinen Augen verzehrte. Mit größter Sorgfalt und in absoluter Abgeschiedenheit von Xhum Y’Zir gefertigt, um den Mord an seinen sieben Söhnen zu rächen, hatten die Sieben kakophonischen Tode Windwir dem Erdboden gleichgemacht und an seiner Stelle – ebenso wie in Nebs Seele – eine vollkommene Verheerung hinterlassen.
    Nun hatte er zum zweiten Mal gesehen, wie Blutmagie wirkte.
    Diesmal war das Ausmaß natürlich viel kleiner gewesen, und
er hatte die Sümpfler Seite an Seite mit Rudolfos Zigeunerspähern kämpfen gesehen. Beide waren hervorragende Krieger, und doch war es einer kleinen Gruppe von Attentätern mit den Blutmagifizienten gelungen, ins Herz der Neun Wälder einzudringen und Hanric und den Kronprinzen von Turam in einer Halle voll bewaffneter Männer zu töten. Und jene hervorragenden Streitkräfte hatten sie mit Müh und Not zurückgeschlagen – aber nicht, ehe die Attentäter ihr Werk vollendet hatten.
    Er rannte die Gänge entlang, bis er die Unterkünfte der Dienerschaft in der Nähe der Gemächer erreichte, die Rudolfos Hausverwalter, Kember, dem Ehrengast Hanric zugewiesen hatte. Zwei Zigeunerspäher bewachten die Tür. »Sind dort drinnen die Diener des Sumpfkönigs?«, fragte Neb.
    Einer der Wächter nickte. »Ja. Wir haben ihnen nichts gesagt. «
    Neb schluckte. »Gut.« Ich will das nicht tun , durchfuhr es ihn, während er die schwere, geschlossene Tür anstarrte. Wie sollte er dem Mädchen, das er liebte, sagen, dass der Mann, den sie als väterlichen Freund ansah, tot war?
    Hinter seinen Augenlidern blitzte Hanrics Gesicht auf, und plötzlich hörte er wieder den amelodischen Singsang, den der riesige Sümpfler angestimmt hatte, während die Angreifer in die Halle einfielen. Er spürte einen Klumpen im Hals und wusste, dass ihm Tränen aus den Augen kullern würden, wenn er sich nicht zusammenriss. Du bist ein Offizier der Neun Häuser der Neun Wälder , ermahnte er sich. Du bist ein Mann.
    Er legte eine Hand auf den Türknauf und warf einen Blick auf die Männer des Halbtrupps, der ihn begleitete. »Wartet hier.«
    Neb öffnete die Tür, schlüpfte hinein und schloss sie hinter sich. Das Zimmer roch nach feuchter Erde, und er sah die Sümpfler im Wohnbereich
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