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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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ergeben, aber nicht für Petronus. Vlad Li Tam hatte sich in den Jahren, seit sie als Jungen gemeinsam jenen Sommer in Caldusbucht verbracht hatten, gewiss
verändert, aber Petronus glaubte ihm nach wie vor, was er an jenem Tag in der Siebten Waldresidenz des Zigeunerkönigs beteuert hatte.
    Rudolfo war Vlad Li Tams Werk, hatte er erklärt, genauso wie Petronus das Werk seines Vaters war. Petronus erinnerte sich an Tal Li Tam, auch wenn sie sich nur einmal begegnet waren, an eine hochgewachsene, mächtige Gestalt mit lohfarbener Mähne und großen, rauen Händen. Jene blauen Augen hatten eine Rücksichtslosigkeit ausgestrahlt, die den jungen Petronus hatte erschauern lassen, als er dem Vater seines Freundes die Hand geschüttelt hatte.
    Ein zweites Netzwerk, das innerhalb des Ordens und der ausgeklügelten Bundschaften der Benannten Lande operierte, um Windwir zu vernichten? Das war möglich, aber zu welchem Zweck?
    »Ich verfolge die Ereignisse nun seit Monaten«, bekannte Petronus mit leiser Stimme. »Sie scheinen manipuliert zu sein.« Aber ich zähle auch Eure sogenannte Revolution zu jenen Manipulationen , dachte er, sagte es aber nicht. Selbst in den Tagen der Jüngeren Götter hatte es keinen Fall gegeben, in dem Volkssouveränität nicht früher oder später wieder durch eine neue Hierarchie oder einen starken Führer im Mittelpunkt ersetzt worden war.
    »Und das Sumpfvolk wird gewalttätig«, sagte Esarov. Er schürzte die Lippen. »Auch das könnte manipuliert sein. Die Androfranziner werden immer weniger. Im Norden werden sie von Sümpflern angegriffen – zumindest jene, die sich nicht in den Wäldern des Zigeunerkönigs oder hinter den verschlossenen Toren des päpstlichen Sommerpalastes verstecken.« Der Blick des Revolutionärs verengte sich. »Und Rudolfo ist eine merkwürdige Erscheinung. Er ist offenbar der Einzige, der aus Windwirs Fall einen Vorteil gezogen hat. Und bei den letzten Angriffen blieb er auf wundersame Weise verschont.«
    Petronus spürte, wie ein Funken von Ärger in ihm aufstieg.
Oder war es das Gefühl, sich verteidigen zu müssen? »Ich bin derjenige, der ihm den Besitz überschrieben hat«, erklärte er. »Ich kann Euch mit Sicherheit sagen, dass Rudolfo nichts mit Windwir zu tun hat. Sethbert hat es getan, ob mit oder ohne Tams Beteiligung.«
    Aber natürlich waren die Tam beteiligt gewesen, bis hin zur Überschreibung der Konten und Ländereien des Ordens, die Petronus vorgenommen hatte, sosehr er es auch verabscheute, das zuzugeben.
    Und nun sind die Neun Wälder der einzige sichere Ort in der Neuen Welt.
    »Trotzdem«, sagte Esarov. »Es ist seltsam. Ich rieche das Werk des Hauses Li Tam dahinter.« Er stand nun neben dem Tisch und blickte in Petronus’ Richtung. »Und Ihr arbeitet Euch durch alles, als wäre es ein Rufelloschloss, und versucht, die Wahrheit zu entwirren.«
    Ja. Petronus sah nach unten und bemerkte, wie seine Beine nach und nach sichtbar wurden. Dann begegnete er Esarovs Blick, obwohl er bezweifelte, dass der Mann erkennen konnte, wie er ihn anstarrte. »Ich glaube, dass die Bedrohung von außerhalb der Benannten Lande kommt«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass die Papiere alle gefälscht waren, obwohl das auf einige Unterschriften sicher zutrifft. Ich glaube, dass die Unruhen in den Benannten Landen – und hier im Delta – das Werk jener Bedrohung von außen sind. Ich suche nur nach einem Beweis dafür.«
    Esarov lächelte. »Ihr könnt suchen, aber Ihr werdet nichts finden. Wir sind es selbst, die uns das alles antun. Aber es spielt keine Rolle. Wir haben mehr davon, wenn wir zusammenarbeiten. Und …« Seine Stimme verstummte.
    »Ja?«
    »Ich glaube, dass Ihr mir helfen könnt. Erlund hält eine wichtige Person fest. Einen Androfranziner.« Er wühlte in seiner Tasche und zog ein gefaltetes Blatt hervor. Er reichte es Petronus.
Darauf stand eine unverschlüsselte Botschaft in hastiger Handschrift gekritzelt:
    Ich bin der Erzmaschinist der Mechanischen Studien des Androfranziner-Ordens in Windwir. Ich überbringe eine dringende Nachricht für den Verborgenen Papst Petronus. Die Bibliothek ist durch Verrat gefallen. Sanctorum Lux muss beschützt werden.
    Petronus las die Botschaft langsam noch einmal. »Charles lebt.« Er hatte ihn dreißig Jahre lang nicht gesehen. Damals war der junge Mann frisch vom Akolythen zum Maschinisten befördert worden und hatte mit seiner Wiederherstellung der Automaten Rufellos die Aufmerksamkeit des Heiligen Stuhls auf sich

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