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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Brust, überrascht, wie schnell sie und ihr Sohn diesen
neuen Paartanz erlernt hatten. Als er ihre Brust wieder nahm, bemerkte sie, wie ihr Kummer sich in berechnende Neugierde verwandelte. »Und das bedeutet?«
    Die Flussfrau zog einen kleinen Beutel mit Pulvern aus ihrer Tasche. »Ich habe Euch das hier verabreicht«, sagte sie. »Ihr gebt es mit Eurer Milch an den edlen Herrn Jakob weiter. Es wird ihn am Leben halten, aber er wird kein starkes Kind sein.« Sie schwieg kurz. »Und Ihr werdet eine Amme brauchen, die sich die Stillarbeit mit Euch teilt.«
    Alles in Jin Li Tam sträubte sich, und eine Wut stieg in ihr auf, die sie nicht gleich deuten konnte. Angst? Panik? Langsam erkannte sie die Hintergründe und zwang sich dazu, sich mit dem Gefühl auseinanderzusetzen, bis seine Quelle offenlag.
    Ich bin nicht genug.
    Die Flussfrau musste es in ihrem Gesicht erkannt haben. »Die Magifizienten sind mächtig, edle Dame Tam, und sie werden Euch schaden, wenn Ihr nicht zulasst, dass sich andere diese Last mit Euch teilen.« Sie hielt inne, damit die Bedeutung ihrer Worte klar wurde. »Der Weg dieses Kindes wird schwer genug sein. Es sollte nicht auch noch um eine Mutter trauern müssen, die es nie kennengelernt hat.«
    Jin Li Tam hörte die Hoffnung, die hinter diesen Worten verborgen lag. Langsam blickte sie auf und sah der Flussfrau in die Augen. »Wir müssen jemanden suchen.«
    Die Flussfrau lächelte. »Das habe ich schon getan. Im Flüchtlingslager gibt es ein Mädchen, ihr Mann wurde bei den Kämpfen im Delta getötet, und die Mondschattenpocken haben ihr vor vier Nächten auch noch ihren kleinen Sohn genommen. Ich habe mich um das Kind gekümmert, aber es war zu spät.«
    Jin Li Tam musterte das Gesicht der alten Frau und versuchte ängstlich, die Hoffnung herauszulesen, die sie dort unbedingt finden wollte. »Und Ihr glaubt, dass ihn das gesund machen wird?«

    Der Schleier, der über die Augen der Flussfrau glitt, nahm ihre Worte vorweg. »Nein«, sagte sie, »das wird es nicht. Es wird ihn nur am Leben erhalten.« Dann runzelte sie die Stirn. »Ich kenne kein Heilmittel, edle Dame Tam, und letzten Endes werden sich auch diese Magifizienten gegen ihn wenden.« Sie lächelte matt, und Jin Li Tams Herz wurde schwer. »Aber es verschafft uns Zeit, um eine bessere Lösung zu suchen.«
    Das kleine Bündel in ihren Armen regte sich, und Jin Li Tam blickte auf das winzige Gesicht hinab: ein dünner Flaum von rötlichem Haar, ein zierliches Knöpfchen von einer Nase und fest geschlossene Augen, darunter der kleine Mund, der sich seine Nahrung von ihr holte. Sie schob die Hand unter die Decke, in die ihr neugeborener Sohn gewickelt war, und spürte die weiche, klamme Haut an seinem Nacken und Hinterkopf.
    Mein Vater hat meinen Sohn umgebracht , dachte sie, aber bevor sie den Gedanken weiterführen konnte, wurde ihr die Wahrheit bewusst. Sie hätte ablehnen können, sie hätte den Pfad verlassen können, für den sie ihr ganzes Leben lang vorbereitet worden war. Aber blinde Pflichterfüllung dem Haus Li Tam gegenüber hatte sie auf dem Pfad gehalten, der sie schließlich an diesen Punkt geführt hatte. Ich habe es selbst getan.
    Seit ihr Vater fort war, hatte Jin Li Tam viel und lange nachgedacht. Über all die Männer, die sie ins Bett geführt hatte, um dafür zu sorgen, dass die Benannten Lande dem Kurs folgten, den ihr Vater vorgesehen hatte. Über all die Männer, die sie mit demselben Ziel getötet hatte. Und ihr war klar geworden, dass sie ihr ganzes Leben im Dienste dieser Aufgabe verbracht hatte, bis sie Rudolfo begegnet war. Etwas im Blick des Zigeunerkönigs, in seinem selbstsicheren Auftreten und seinen bedachten Worten, hatte eine Leere ans Licht gezerrt, von der sie selbst nicht gewusst hatte, dass sie in ihr war. Und obwohl ihr Vater ihre Vereinigung mit Rudolfo jahrelang geplant hatte, obwohl er auch den Erben vorgesehen hatte, der ihre Häuser miteinander verbinden
würde, hatte Jin sich dem Herrn der Neun Häuser der Neun Wälder mit einer Selbstvergessenheit hingegeben, die nichts mit Vlad Li Tam und seinem Spinnennetz aus Manipulationen zu tun hatte. Sie hatte einen neuen Antrieb gefunden:
    Liebe.
    Vielleicht, dachte sie, hatte ihr Vater auch das vorgesehen. Wenn dem so war, dann fragte sie sich, ob ihm, wo immer er sich mit seiner Eisernen Armada befand, inzwischen bewusst war, dass ihre Liebe für Rudolfo gleichzeitig den Hass auf ihren Vater und sein finsteres Werk in der Neuen Welt erweckt

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