Lockende Flammen
wütende Ungläubigkeit über sein Gesicht huschen, wahrscheinlich weil sie es gewagt hatte, ihm eine derart intime Frage zu stellen.
„Ich habe sie überhaupt nie geliebt“, gab er tonlos zurück. „Aber ich schwöre, dass ich mich nie wieder von einer Frau demütigen lasse, besonders nicht im Zusammenhang mit Falcon, wie gut seine Absichten dabei auch immer sein mögen. Und deshalb …“
„Deshalb hast du mich erpresst, mit dir hierherzukommen.“
„Deshalb hat dein Verhalten eben deinen Bruder den Job gekostet.“
„Aber ich habe nicht mit Falcon geflirtet. Du kannst ihn fragen!“
„Das brauche ich nicht. Ich habe schließlich Augen im Kopf. Ich hab’s genau gesehen.“
„Du irrst. Mein Reißverschluss war aufgegangen, und ich konnte ihn nicht allein zumachen, nur deshalb standen wir so eng beieinander. Falcon hat mir einfach nur aus einer peinlichen Situation geholfen, das ist alles.“
Alessandro musste zugeben, dass das nicht ganz unwahrscheinlich klang.
Der Abend neigte sich langsam seinem Ende entgegen. Als Alessandro sah, dass Leonora immer öfter gegen ein Gähnen ankämpfte, beugte er sich zu ihr hinüber und sagte leise: „Geh ruhig schon mal vor, wenn du müde bist. Wir sehen uns dann später.“
Leonora fühlte sich fast überrumpelt, so überrascht war sie über seine Fürsorge. Trotzdem nahm sie den Vorschlag dankbar an und nickte.
Als sie aufstand, erhob sich Falcon ein paar Stühle weiter ebenfalls und gesellte sich zu ihr. „Sie ziehen sich zurück? Dann erlauben Sie mir, Ihnen eine gute Nacht zu wünschen.“
Leonora erstarrte vor Schreck, als Falcon sie umarmte und auf beide Wangen küsste.
Nun, er war schließlich Sizilianer. Und an seiner Umarmung war nichts, aber auch gar nichts Sinnliches oder sexuell Aufreizendes. Was auch nicht verwunderlich war, denn immerhin hielt er sie und Alessandro für ein Paar. Trotzdem war sie völlig verunsichert und wandte sich ab, sobald er sie losgelassen hatte – und entdeckte im selben Moment Alessandro, der jetzt drohend vor ihr stand. Als sie um ihn herumgehen wollte, griff er nach ihrer Hand und zog sie an sich.
Dass er vorhatte sie zu küssen, wurde ihr erst in dem Moment klar, in dem es zu spät war. Sobald sein Mund auf ihrem lag, spürte sie, wie ihre Lippen weich wurden, obwohl er ihr aus halbgeschlossenen glitzernden Augen einen wütenden Blick zuschoss. Aber sie war ihm hilflos ausgeliefert, bis er den Kuss beendete. Und während sie sich hastig aus seiner Umarmung befreite, spürte sie immer noch die Nachwirkungen ihrer eigenen Reaktion auf ihn.
Sie war heilfroh, als sie endlich dem Bediensteten folgen konnte, der herbeizitiert worden war, um sie in ihre Suite zu begleiten.
Unterwegs musste sie sich zu ihrer eigenen Überraschung eingestehen, dass sie den Abend in Teilen sogar genossen hatte. Sie hatte ein paar ganz interessante Leute kennengelernt und eine Menge über Alessandro und die Lebensumstände in seiner Kindheit und Jugend erfahren. Auch von der ehemaligen Mätresse seines Vaters, die dieser nach dem Tod seiner ersten Frau geheiratet hatte, war die Rede gewesen. Und von Alessandros Halbbruder Antonio, der sich allem Anschein nach keiner sonderlichen Beliebtheit erfreut hatte, während Alessandro überall höchste Wertschätzung genoss.
Als sie vor der Towersuite angelangt waren, verbeugte sich der Bedienstete und wünschte ihr eine gute Nacht. Sobald Leonora die Tür hinter sich zugezogen hatte, schüttelte sie sich mit einem erleichterten Aufseufzen die Schuhe von den Füßen und bewegte die schmerzenden Zehen. Sie sehnte sich nach einem schönen ausgiebigen Bad, aber sie wusste nicht, wie viel Zeit ihr bis zu Alessandros Rückkehr blieb. Nachdem sie sich im Ankleidezimmer ausgezogen hatte, hängte sie ihr Kleid auf einen Bügel und tappte, nur mit ihrem Slip bekleidet, barfuß ins Badezimmer.
Alessandro runzelte die Stirn und warf einen Blick auf Falcon, der in einiger Entfernung von ihm saß und sich angeregt mit einem Gast unterhielt. Er konnte die Eifersucht immer noch spüren, die in ihm aufgewallt war, als Falcon Leonora auf beide Wangen geküsst hatte. Nicht dass er sich wirklich etwas aus Leonora machte, natürlich nicht. Wirklich nicht? Und warum hatte er dann seinen Besitzanspruch so überdeutlich zum Ausdruck bringen müssen? Es gab keinen Grund. Es war nur eine primitive Reaktion gewesen, sonst nichts.
Verärgert rutschte er mit seinem Stuhl zurück, stand auf und wünschte allen eine gute
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