Lockende Kuesse
Riesenüberraschung für Kitty ein: ein Pferd aus Tattersall's. Sie war den Tränen nahe, als sie hörte, dass es ein Hochzeitsgeschenk von Patrick war. »Oh, wie kann ich ihm je dafür danken!«, rief sie aus.
»Dank nicht ihm, dank mir«, grinste Simon. »Habe ihm eine kleine Nachricht zukommen lassen, wie schlecht es reittiermäßig um dich stünde«, prahlte er.
Kitty war schockiert. »Simon, das hättest du nicht tun dürfen. Wie erniedrigend! Ich will überhaupt nichts von Patrick.«
»Unsinn! Denk bloß an all das Geld, das er hat. Ich dagegen käme nie über die Runden, wenn meine Freunde nicht so großzügig wären. Madge bringt immer den Wein mit und Brockington den Brandy. Schlag dir all diese nutzlosen Gedanken aus dem Kopf, Kit, und überleg dir lieber, wie du sie nennen willst«, drängte Simon.
Kitty schüttelte den Kopf. »Ich werde sie Brandywine nennen, denn das waren die einzigen anderen Geschenke, die ich zur Hochzeit bekommen habe.« Mit Tränen in den Augen streckte sie die Hand aus, um das weiche Maul der Stute zu streicheln. Sie musste an Patrick denken. »Ich ... ich habe kein Reitkostüm, Simon«, stammelte sie.
»Ach was! Ich habe ganze Truhen voll Reithosen und Jodh-purs aus der Zeit, als ich noch kleiner war. Komm, wir finden sicher was, das dir passt«, drängte er sie.
»Aber Simon, ich kann doch keine Hosen anziehen. Was würden die Leute sagen?«
»Was für Leute? Hier ist doch niemand außer mir.« Er nahm sie bei der Hand und führte sie auf den Speicher, wo die Truhen mit seinen alten Sachen verstaut waren. Mit Armen voller Buckskins, Samthosen und Hemden mit Spitzenbesatz kamen sie wieder herunter. Sie probierte sie an, und zu ihrem Leidwesen passten sie ihr ausgezeichnet. Seine Augen blitzten begeistert bei ihrem Anblick. »Wenn jetzt deine Haare noch kürzer wären, könntet ihr beide, du und Terry, als Zwillinge durchgehen«, sagte er lachend. »Rühr dich nicht vom Fleck, Kit. Ich gehe die Schere holen.«
»Nein, auf keinen Fall!«, protestierte sie.
»Nun komm schon, Kit, sei kein Spielverderber. Was für ein köstlicher Witz. Ich schneide ja bloß ein bisschen ab, ja?«, schmeichelte er.
»Nein, Simon! Ich will meine Haare nicht abschneiden. Komm sofort zurück!«
Simon kam zurück, aber nicht, bevor er eine Schere gefunden hatte. Zu Kittys blankem Entsetzen war er durchaus fähig, ihr etwas gegen ihren Willen anzutun. Er hielt sie trotz ihrer Proteste und Bitten nieder. Lachend, wie jemand, der sich köstlich amüsiert, wedelte er drohend mit der Schere über ihrem Lockenhaar. Sein seltsames Verhalten machte ihr Angst, sodass sie sich schließlich bereit erklärte, sich ein paar Zentimeter abschneiden zu lassen.
Doch Simon wurde alles schnell langweilig, wie Kitty bereits festgestellt hatte, und wenn ihm langweilig war, wurde er rastlos. Sie merkte, dass er erschreckend unreif war. Eines Nachmittags, als sie mit Simon ausritt, sagte er, er würde ein Kaninchen fürs Abendessen fangen, und zauberte ein Frettchen aus seinen Satteltaschen hervor. Kitty hasste Frettchen. Sie stieg ab und begann durch die Bäume davonzurennen.
»Kit, komm zurück. Sei nicht so kindisch«, rief er ihr lachend hinterher.
»Nein, ich hasse sie. Sie sind so lang und dünn und angesichts ihrer kleinen roten Augen kommt mir das Gruseln.«
»Feigling!«, neckte er sie. »Komm und schau, wie gut es abgerichtet ist.«
»Nein! Es ist grausam den Hasen gegenüber, diese entsetzliehen Tiere in ihren Bau zu stecken. Das erschreckt sie zu Tode, und ich will bei so was nicht zuschauen!«
Er begann hinter ihr herzujagen. Sie schrie und rannte so schnell sie konnte, um ihm zu entkommen. Sie wusste, dass er eine sadistische Seite besaß und zu allem fähig war, wenn er sie einmal erwischt hatte. Auf Händen und Knien versuchte sie, ins Gebüsch zu kriechen, doch er warf sich bäuchlings auf sie, sodass sie nun unter ihm lag und sich wie wild zu wehren begann. Als sie jedoch sah, dass Simons Hände leer waren, stieß sie einen zutiefst erleichterten Seufzer aus. Während er auf ihr lag, berührte er aus Versehen ihre Brust. Rasch zuckte seine Hand zurück.
»Kit, man sieht ja nur noch Brüste, wenn du meine Hemden anhast. Könntest du dich nicht abbinden, damit's nicht gar so wabbelt?«
Überrascht und empört entgegnete Kitty: »Ich bin eine Frau, kein Knabe!« Doch sobald diese Worte aus ihrem Mund waren, erkannte sie, dass er genau das wollte. Er nannte sie Kit, eine maskuline Version ihres
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