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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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erspart.
    »Vielleicht werde ich mich ihnen anschließen«, sagte Vlad Li Tam.
    Rae Li Tam lächelte. »Du bist womöglich zu beschäftigt damit, der Bundschaft Genüge zu tun.« Sie klopfte auf ihren Beutel. »In der Zwischenzeit muss ich mich um einige Arzneien kümmern, die zur Neige gehen, und eine Reihe von Pflanzenproben einsammeln. «

    Er nickte. »Halte die Augen nach Kallapflanzen offen«, sagte er.
    »Das werde ich, Vater.« Sie neigte den Kopf, und sobald er die Geste erwidert hatte, ging sie langsam den Strand hinauf, am Anfang des Pfades vorbei und westwärts entlang der Küste weiter.
    Vlad Li Tam seufzte und streckte sich, dann wandte er sich dem nächsten eintreffenden Langboot zu, das ebenfalls voller Kinder war. Dahinter kamen weitere, die den Beitrag der Tam zum Fest transportierten. Ein Großteil des Vormittags würde verstreichen, bis die erste Schicht seiner Familie an Land gegangen war. Sie würden es langsam angehen lassen und dem Stamm des Tagesvaters Zeit geben, sich an die blasshäutigen Reisenden aus dem Nordosten zu gewöhnen. Schon am nächsten Tag wären die Tam dem Stamm auf dieser Insel an Zahl überlegen, und sie wussten alle, dass sie diese Tatsache herunterspielen mussten, indem sie sich abseits hielten und ihre große Anzahl über die Insel verstreuten. Außerdem würden sie in den nächsten vierzehn Tagen viele Geschenke überreichen, und es würde weitere Verbindungen zwischen seinen Söhnen und Töchtern und dem Volk des Tagesvaters geben. Diese waren für die Bundschaft nicht zwingend erforderlich, würden aber die Bande noch verstärken. Und zu keinem Zeitpunkt würde die Anwesenheit der Tam hier zu Gewalt oder Zwang ausarten.
    Einschüchterung hatte durchaus ihren Wert, aber sie war nicht immer förderlich, wenn man auf der Suche nach geheimen Hinweisen war.
    Ein Lichtblitz am Rand seines Gesichtsfelds erregte seine Aufmerksamkeit, und er blickte zum Bug ihres Flaggschiffs, der Glücklichen Brise . Er las die zweite Hälfte der verschlüsselten Botschaft und wartete, bis sie wiederholt wurde. Dann entschlüsselte er schnell die in Geheimsprache übermittelten Worte und Zahlen.

    Das Schiff seines ersten Sohnes, die Seele des Sturms , hatte vier Tage südlich etwas gefunden. Etwas, das offenbar seine Aufmerksamkeit erforderte.
    Er zog seinen Spiegel hervor und antwortete. Noch bevor er fertig war, sah er, wie ein Boot herabgelassen wurde, und beobachtete seinen ersten Enkel, der zu den Rudern griff. Er kam allein, sein langes, rotes Haar wehte hinter ihm im Wind.
    Er wird einen würdigen Nachfolger abgeben. Irgendwann würde der Mantel auf seinen ersten Sohn übergehen, und wenn sein erster Sohn bereit war, ihn niederzulegen, würde Mal Li Tam ihn an sich nehmen. Er hatte seine jungen Jahre in der Waisenschule von Windwir verbracht und somit die beste Ausbildung bekommen, die die Welt zu bieten hatte. Introspekt hatte das im ersten Jahr seines Papsttums für Vlad arrangiert, nicht lange nachdem Vlad Petronus geholfen hatte, unter dem Deckmantel der Täuschung aus der Stadt und aus dem Orden zu flüchten. Zu jenem Zeitpunkt hatte Vlad Li Tam nicht geahnt, dass sein eigener Vater diese Räder in Bewegung gesetzt hatte, noch bevor er das Haus Li Tam vor beinahe zwei Jahrzehnten an Vlad übergeben hatte.
    Mal Li Tam war mit einem Intellekt und einer Gerissenheit ausgestattet, die an Vlads Vater heranreichten, und er hatte auf leisen Sohlen seine Spuren in den Benannten Landen hinterlassen: Während er seinem Großvater und seinem Vater bei den Geschäften des Hauses zur Hand ging, hatte er etwa ein Dutzend unwahrscheinlicher Bündnisse herbeigeführt und halb so viele aufgelöst – einige davon hatten bis in die Tage der Besiedlung zurückgereicht. Benannt nach einem Piraten, der seinem Vater das Leben gerettet hatte, war Mal Li Tam der schärfste Pfeil im Köcher des Hauses Li Tam.
    Was wirst du erben, wenn meine Arbeit getan ist? Es war schwer zu sagen. Die Zeit war ein Faktor, mit dem Vlad Li Tam gut umzugehen verstand. Die Gebote des T’Erys Whym, auf die sein
Haus sich gründete, besagten, dass mit ausreichend Zeit und Druck selbst ein Fluss so umgelenkt werden konnte, als geschehe es von allein, ohne eine lenkende Absicht dahinter. Aber die Zeit war genauso Gegner wie Verbündeter. Er war jetzt zweiundsiebzig Jahre alt und maß die Tiefe inzwischen in Spannen, nicht mehr in Meilen. Er hatte das Haus Li Tam aufgegeben, hatte den Großteil seiner gewaltigen Ländereien und

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