Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
Vom Netzwerk:
ihnen besser damit gedient, Euer Vertrauen rasch durch Offenheit zu gewinnen. «
    Petronus seufzte und schob das Brot auf seinem Teller mit der Gabel hin und her. Er hatte keinen Appetit mehr. »Ich kann mir vorstellen, dass wir es früh genug erfahren.« Er schob den Stuhl vom Tisch zurück und erhob sich. »Wenn die Herren mich entschuldigen würden?«
    Nach ihrem Nicken verließ Petronus die Kombüse und kehrte in seine Kajüte zurück. Im Lauf der letzten Tage an Bord der Bundhai hatte Petronus von dem kleinen Bücherregal in seiner Kajüte Gebrauch gemacht. Er hatte sich durch Gervais’ Fünf Schauspiele aus der Frühen Besiedelung gearbeitet, hatte ein paar Brocken aus den Gedichten des Dichterpapstes Windwir gelesen,
des Namenspatrons der gefallenen Stadt, und war durch Enochs größtenteils apokryphe Geschichte der Hexenkönige gegangen, die mit dem Jahr des Fallenden Mondes und dem letzten Weinenden Zar, Frederico, begann, der sich in die Tochter eines Hexers verliebt und sich den Zorn von Raj Y’Zir zugezogen hatte. Die Bücher lagen geöffnet auf dem kleinen Tisch, aber nach der Unterhaltung am Frühstückstisch hatte er auch darauf keinen Appetit mehr.
    Stattdessen begab er sich zu dem Papierstapel und fing an, sich abermals durch den whymerischen Irrgarten zu winden und sich unterwegs Notizen zu machen.
    Vlad Li Tam
    Er erwachte in Wasser und Dunkelheit und öffnete den Mund, sog aber nur heiße Luft ein. Es war, als würde er durch eine Socke atmen, die in Urin gekocht worden war. Er würgte. Nichts kam hoch.
    Vlad Li Tam rollte von der Seite auf den Rücken, und langsam kehrte sein Bewusstsein zurück.
    Nachdem ich wie lange geschlafen habe? Nein, nicht geschlafen , erinnerte er sich. Betäubt . Der bittersüße Geschmack der Kallabeeren trocknete ihm den Mund aus, und unsichtbare Hämmer schlugen auf seinen Schädel ein. Er stöhnte und streckte sich.
    Inzwischen war er an Händen und Füßen gefesselt, und eine behelfsmäßige Augenbinde zerrte an seinen Ohren. Lauwarmes Wasser, etwa zwei Fingerbreit hoch, schwappte über seine nackte Haut, während das Schiff vor und zurück schaukelte. Er konnte die Vibrationen des Dampfantriebs nicht spüren, genauso wenig konnte er sie hören.
    Er schluckte und leckte sich über die trockenen, aufgesprungenen
Lippen. Seine Zunge fühlte sich dick und schwer im Mund an.
    Ich muss etwas sagen. Die Anstrengung ließ Lichtblitze hinter seinen Augen entstehen. »Ich bin Vlad Li Tam«, krächzte er. »Der erste Vater des Hauses Li Tam.« Er hustete. »Lasst mich frei.«
    Er hörte ein hohes Kichern und die Stimme einer jungen Frau, die in seinen Ohren sanft und beruhigend klang. Eine Falltür öffnete sich, und leichte Schritte planschten durchs Wasser. »Du verstehst es bereits«, sagte sie, »und doch wieder nicht.« Die Stimme wurde leiser. »Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du tatsächlich befreit werden. Und ich werde dir helfen, deinen Weg zu finden.«
    Vlad zitterte trotz der Hitze. »Wer seid Ihr? Wo ist mein erster Enkel?«
    »Ich bin deine Blutlöserin, Vlad Li Tam, und auch deine Bundheilerin. Und dein erster Enkel vollendet die Aufgabe, die ihm übertragen wurde.« Sie kicherte wieder. »Er wird schon bald zurückkehren und dir Geschenke bringen.«
    Er hörte, wie sie näher kam, und nun konnte er sie riechen. Es war ein Geruch des Dschungels, der Pflanzen, süß und stark. Er hörte das Rascheln von Stoff und spürte den Rand eines Bechers, der ihm an den trockenen Mund gedrückt wurde. »Trink das.«
    Anfangs sträubte er sich. Aber die Kühle der Flüssigkeit verführte seine Lippen, und er trank von dem Wasser, das sie ihm anbot. Er labte sich daran. »Wohin bringt Ihr mich?«
    Sie lachte wieder. »Das brauchst du nicht zu wissen«, sagte sie. »Noch nicht. Aber wenn wir ankommen, beginnt unser gemeinsames Werk.«
    Sie sprach mit einem seltsamen Akzent, den Vlad nicht einordnen konnte, obwohl er die meisten Akzente kannte. Er hörte wieder das Rascheln von Stoff, als sie sich erhob. »Wartet«, sagte er. » Verlasst mich nicht.«

    Als sie noch einmal etwas sagte, flüsterte sie, so leise und süß es nur ging: »Es kommt ein Tag, an dem du mich anflehen wirst, dich zu verlassen. Du wirst dich nach dieser Zeit der Ruhe sehnen, doch sie wird nicht wiederkommen.«
    Die Tür öffnete und schloss sich hinter ihr, und sie war fort.
    Vlad Li Tam lauschte, hörte aber nichts hinter der geschlossenen Tür. Innerhalb des Raumes vernahm er nur sein rasendes

Weitere Kostenlose Bücher