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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Bestandsaufnahme zurück.
    Ich bin deine Blutlöserin , hallte die Stimme des Mädchens über die Faust hinweg. Ich bin deine Bundheilerin.
    Wie passte sie in diese Gleichung? Und was waren das für Titel, die sie für sich beansprucht hatte? Sie war gewiss kein Mitglied seiner Familie, aber als sie von seinem Enkel gesprochen hatte, war ihre Stimme von Vertraulichkeit und Innigkeit durchdrungen gewesen. Er schob diese Erkenntnis für ein andermal beiseite und kämpfte wieder gegen die Seile. Knurrend und Wasser spritzend zerrte er an ihnen, aber sie gaben nicht nach, und er bezweifelte, dass sie jemals nachgeben würden. Irgendwie war ihm klar, dass alles, was ab nun geschah, mit genau der Sorgfalt und Präzision vonstattenging, für die das Haus Li Tam bekannt
war. Es würde keine Flucht geben. Er würde erdulden müssen, was immer ihn erwartete, und seine Aufgabe war es zu überleben, um zu verstehen, was wegen seiner Familie und ihrer Taten mit seiner Welt geschah. Vlad verschrieb sich diesem Ziel und schwor sich zu überleben, was immer dieses lachende Mädchen und sein erster Enkel mit ihm vorhatten, damit er aus diesem Irrgarten herausfinden konnte.
    »Wenn wir ankommen«, hatte sie gesagt, »beginnt unser Werk.«
    »Ja«, sagte Vlad Li Tam zu der Dunkelheit, die ihn umgab.
    »Ja«, glaubte er die Dunkelheit als Antwort flüstern zu hören.

Kapitel 9
    Rudolfo
    Der Schnee war zu kaltem Regen geworden, als Rudolfo und seine Späher nach Caldusbucht hineinritten. Das Dorf war in den Jahren, seit Rudolfo es zum letzten Mal besucht hatte, gewachsen, aber es war immer noch klein. Die Anlegestellen für die großen Schiffe lagen wegen des Winters beinahe verwaist da, nur an den kleineren Stegen dümpelten die Boote der ortsansässigen Fischer im Wasser. Ein Wust von größeren, zweistöckigen Holzgebäuden kennzeichnete das Zentrum des Ortes, um das sich die kleineren Häuser entlang der Küstenlinie und nach Norden ausbreiteten, wo sie mit dem Wald verschmolzen.
    Ihre Atemwolken hingen in der späten Abenddämmerung, während ihre Lungen und Münder sich mit dem schweren Geruch von brennendem Erlenholz füllten. Rudolfo stieß einen Pfiff aus, und seine Männer saßen ab. Ihre auf dem Kopfsteinpflaster laut knirschenden Absätze kündigten den Bewohnern ihre Ankunft an, während sie an bellenden Hunden und von Laternen erleuchteten Fenstern vorbeigingen.
    Eine müde aussehende Frau öffnete die Tür, um nach draußen zu spähen, und Rudolfo rief ihr etwas zu. »Gute Frau«, sagte er und tippte sich unter der Kapuze seines Regenumhangs an die
Kappe. »Könntet Ihr uns den Weg zum örtlichen Gasthaus weisen?«
    Die Frau streckte eine Hand aus. »Da entlang und an der Ratshalle links.«
    Rudolfo lächelte und nickte. »Danke.«
    Als sie am Gasthaus ankamen, warteten dort bereits zwei Jungen, tropfnass und mit Schlamm bespritzt, weil sie durch den Regen gerannt waren, um sich um ihre Pferde zu kümmern. Er reichte ihnen die Zügel und sah zu, wie seine Männer das Gleiche taten. Dann legte er seine behandschuhte Hand auf den Türgriff und betrat das Gasthaus. Die gedämpfte Unterhaltung drinnen verstummte, trübe Augen blickten von ihren Holzkrügen auf.
    Laternen erhellten einen einfachen, mit Holz getäfelten Raum, in dem es nach frischgebackenem Brot und Austerneintopf roch. Kleine Gruppen von Männern und Frauen saßen am Ausschank und an den Kieferntischen, die verstreut auf den abgenutzten Bodendielen standen. Sie musterten den im Eingang stehenden Rudolfo, der ihre gaffenden Blicke bewusst in Kauf nahm und vortrat. Seine Männer folgten ihm, und er ließ sie von Jaryk zu einem leeren Tisch führen, der groß genug war, dass sie alle daran Platz nehmen konnten. Rudolfo ging zum Ausschank, während er die abendliche Kundschaft begutachtete.
    Er zog eine Börse unter seinem Umhang hervor. In der Regel bevorzugte er Kreditbriefe, aber in den kleineren Ortschaften waren Münzen immer noch das übliche Zahlungsmittel fürs Tagesgeschäft. Rudolfo lächelte den großen Mann an, der hinter dem Tresen Gläser polierte. »Guten Abend«, sagte er. Er nahm seine Kapuze ab und spürte, wie ihm kaltes Wasser den Rücken hinablief, unter seinen Mantel und sein wollenes Hemd kroch. »Ich brauche etwas zu essen und Unterkunft für mich und meine Männer. Ein Gemeinschaftsraum wird ausreichen, wenn Ihr einen habt.«
    Der Gastwirt nickte, und sein Lächeln wurde breiter, als Rudolfo
eine Handvoll Münzen auf den Tresen aus Granit

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