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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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angelangt.
    Als Baryk näher kam, waren ihre Beine schon wieder damit beschäftigt, auf dem feuchten, festen Sand auf und ab zu laufen. »Wir sind fast fertig. Noch zwei Fahrten, und wir haben alles.« Seine Stimme wurde leiser. »Lassen wir die Handelswaren zurück? «
    Rae Li Tam dachte darüber nach. »Ja«, sagte sie. »Wir geben sie auf. Aber verbreite die Nachricht, dass wir nach Süden aufbrechen. Und lass Vögel zurück, die in diese Richtung fliegen, mit Futter für sechs Monate.«
    Baryk nickte, dann wurde sein Gesicht weich. »Wie geht es dir?«
    Als Rae seine Sorge sah, zwang sie sich zu einem Lächeln. Er
war ein starker Gefährte, und sie war dankbar, dass ihr Vater mit der Verbindung einverstanden gewesen war. Es war eine vernünftige und zweckmäßige Vereinigung. »Es geht mir gut«, sagte sie. »Ich konzentriere mich auf das, was getan werden muss.« Aber unter ihren Worten lauerte Angst.
    »Wohin fahren wir?«
    Rae schüttelte den Kopf und bewegte die Hände dicht an ihrem Körper. Nicht hier. Nicht, bis wir auf See sind.
    Baryk verfolgte die Bewegungen, dann nickte er. »Ich verstehe. « Er schirmte seine Augen mit einer Hand vor der Sonne ab und blickte zu den Schiffen hinaus. »Ich fahre mit dieser Ladung zu den Schiffen«, sagte er. »Ich werde die Bewaffnung und die Wachschichten überprüfen.« Er wandte sich wieder zu ihr, sein Mund plötzlich grimmig. »Du glaubst also, die anderen sind verloren? «
    Sie schluckte die Angst hinunter, die sie überkam. »Ja. Ich glaube, wir sind an diesen Ort gelockt worden, und Vater hat es gerade herausgefunden. Ich glaube, das Meer war eine Falle.«
    Aus den Benannten Landen entfernt. Abgeschieden vom Rest der Welt. Weitab sogar, und das durch die eigene Sippe, dem einzigen Raubtier, das es mit Vlad Li Tam, dem Fürsten des Hauses Li Tam, aufnehmen konnte. Sie dachte an die Wölfe, die in den nördlichen Waldländern jagten, und schauderte trotz der tropischen Hitze, die ihre Haut zum Glühen brachte und schwer und heiß in ihrer Lunge brannte.
    Rette, was zu retten ist. Ihr wurde klar, dass Baryk etwas gesagt hatte, obwohl ihr seine Worte entgangen waren. »Entschuldige bitte.«
    »Ich habe gesagt, dass er ein gerissener alter Habicht ist. Vielleicht bedeutet die Nachricht auch, dass er in Sicherheit ist.«
    Aber etwas in ihrem Inneren sagte Rae Li Tam, dass sie darauf nicht hoffen durfte. Etwas flüsterte ihr zu, dass ihr Vater vielleicht tatsächlich noch am Leben war, aber ganz gewiss nicht in Sicherheit.
»Wir können es uns nicht leisten, davon auszugehen. Und das heißt, dass sich alles ändert. Keine Vögel mehr ohne meine Zustimmung. Ich will, dass die Ställe abgeschlossen und bewacht werden.«
    »Ich gebe es weiter«, sagte er. Dann beugte sich Baryk dicht an sie heran und küsste sie auf die Wange. »Ich sehe dich an Bord.«
    Er entfernte sich rasch und bat die beiden jungen Männer, die gerade ihr Boot hinausschieben wollten, auf ihn zu warten. Rae Li Tam beobachtete, wie er über die Bordkante stieg und sich auf einer der Bänke niederließ. Als er den Kopf in ihre Richtung neigte, erwiderte sie den respektvollen Gruß.
    Dann begann sie wieder auf und ab zu laufen, brüllte Befehle, deutete hierhin und dorthin, während ihr Verstand sich pausenlos im Kreis drehte.
    Die halbe Flotte war verschwunden, allerdings waren die Schiffe nicht voll besetzt gewesen, was bedeutete, dass die Unterkünfte auf den verbliebenen Schiffen überfüllt sein würden.
    Und ihre Geschwindigkeit verlangsamt.
    Aber wenn das Haus Li Tam bedroht war – von innerhalb des Hauses –, würde Geschwindigkeit sie nicht retten. Auf was es jetzt ankam, waren strategisches Vorgehen und Täuschungsmanöver, Gerissenheit und Tücke, all jene Fähigkeiten, die sie von ihrem Vater während der vierzig Jahre erlernt hatte, in denen sie ihm gedient hatte, bevor sie sich mit Baryk in ihrer Villa an der Äußeren Smaragdküste außerhalb des Stadtstaats P’Shaal Tov in den ruhigen Hafen der Ehe zurückgezogen hatte. Natürlich hatte sie auch während jener stilleren Jahre ihrem Vater gedient und des Öfteren ihre Talente als Arzneikundige eingesetzt. Die drei Jahre, in denen sie als männlicher Akolyth getarnt bei den Androfranzinern gelernt hatte, machten aus ihr nun, nachdem der Orden gefallen war, die führende Expertin in allen Belangen, die mit der Zubereitung von Pulvern zu tun hatten. Von Zeit zu Zeit hatte ihr
Vater diese Dienste in Anspruch genommen, und sie war seinen

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