Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Loch

Loch

Titel: Loch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Laymon
Vom Netzwerk:
nach Süden.«
    »Nach Süden?« Norman wäre lieber in ein anderes Sonnensystem geflohen. Die Polizei hatte einen langen Arm.
    »Nach Süden«, wiederholte Duke. »Verwinden in die Wildnis, wo wir uns verstecken können.«
    Norman blickte nach hinten auf die Straße. Er rechnete damit, dass jeden Moment Streifenwagen mit eingeschaltetem Blaulicht auftauchten.
    »Mach dir keinen Kopf«, sagte Duke. »Es liegen fünfhundert Kilometer zwischen uns und dem Motel. Du weißt, welches ich meine?«
    »Ja, ich weiß, welches.«
    »Das, wo Norman seine Unschuld verloren hat.«
    Boots grinste. »Vielleicht bringen sie eines Tages eine Gedenktafel an. ›Hier wurde Norman zum Mann.‹«
    »Oder sie benennen das Motel um«, mutmaßte Duke. »Normans erster Stich … oder wie wäre es damit? Zum Goldenen Schwanz?«
    Duke und Boots lachten.
    Norman stöhnte: »O mein Gott.«
    Dann nickte Duke zu einer unbefestigten Straße, die vom Highway abzweigte. »Da werden wir uns unser brandneues Gefährt besorgen.«
    Norman begann, den Plan zu begreifen. »Gott. Wir stehlen eines?«
    »Nein«, schnaubte Duke. »Wir halten an und steigen aus. Dann fallen wir auf die Knie und beten zu Gott dem Allmächtigen, dass er uns direkt aus dem Himmel einen heißen BMW liefert.«
    Boots und Duke brachen erneut in Gelächter aus, während Normans Herz sich in der dunklen Höhle seines Bauchs verkroch.
    Das Haus. Zwei Stockwerke. Schindeldach. Scheune. Werkstatt. Trotz der Hitze des sonnendurchfluteten Tages stieg blauer Rauch aus dem Kamin auf.
    »Sie haben einen Pkw «, flüsterte Boots, als Duke mit dem Jeep im Schatten eines Baumes anhielt.
    »Wir sehen uns lieber den Pick-up an.« Duke zeigte hinüber zur Scheune, die den weißen Wagen teilweise verdeckte. »Der hat mehr Power als die alte Reisschüssel.«
    Obwohl er fast hundert Meter entfernt war, konnte Norman erkennen, dass das Auto vor der Eingangstür des Hauses ein betagter Datsun war.
    »Was hast du vor, Duke?«, fragte Boots.
    »Ich setze zurück, Bootsy.«
    »Sei vorsichtig«, sagte Norman. »Hinter uns ist ein See.«
    »Perfekt. Sobald wir den Pick-up haben, Norman, rollst du das Auto in den See.«
    »In den See? Den Wagen meines Vaters?«
    »Ja. Wir können nichts mehr damit anfangen.«
    »Die Bullen dafür umso mehr«, fügte Boots hinzu. »Fingerabdrücke und so.«
    Norman atmete tief durch. »Okay, einverstanden.«
    Duke schaltete den Motor aus.
    Mit einem überraschten Ausdruck unter seiner Elvisfrisur wandte er sich um.
    »Hast du nicht was vergessen, Norman?«
    »Wieso?«
    »Du hast gar nicht irgendeinen Scheiß gesagt wie: ›Meinst du wirklich? Verstoßen wir nicht gegen das Gesetz? Bekommen wir keinen Ärger? Was, wenn man uns erwischt? Was, wenn sie uns am Arsch kriegen?‹«
    »So was sagst du normal, Norm.« Boots kicherte. »Hey, habt ihr das gehört? Normal, Norm? Das klingt irgendwie …«
    »Wir haben es gehört.« Duke öffnete die Tür und sagte zu Norman: »Die Schuldgefühle fressen dich nicht mehr auf.«
    Boots lehnte sich auf der Rückbank zur Seite, um Normans Knie zu drücken. »Er wird einer von uns.«
    Sie näherten sich dem Haus im Schutz der Büsche an der Seite. Vom Verandadach, den Traufen, den Hauswänden, den Zweigen der Bäume hingen hundert Windspiele herab. Es wehte zwar kaum Wind unter der heißen Sonne, doch es genügte.
    Die Windspiele drehten sich.
    Klingelten.
    Klirrten.
    Sangen.
    Ein Roboterchor mit blechernen Stimmen.
    Ich ziehe das durch, sagte Norman sich. Und ich fühle mich nicht schlecht dabei. Mich quälen keine Schuldgefühle.
    Weil du schon Schlimmeres getan hast, als ein Auto zu stehlen.
    Polizistenmörder.
    »O Papa«, flüsterte er. »Wenn du mich jetzt sehen könntest.«
    Duke war geduckt durch die Büsche vorausgeschlichen. Er legte den Finger an die Lippen. »Ihr beide bleibt hier. Kommt zur Veranda, wenn ich pfeife.«
    »Willst du den Pick-up kurzschließen?«, fragte Norman leise.
    »Ich glaube, mit einem Zündschlüssel macht man sich das Leben leichter.«
    »Wo willst du den Schlüssel finden?«
    »Was glaubst du wohl?«
    »Lass ihn machen«, flüsterte Boots. »Duke weiß, was er tut.«
    Duke zwinkerte ihr zu. »Allerdings, Baby.«
    Mit diesen Worten richtete er sich auf und schlenderte weithin sichtbar, ohne sich zu verbergen, ohne irgendwie verschlagen zu wirken, auf das Haus zu und schenkte dem Datsun kaum einen Blick.
    »Norman?«
    »Was?«
    »Irgendwie sexy hier im Gebüsch.«
    »Fang jetzt nicht damit an,

Weitere Kostenlose Bücher