Lockende Flammen
Natürlich hatte er sich sofort in seine eigene Betthälfte zurückgezogen, was die Sache allerdings nicht besser gemacht hatte. Bestimmt wollte er sie nur, weil sie ihn erst scharf gemacht und dann zurückgewiesen hatte. Einen anderen Grund konnte es dafür nicht geben.
„Wenn du Lust hast, könnten wir mit dem Hubschrauber einen kleinen Rundflug machen, damit du einen Eindruck von der Insel bekommst. Dann sollten wir aber in einer halben Stunde los“, erklärte er. „Alles kann ich dir natürlich nicht zeigen, aber immerhin ein paar Highlights.“
Leonora strahlte. „Und ob ich Lust habe“, stimmte sie begeistert zu. „Vor allem, weil ich noch nie am Steuer eines Hubschraubers …“
„Vergiss es“, fiel Alessandro ihr ins Wort. „Du hast nämlich keinen Hubschrauberschein.“
„Und was ist mit dir? Hast du einen?“
„Selbstverständlich“, erwiderte Alessandro gelassen. „Also, was ist? Willst du noch frühstücken oder kannst du bis zum Brunch warten? Ich könnte dir ein sehr schönes Hotel direkt am Meer zeigen.“
„Gönn Leonora doch wenigstens eine Tasse Kaffee“, protestierte Falcon, aber Leonora schüttelte den Kopf.
„Nicht nötig, meinetwegen kann’s gleich losgehen.“
Am Ende bekam Leonora nicht nur Kaffee, sondern auch noch ein knuspriges Croissant mit Butter und Waldblütenhonig. Nachdem sie in die Suite zurückgekehrt war, um ein paar Sachen zusammenzupacken, erschien Alessandro mit einem Frühstückstablett.
Sobald er das Zimmer betrat, bekam sie Herzklopfen und fühlte sich scheußlich verunsichert, was natürlich mit dem Vorfall vom Vorabend zu tun hatte.
Er trug ebenfalls Jeans, dazu ein leichtes kurzärmliges Hemd, das seine breiten Schultern betonte. Dieser Anblick veranlasste Leonora, sich zu fragen, was wohl passieren mochte, wenn sie ihm frei heraus sagen würde, dass sie ständig an ihn denken musste und mit ihm schlafen wollte? Sie wusste es nicht, sie wusste nur, dass er sie letzte Nacht gewollt hatte – obwohl er wütend gewesen war. Aber wollte er sie immer noch?
Himmel, was war los mit ihr? Natürlich war ihre Unberührtheit eine Bürde, die sie lieber heute als morgen loswerden wollte, aber das war noch lange kein Grund, zu fühlen, was sie fühlte. Weil es eben nicht einfach nur Lust auf eine bisher unbekannte sexuelle Erfahrung war. Daneben verspürte sie eine tiefe Sehnsucht nach einer emotionalen Bindung zu ihm, und das war höchst verwirrend.
Das lag bestimmt nur daran, weil sie beide als Kinder ein ähnliches Schicksal erlitten hatten. Mit einem anderen Mann in einer ähnlichen Situation wäre das alles ganz bestimmt genauso.
„Hier, nimm“, sagte Alessandro.
Sie nahm kaum wahr, dass er ihnen beiden Kaffee einschenkte, so versunken war sie in ihre Gedanken. Erst nach einer freundlichen Aufforderung nahm sie ihre Tasse entgegen, zitterte aber so dabei, dass sich ihre Finger berührten. Leonora hätte die Berührung gern noch ein wenig ausgedehnt und vielleicht sogar intensiviert. Das war verrückt – und gefährlich. Sie umfasste ihre Tasse fester und schaute mit gespieltem Interesse aus dem Fenster, obwohl es da gar nichts zu sehen gab. Bestimmt hatten schon ganze Heerscharen von Frauen im Zusammenhang mit ihm genauso empfunden. Nur dass all diese Frauen anders als sie bestimmt genug Selbstbewusstsein hatten, um ihm auf die eine oder andere Art und Weise ihre Gefühle mitzuteilen. Wie würde er reagieren, wenn er die Wahrheit über sie wüsste? Würde er sich wirklich so abgestoßen fühlen, wie sie befürchtete? Oder würde er sie womöglich demütigen, indem er sich über sie lustig machte? Sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sie das Risiko es herauszufinden, nicht eingehen konnte.
Als Leonora spürte, dass ihre Finger noch immer zitterten, legte sie die Hand fester um ihre Tasse. Eben hatte sie daran denken müssen, dass Leo sie irgendwann einmal damit geneckt hatte, dass sie in Wirklichkeit wahrscheinlich den Mann und nicht den Job wollte. Was sie natürlich empört von sich gewiesen hatte.
„Dann schwör es“, hatte er verlangt. „Immerhin gibt es unzählige Fluggesellschaften, die so eine qualifizierte Pilotin wie dich mit Handkuss nehmen. Und doch gibt es für dich nur Avanti-Airlines oder gar nichts. Da muss man doch auf dumme Gedanken kommen, findest du nicht?“
Natürlich hatte Leonora heftig protestiert. Zweifellos hatte ihre wilde Entschlossenheit nichts mit dem Mann selbst zu tun und alles damit, dass sie ihm etwas
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