Lockend klingt das Lied der Wueste
Ihnen einen Spezialschuh mitgebracht, den Sie tragen sollen, bis Ihr Knöchel vollständig geheilt ist.“ Karim nahm ihren Rollstuhl und schob ihn ins Innere des Zeltes.
Der Arzt untersuchte Lisas Fuß gründlich und passte dann den weich gefütterten hohen Schuh an, den er mit einem Klettband verschloss. Er gab ihr die nötige Stütze, aber sie hatte damit auch genügend Bewegungsfreiheit.
Anschließend sagte Karim etwas zu dem Arzt, woraufhin dieser mit einem erfreuten Lächeln nickte und sich zum Gehen wandte.
„Fliegen Sie schon wieder zurück?“, fragte Lisa.
„Dr. al Biminan würde gern die Ausgrabungsstätte sehen“, erklärte Karim. „Seit man von den Funden erfahren hat, wächst das Interesse unter der Bevölkerung. Welche neuen Schätze haben Sie in der Zwischenzeit ausgegraben?“
„Nichts Aufregendes. Die chinesische Porzellanfigur haben Sie ja gesehen, wie Professor Sanders mir sagte. Ist sie nicht wunderschön?“ Lisa zog eine Aufnahme aus dem Stapel, den sie am Abend zuvor entwickelt hatte.
Karim betrachtete das Foto. „Sehr hübsch“, kommentierte er. Dann legte er das Bild zurück auf den Tisch. „Meine Mutter fand es übrigens sehr nett, Sie kennenzulernen. Sie hat mir etwas für Sie mitgegeben.“ Er zog einen kleinen Umschlag aus seiner Tasche und reichte ihn Lisa.
Sie öffnete ihn und zog ein Kärtchen heraus. Die kurze Nachricht war in Englisch. Yasmin al Shaldor lud sie ein, das kommende Wochenende bei ihr zu verbringen, und erinnerte sie an die Geburtstagsparty ihrer Nichte.
Überrascht blickte Lisa auf. „Ihre Mutter lädt mich für dieses Wochenende zu sich ein.“
Karims Augen verengten sich kaum merklich. „Ach, tatsächlich?“
„Hier, lesen Sie selbst.“
Er überflog die Zeilen und gab ihr das Kärtchen zurück. Lisa spürte, dass eine Veränderung mit ihm vorgegangen war. „Falls Sie die Einladung annehmen wollen, kann ich Sie mit dem Helikopter abholen lassen“, sagte er merkwürdig reserviert.
Lisa las das Kärtchen noch einmal. Niemals hätte sie eine solche Einladung erwartet, denn es war nur eine flüchtige Bekanntschaft gewesen. Unsicher sah sie Karim an. Seine Reaktion befremdete sie.
„Ich würde die Einladung gern annehmen“, erwiderte sie. „Da gibt es nur ein kleines Problem – ich habe keine passende Garderobe dabei, nur Arbeitskleidung. Deshalb kann ich an der Party Ihrer Cousine leider nicht teilnehmen.“
„Machen Sie sich deshalb keine Gedanken. Für den Besuch bei meiner Mutter können Sie das Kleid tragen, das ich Ihnen bei mir zu Hause zur Verfügung gestellt hatte.“
„Wenn Sie meinen, dass es das Passende ist?“ Skeptisch blickte Lisa ihn an. Die elegante Kleidung seiner Mutter stammte zweifellos aus der Haute Couture. Yasmin konnte sich aber sicher denken, dass sie keine umfangreiche Garderobe mitgebracht hatte, wenn sie zu archäologischen Ausgrabungen hergekommen war.
Mit seinen dunklen Augen musterte Karim sie aufmerksam. Als Lisa seinem Blick begegnete, schaute er zur Seite und nahm eine der Tonscherben in die Hand. „Ist dies der Teil einer Schale?“
Lisa nickte.
Vorsichtig legte er die Scherbe auf den Tisch zurück. „Dann werden Sie also kommen?“, fragte er.
„Sehr gern. Bitte danken Sie Ihrer Mutter in meinem Namen für ihre Einladung. Wohnt sie in Soluddai?“
„Ja. Sie besitzt ein Hochhausapartment im Stadtzentrum. Das ist für sie am bequemsten, wenn mein Vater auf Reisen ist. Ich schicke Ihnen den Helikopter Freitagnachmittag um zwei Uhr. Passt Ihnen der Zeitpunkt?“
„Ich werde zusehen, dass ich bis dahin alles Wichtige aufgeholt habe.“ Lisa wusste immer noch nicht, ob er ihr Kommen guthieß oder nicht. Hätte sie die Einladung seiner Mutter lieber nicht annehmen sollen?
Zu ihrer Überraschung nahm er ihre Hand und zog sie auf die Füße. „Lassen Sie mich sehen, wie Sie mit diesem Stützschuh laufen können, bevor Dr. al Biminan und ich zurückfliegen“, sagte er und führte sie nach draußen.
Langsam ging er mit ihr um das Zelt herum. Lisa hätte problemlos ohne Hilfe laufen können, trotzdem hielt sie Karims Hand fest. Auch er schien es nicht eilig zu haben, sie loszulassen.
„Sind Sie in der Zwischenzeit wieder in Ihrem Wüstenzelt gewesen?“, fragte sie.
„Nein, aber demnächst.“
„Ich fand es wunderschön dort. Hoffentlich ist mein Fuß bald verheilt, damit ich meine Erkundungstouren fortsetzen kann – falls Professor Sanders mir den Jeep noch einmal anvertraut.“
„Es ist
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