Lockende Flammen
dauerhafte intime Beziehung ausreichte. Sofort begann er sich auszumalen, wie Leonora nackt in seinen Armen lag, ihr langes Haar auf seiner Brust ausgebreitet wie ein Fächer und strahlend vor Glück. Plötzlich fühlte er ein Gefühl von Freiheit in sich aufsteigen, in das sich eine schier unbändige Freude mischte, die allen Argwohn und alle Zweifel beiseitefegte.
Es war immer noch möglich, dass sie ein Liebespaar wurden. Liebende, die sich auf gleicher Augenhöhe begegneten und alles Trennende außen vor ließen.
Doch damit es so weit kommen konnte, würde er vorher sehr offen über seine Gefühle und sein Verlangen sprechen müssen. Und das war mit einem hohen Risiko verbunden, weil ihn diese Offenheit verletzlich machte. Aber er war entschlossen, den Schritt zu wagen.
Ihre Kostüme lagen im Ankleidezimmer bereit. Alessandro würde als Normannischer Krieger auf den Ball gehen und sie selbst als Sarazenen-Prinzessin. Leonora konnte nur hoffen, dass sie den Abend überstand, ohne sich wegen ihrer Liebe zu Alessandro zu demütigen. Die Eifersucht, die sie am Nachmittag in Sofias Gegenwart gequält hatte, war immer noch nicht ganz verflogen. Wie auch, wo sie doch unfreiwillige Zeugin von Sofias schamlosen Verführungsversuchen geworden war? Und diese peinigenden Beobachtungen hatte sie in dem Bewusstsein machen müssen, dass die beiden früher ein Liebespaar gewesen waren und dass Alessandro sie wahrscheinlich immer noch liebte – obwohl er das natürlich nie zugeben würde.
Auch wenn sie jetzt nicht einfach abreisen konnte, musste sie eine Entscheidung treffen. Sie durfte ihren Plan, für Alessandros Fluggesellschaft zu arbeiten, nicht länger verfolgen. Denn wie sollte sie für ihn arbeiten, nachdem sie um ihre Gefühle für ihn wusste? Nein, damit war es aus und vorbei, dieser Traum war ausgeträumt. Sie würde sich niemals angemessen auf ihre Arbeit konzentrieren können, solange er in der Nähe war, und das bedeutete, dass es ihr an der unabdingbaren Professionalität mangeln würde. Das war die bittere Wahrheit, die sie akzeptieren musste, neben der noch bittereren, dass sie einen Mann liebte, der ihre Liebe nicht erwiderte.
Als Alessandro die Tür zur Suite öffnete, stand Leonora am
Fenster und schaute nach draußen.
„Na, suchst du die Spinne?“
Der neckende Unterton in seiner Stimme trieb Leonora die Tränen in die Augen. Heftig blinzelnd wandte sie sich ab und schüttelte den Kopf.
„Ich muss dir etwas sagen“, begann Antonio und fuhr fort: „Es geht um deinen Wunsch, für meine Fluggesellschaft zu arbeiten …“ Und um dein Verlangen nach mir, hätte er am liebsten hinzugefügt, aber er wusste, dass er nichts überstürzen durfte.
„Ich ziehe meine Bewerbung zurück“, unterbrach Leonora ihn. „Ich werde mich woanders als Pilotin bewerben.“
Die Ankündigung kam mehr als überraschend, aber ihre Worte klangen so entschieden, dass Alessandro stutzte und sie eingehend musterte. Sie wirkte blass und übermüdet.
„Und warum dieser plötzliche Sinneswandel?“
„Das behalte ich lieber für mich.“
„Ich möchte es aber verstehen. Du bombardierst mich seit zwei Jahren mit Bewerbungen, und plötzlich willst du nicht mehr, aber du bist nicht bereit, mir den Grund dafür zu nennen?“ Er schüttelte ratlos den Kopf. „Wenn das eine neue Taktik sein soll …“
„Ist es nicht.“
In ihrer Stimme schwang ein Unterton mit, der ihn aufhorchen ließ. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr, irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Das war nicht einfach nur ein neuer Versuch, um aus einem vermeintlichen Kampf als Siegerin hervorzugehen.
„Was ist mit dir? Du siehst gar nicht gut aus.“
„Nichts.“
„Lügnerin.“ Bei diesem Wort ging er auf sie zu und legte ihr die Hände auf die Schultern.
Er wollte ihr Gesicht ins Licht drehen, um sie genauer ansehen zu können, aber sie machte sich los und sagte eilig: „Die Kostüme sind im Ankleidezimmer. Wenn ich es richtig gesehen habe, gehst du als normannischer Ritter und ich als Sarazenen-Prinzessin.“
„Stimmt. Meine Vorfahren waren normannische Ritter, die nach Sizilien kamen, und einer von ihnen eroberte das Herz einer Sarazenen-Prinzessin, bevor die Sarazenen von den Normannen besiegt wurden.“
Leonora streifte ihn aus dem Augenwinkel mit einem kurzen Blick, dann wandte sie sich eilig ab. Doch zu spät. Alessandro hatte das Verlangen in ihren Augen bereits entdeckt.
Er machte noch einen Schritt auf sie zu und drängte sie sanft
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