Lockende Flammen
heftig zu pochen. Spontan drehte sie sich zu ihm um, doch da hörte sie ihn auch schon sagen: „Vielleicht schläfst du ja lieber mit Licht, aber ich nicht.“ Dabei knipste er die Lampe auf dem Nachttisch neben Leonora aus, an die sie gar nicht mehr gedacht hatte, und rückte wieder von ihr ab.
Himmel, das war knapp! Um ein Haar hätte sie sich ein weiteres Mal gedemütigt. O Gott, sie wäre in den Boden versunken vor Scham, aber sie hatte noch einmal Glück gehabt. So musste sie jetzt nur gegen ihr ungestilltes Verlangen ankämpfen, aber wenigstens war sie nicht verletzt. Verletzt? Wie könnte Alessandro sie je verletzen? Er bedeutete ihr nichts. Oder? Nein, natürlich bedeutete er ihr nichts.
Aber die Welle des Verlangens, die über sie hinwegschwappte, wollte einfach nicht abebben. Leonora konnte nicht aufhören sich auszumalen, wie es wohl sein mochte, von ihm geliebt zu werden und hinterher erschöpft und geborgen in seinen starken Armen zu liegen.
Was war los mit ihr? So etwas durfte sie nicht denken. Solche Gedanken waren nicht nur unerwünscht und unangemessen, sondern auch schmerzhaft und gefährlich.
Was zum Teufel war los mit ihm? Alessandro starrte wütend in die Dunkelheit, während er sich gegen die schier unbezwingbare Versuchung wehrte, näher an Leonora heranzurücken. Obwohl er es sich nicht eingestehen wollte, sehnte er sich förmlich danach, sie in den Arm zu nehmen und so wie gestern Abend zu streicheln.
Dass der Wunsch so stark war, überraschte ihn. Er war schließlich kein hormongeplagter Jugendlicher mehr. Allein die Tatsache, dass er mit einer Frau in einem Bett schlief, bedeutete schließlich nicht zwangsläufig, dass er diese auch begehren musste. Offenbar hatte er zu lange enthaltsam gelebt, das war sein Problem. Mit Leonora hatte das nicht das Geringste zu tun. Er hatte in letzter Zeit einfach zu viel gearbeitet und sich keine Entspannung gegönnt. Um diese Leere zu füllen, hatte er eine gefährliche Neugier an Leonora entwickelt. Das wäre ihm unter normalen Umständen natürlich nie passiert. Und erst recht nicht, wenn sein Erscheinen im Castello nicht unabdingbar gewesen wäre.
Die Rückkehr ins Haus seiner Kindheit hatte zu viele unerwünschte Erinnerungen in ihm geweckt. Nur deshalb war es ihm möglich, so etwas wie Mitgefühl mit Leonora zu empfinden. Die Melodie ihrer Geschichten hatte ihn schmerzhaft an seine eigene Kindheit erinnert. Aber Leonora war von ihrem Vater wenigstens auf seine Art geliebt worden, während der alte Leopardi ihn nie geliebt und das auch ganz offen zugegeben hatte. Unvorstellbar, dass er, Alessandro, seinen Kindern so etwas jemals antun könnte. Er würde alle seine Kinder gleich lieben und jedes einzelne Kind ganz individuell für das, was besonders an ihm war.
Seine Kinder ? Wo um Himmels willen kam das denn jetzt plötzlich her? Seit wann hatte er vor, Kinder in die Welt zu setzen, wo er doch überzeugt war, dass er nie eine Frau treffen würde, die in seinen Augen so vertrauenswürdig genug war, dass er es wagen könnte, sie zur Mutter seiner Kinder zu machen? Er hatte einfach zu lange keinen Sex mehr gehabt, das war alles. Er konnte unmöglich eine Frau begehren, von der er genau wusste, dass sie ihn nur zu manipulieren versuchte.
10. KAPITEL
Das große Doppelbett war mit Seide bezogen. Kühler, eleganter Seide, die ihren schlanken Körper zu liebkosen schien. Obwohl sich der raschelnde Stoff auf ihrer Haut längst nicht so erotisch anfühlte wie seine Berührung und gar nichts war im Vergleich zur glühenden Leidenschaft seines Kusses.
Sein Gesicht lag im Schatten, aber sie kannte seine Gesichtszüge in- und auswendig. Sie sah die dunklen, vor Intensität leuchtenden Augen, das arrogante Profil und den aufregend sinnlichen Mund gestochen scharf vor sich.
Sie sehnte sich auf tausend, ja hunderttausend verschiedene Arten nach ihm. Das wissende Lächeln, das seine Mundwinkel umspielte, verriet ihr, dass er ihre geheimsten Wünsche kannte. Und dass er wusste, wie sehr sie seine Zärtlichkeiten auskostete.
Leonora schloss seufzend die Augen. Die Fingerspitzen, die eben noch langsam und fast andächtig ihre Brüste gestreichelt hatten, wanderten tiefer, über ihren flachen Bauch und …
Er wandte den Kopf und schaute sie an. Tiefe Freude durchströmte sie, während sie die Hand nach ihm ausstreckte und dabei wusste, wie sehr sie ihn liebte.
„Alessandro …“
Leonora erwachte vom Klang ihrer eigenen Stimme. Alessandro war ihr
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