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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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finanzieren. Diese eine Bitte hatte ihn nicht überrascht, aber diejenige, die die Kinder betraf, schon.
    Ich bin ein Waisensammler. Tams Kinder und Kindeskinder, die nun das Zeichen des Hauses Y’Zir trugen, würden in den Neun Wäldern eine neue Heimat finden, und es wäre nicht gut, dort irgendwelche Bauwerke zu haben, die sie an ihre Gefangenschaft erinnern könnten. Deswegen hatte Rudolfo nach dem Treffen seinen Vogelpfleger gerufen und Befehle in die Neun Wälder geschickt. Kein Stein sollte mehr auf dem anderen stehen, und kein Schnittermesser sollte nicht eingeschmolzen und zu etwas umgeschmiedet sein, das keinen Schaden anrichten konnte.
    Der Foltertrakt würde abgerissen und seine Steine der Bibliothek hinzugefügt werden. Vielleicht in einem Flügel, den er nach seinem Vater benannte.
    Natürlich gab es noch die anderen Waisen.
    Er hatte Winters nicht erkannt, als er ihr Jakob abgenommen hatte. Der ganze Schmutz und Dreck hatten ein hübsches Mädchen verborgen, das gerade zur Frau wurde. Sie würde sich ihnen nun anschließen und auf die andere Waise, Neb, warten, bis er aus den Mahlenden Ödlanden zu ihr zurückkehrte.
    Und dann war da noch Isaak. Wenn dieser Ort nicht sein Metallherz brechen würde, hätte Rudolfo sich gewünscht, er wäre nun hier und könnte ihm etwas über die Bibliothek erzählen, die sie errichteten, und über das Licht, das sie retteten.
    Rudolfo hörte hinter sich ein leises Pfeifen und erkannte es sofort. Er wandte sich um und sah Jin Li Tam näher kommen.
Der Wind wurde stärker und fing sich im leichten Pulverschnee, der noch nicht festgefroren war und ihr um die Beine wirbelte.
    »Wie geht es ihm?«, fragte sie, während sie dicht an sie herantrat.
    »Ich glaube, er schläft«, sagte Rudolfo. Er legte ihr seinen Sohn in die wartenden Arme und bemerkte, wie tief sie seufzte, als sie ihn an sich drückte.
    Sie wandten sich um, und Rudolfo erkannte plötzlich, wo sie waren, erkannte die kleinen schneebedeckten Haufen wieder, den Anblick der Hügel im Osten und Süden. Er trat ein paar Schritte vor und stellte sich an den Rand des Kraters, um den Geistern zu lauschen, die ihm dort zuflüsterten.
    Jin Li Tam stellte sich neben ihn, um hinabzublicken. »Hier stand die Große Bibliothek«, sagte sie.
    Er nickte. »Hier habe ich Isaak gefunden.« Er hielt inne, drehte und wendete in Gedanken eine noch schmerzvollere Erinnerung. »Hier habe ich auch Gregoric in der Nacht hergebracht, in der er gestorben ist.«
    Er erinnerte sich daran, was die Franziner darüber sagten – dass ein Verlust mit dem anderen verbunden war, und er wusste, dass es stimmte. Er konnte den Finger auf den Verlust von Hanric legen und ihn zurückverfolgen zu dem von Gregoric. Von Gregoric führte ihn sein Weg weiter zurück – über die Verheerung von Windwir, einer unergründlichen Schlucht des Verlustes – zum Tod seiner Mutter und seines Vaters und zu dem des älteren Zwillings, der die Neun Wälder geerbt hätte, hätte nicht jemand den Fluss umgeleitet.
    Ich hätte den Mann töten können, der dafür verantwortlich war, und habe ihn stattdessen gerettet.
    Und doch beunruhigte ihn das nicht. Es war der richtige Weg, und er konnte ihn nicht in Frage stellen. Und in Wahrheit, obwohl er den Schmerz verabscheute, den sie mit sich brachten,
wusste er, dass die Taten seines Schwiegervaters genauso viel Leben wie Tod bewirkt hatten.
    In den Schatten der Verheerung hatte er eine vortreffliche Frau gefunden, und auf der Mitte seines Weges hatte er nun einen Sohn bekommen, den er zu einem starken und gerechten König erziehen konnte.
    Er wandte sich zu ihnen und sah die Messer, die Jin Li Tam trug. Er lachte und strich mit dem Daumen über einen der Messergriffe. »Du hast sie gefunden, wie ich sehe.«
    Jin blickte an sich hinab und wurde rot. »Ja. Sie waren in deinem Schreibtisch. Ich … ich mochte das Gefühl, wie sie in meinen Händen liegen.«
    Rudolfo lächelte. »Sie haben meiner Mutter gehört«, sagte er. »Mein Vater ließ sie als Hochzeitsgeschenk für sie anfertigen. Ich hatte vor, sie für dich polieren und schärfen zu lassen.«
    »Messer als Hochzeitsgeschenk?«, fragte Jin.
    Rudolfo zuckte die Schultern. »Es sind gute Klingen.«
    Sie lachte und beugte sich dicht an ihn heran. Er schlang einen Arm um sie. »Ich könnte mir bessere Geschenke vorstellen«, erwiderte Jin. »Aber es sind tatsächlich gute Klingen.«
    Dann standen sie schweigend da und blickten in die Nacht hinaus. Am Morgen würden

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