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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Soldaten ihre Schwerter zurückzugeben.
    Und nun lag sie in den Geburtswehen, und etwas stimmte nicht mit dem Kind.
    Unserem Kind.

    Er hatte angenommen, die neue Bibliothek wäre das Größte, was er je erschaffen würde, aber nun erkannte er, dass er sich getäuscht haben musste. Es war vielmehr dieses Kind.
    Stundenlang saß er da und hielt ihre Hand, massierte mit den Fingern Botschaften in ihre Haut und flüsterte ihr zu, während sie unter Schmerzen tobte und brüllte wie die Tiger, die durch die Dschungelgärten ihrer Heimat streiften. Er beobachtete, wie der Schmerz größer und die Wehen stärker wurden, und als es an der Zeit war, ermutigte er sie zusammen mit der Flussfrau zum Pressen, zum Atmen, zu immer weiterem Pressen, noch fester.
    Und als man den kleinen Prinz Jakob schlaff und grau aus ihr herauszog, sprang er auf, um seinen blutgesprenkelten Sohn zu sehen, und er spürte, wie das Zimmer sich um ihn drehte, während Machtlosigkeit und Zorn ihn überkamen.
    Als die Flussfrau bestürzt nach ihren Pulvern schrie und den winzigen, blaulippigen Mund mit ihrem kleinen Finger auswischte, drehte er sich zu seiner Verlobten um, verstellte ihr die Sicht und flüsterte ihr weitere Versprechungen zu, während die Erdenmutter seinen Sohn mit einem sanften Hauch ins Leben zurückholte und dieses Leben mit allen Magifizienten stärkte, die ihre Alchemistentasche hergab.
    Als ein erstes schwaches und würgendes Husten ertönte und ein erster, quäkender Schrei von Prinz Jakob, dem Hüter des Lichts, laut wurde, ausgestoßen um Mitternacht in seinem ersten Winter, sprang Rudolfo vor, um das winzige Gesicht und die Hände zu betrachten, an deren Schöpfung er beteiligt gewesen war.
    Also das , dachte Rudolfo, während die Flussfrau das Kind säuberte und es in die wartenden Arme der neuen Mutter legte, ist Liebe .
    Lachend ließ sich der Zigeunerkönig in seinen Stuhl fallen und weinte, von Angst und Freude ergriffen.

Kapitel 6
    Jin Li Tam
    Jin Li Tam trieb am Rande des Schlafes dahin und wachte nur auf, um Jakob zu stillen, wenn die Mädchen der Flussfrau ihn zu ihr brachten. Den Rest der Nacht hindurch war Rudolfo gekommen und gegangen, hatte sie aber zunächst verlassen, nachdem sie ihr Bett neu bezogen und ihr das Blut und den Schweiß der Geburt vom erschöpften Leib gewaschen hatten. Sie war gemeinsam mit den Spähern gelaufen, hatte sogar mit ihnen gekämpft, aber nichts hatte sie auf diese Strapaze vorbereitet, weder körperlich noch geistig. Und schließlich hatte die Begegnung mit demjenigen stattgefunden, der ihr so viel Ungemach bereitet hatte und diese Erinnerung trotzdem zu tief empfundener und erfüllender Freude verblassen ließ. Ein wahrhaft überwältigendes Erlebnis – und auch darauf war sie nicht vorbereitet gewesen.
    Sie legte Jakob an die Brust und bot ihm die Brustwarze an. Seine Augen waren noch geschlossen, und er war kleiner, als ein Neugeborenes ihrer Ansicht nach hätte sein sollen. Auch grauer war er, seine Haut hatte die Farbe von Papierasche. Er nahm ihre Brust, und sein Mund machte sich weniger eifrig daran zu schaffen, als sie erwartet hatte. Sie ließ sich in die Kissen zurücksinken, die sie im Bett aufrecht hielten. Draußen kündigte sich still der Morgen an.
    Es klopfte leise an der Tür, und sie ging auf, bevor Jin Li Tam
etwas sagen konnte. Die Flussfrau kam herein. Sie wirkte, als habe sie noch nicht geschlafen, dunkle Schatten lagen unter ihren rot umrandeten Augen. Aber es war nicht Erschöpfung allein – sie sah aus, als trage sie die Last der ganzen Welt auf ihren Schultern.
    Sie ist hier, um schlechte Nachrichten zu bringen. Jin Li Tam hatte ihr Leben damit verbracht, Menschen zu studieren, nach Anzeichen zu suchen, ob sie ehrlich waren oder logen oder versuchten, die Wahrheit zu verschleiern. Die Botschaft der Flussfrau spiegelte sich in ihrer Haltung wider, in der Art, wie sie den Kopf hielt, und der Weise, wie sie mit den Fingern unruhig an ihren Röcken zupfte.
    »Wie ich sehe, seid Ihr wieder wach«, sagte sie und kam an die Bettkante. »Darf ich mich zu Euch setzen?«
    Jin Li Tam nickte. »Gerne.« Sie rückte zur Seite, während sich die ältere Frau auf eine Ecke der Matratze setzte.
    Die Flussfrau blickte zu dem Mädchen, das noch im Zimmer war. »Würdest du uns ein paar Augenblicke alleine lassen?« Jin bemerkte die Anspannung in ihrer Stimme und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie das Mädchen einen Knicks machte und aus dem Zimmer eilte.
    Jin Li Tams

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