Lockende Kuesse
eine Vereinbarung; drück dich jetzt bloß nicht.«
»Kitty, das kannst du nicht machen; Patrick wird toben vor Wut!«, protestierte Terry, der entsetzt darüber war, dass Kitty Simon heiraten wollte.
»Kann ich nicht? Willst du damit andeuten, dass ich Patricks Erlaubnis brauche, um über meine Zukunft zu entscheiden?«, fragte sie aufgebracht.
»Nun, du weißt doch, was Patrick für dich empfindet, Kitty«, sagte ihr Bruder.
»Was empfindet er für dich?«, wollte Simon wissen.
»Er glaubt, ich würde ihm gehören, aber ich werde ihm das Gegenteil beweisen.«
Jetzt mischte sich Barbara ein: »Unsinn! Er ist doch mit seinen eigenen Heiratsplänen mit Grace Haynsworth beschäftigt. Was sollte Patrick schon dagegen haben?«
»Ja, genau!«, sagte Kitty und warf trotzig den Kopf in den Nacken. »Nun, warum sitzen wir hier noch rum? Wir müssen auf eine Hochzeit.«
Erst als der Priester mit der Heiratszeremonie begann, kam Kitty zur Besinnung. Er sah mehr wie ein Totengräber als ein Mann Gottes aus. Nicht mal die Blumen wirkten echt. Seine monotone Singsang-Stimme forderte sie auf, sich für den Rest ihres Lebens diesem jungen Mann zu verpflichten, den sie kaum kannte. Wild dachte sie, was mache ich bloß hier? Der Tag bekam Löcher, lange Momente, an die sie sich später überhaupt nicht mehr erinnern konnte. Schon waren sie wieder zurück am Cadogan Square, und sie wusste überhaupt nichts mehr von der Kutschfahrt. Simon sagte etwas. Sie musste sich zusammenreißen und hinhören, was er ihr zu sagen hatte.
»Pack deine Sachen. Ich hole dich in einer Stunde ab.«
Kaum dass er weg war, wurde sie gutmütig von Julia ausgescholten, die ihr aber auch gratulierte. »Ach meine Liebe, du hast ja überhaupt nichts, das auch nur im Entferntesten einer Mitgift ähnelt. Aber mach dir nichts draus; wenn du mal Lady Crowther bist, hast du sogar mich überrundet.«
Kitty ignorierte ihre herablassende Bemerkung und faltete ihr altes Flanellnachthemd zusammen.
»Oh, du brauchst aber wirklich etwas Hübscheres als dieses alte Ding da«, sagte Julia. »Ich gehe rasch und hole dir eins von meinen Spitzennachthemden. Nein, nein, keine Widerrede, ich bestehe darauf.«
Kitty packte ihre Toilettensachen zusammen, und Julia tauchte mit dem Nachthemd auf.
»Du hast gar kein Reitkostüm«, bemerkte Barbara.
»Ach du meine Güte, ich bin die reinste Vogelscheuche; ich hätte mich nie zu dieser Heirat breitschlagen lassen sollen. Ich weiß gar nicht, was ich mir dabei gedacht habe.«
»Papperlapapp! Jedes Mädchen, das heiratet, glaubt zuerst mal, sie hätte einen schrecklichen Fehler gemacht, aber morgen denkst du anders, glaub mir.«
Als ihr die Tränen kommen wollten, sagte Kitty rasch: »Vielen Dank für alles; ihr seid beide sehr nett zu mir gewesen.«
Terrance wartete unten mit einem kleinen Bündel auf sie, das all seine Habseligkeiten enthielt. Er zögerte. »Ich habe Patrick einen Zettel hinterlassen.«
»Ach!«, sagte Kitty überrascht.
»Hab mich bloß für alles bei ihm bedankt und geschrieben, dass ich ihn nicht verlassen wollte, aber mit dir gehe, um auf dich aufzupassen.«
»Glaubst du nicht, dass Simon auf mich aufpassen wird?«, fragte sie unsicher.
»Ich weiß nicht«, erwiderte er aufrichtig.
Simon traf ein, und man verabschiedete sich. Kitty war erleichtert, fortzukommen, aber als sie in die Mietkutsche einstieg, fand sie dort zu ihrer Überraschung zwei junge Männer vor.
Simon lachte und sagte: »Ist das nicht wundervoll? Stell dir vor, ich habe zufällig meine beiden allerbesten Freunde getroffen, Brockington und Madge, und sie bestehen darauf, uns in der Einsamkeit des Landlebens Gesellschaft zu leisten, damit wir nicht ganz trübsinnig werden.«
Kitty murmelte: »Hallo«, und fügte dann hinzu, »hast du >Madge< gesagt?«
»In Wirklichkeit heißt er Talmadge, aber du kannst ihn Madge nennen; das tun wir alle«, sagte Simon lässig.
»Das werde ich nicht! Madge ist ein Mädchenname! Wie heißen Sie mit Vornamen?«, fragte Kitty lächelnd.
»Vivian«, erwiderte der hoch aufgeschossene, dünne junge Mann gedehnt, und die anderen beiden krümmten sich vor Lachen, als wäre dies ein besonders köstlicher Witz. Kitty lächelte ebenfalls. »Nun ja, verstehe. Dann halte ich wohl besser an Madge fest, wie jeder andere auch.«
»Ach, übrigens, Mutter wünscht dir viel Glück und überreicht dir hiermit ihre Schlüssel«, sagte Simon fröhlich.
»Dann hat sie dich also endlich vom Rockzipfel gelassen,
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