Lockruf der Finsternis
Zwillinge sind … allerdings.«
»Alles klar, jetzt kommt ein sexy Sumerer.« Kat nahm die Kette ab und schloss ihre Hand um die Kugel. Sobald sie sich Sin mit Zakars Namen vorzustellen begann, glühte die Kugel. Zwischen ihren Fingern hindurch breiteten sich Lichtstrahlen aus, die die Wände entlangtanzten wie Stroboskoplicht.
Dann waren sie völlig von rotem Licht umgeben. Zwei Sekunden später befanden sie sich in einer feuchten Höhle. Nach dem schweren erdigen Geruch zu urteilen, schien sie tief unter der Oberfläche zu liegen. Das Licht der sfora verblasste und ließ sie in tiefer Dunkelheit zurück.
Es war so dunkel, dass das einzige Licht von Simis und Xirenas glühenden Augen kam. Die Stille wurde nur vom Geräusch schweren, wütenden Atmens durchbrochen. Kat versuchte, im Dunkeln die Quelle dieses Geräuschs auszumachen, aber sie konnte nichts sehen.
Sie streckte die Hand aus und spürte Sins muskulösen Arm.
Er hielt seine Hand hoch, und auf seiner Handfläche erschien eine kleine Flamme, sodass sie etwas erkennen konnten.
Zunächst sah Kat nur die Wände der Höhle. Dann hörte das Atmen auf.
Und auch ihr stockte der Atem.
Auf der anderen Seite der Höhle lag der Körper eines Mannes auf einer Steinplatte. Aber das war es nicht, was sie so entsetzte. Es war die Art, wie er dort hingelegt worden war. Seine linke Schulter war mit einem Schwert durchbohrt, das bis zum Heft in den Stein getrieben war und den Mann dort festhielt. Sein rechter Arm lag über dem Kopf, und durch sein Handgelenk war ein kleineres Schwert getrieben, das den Arm in dieser Position festnagelte. Mit seinen Beinen war man ähnlich verfahren, aber hier waren die Schwerter durch das Fleisch seiner Waden getrieben worden.
Die Galle stieg in ihr hoch, als sie zu ihm gingen.
Sin schwieg, aber sie konnte den Zorn spüren, der in ihm aufstieg. Und sobald sie nahe genug herangekommen waren, sah sie das Blut, das aus den Wunden des Mannes floss, und die Narben, die jeden Zentimeter seines nackten Körpers verunstalteten. Sein Haar war lang und verfilzt, als ob es jahrelang weder gewaschen noch gekämmt worden wäre. Er war rasiert, aber es war leicht zu sehen, warum gerade auf diesen Teil seiner Hygiene Wert gelegt wurde.
Er hatte den ganzen Hals voller Bissspuren. Einige waren lang und gezackt, als ob sich die Gallu nach den Fütterungen von seinem Fleisch so losgerissen hätten, dass sie ihm möglichst große Schmerzen zufügten.
Aber das Schlimmste waren seine Augen. Jemand oder etwas hatte sie ihm ausgebrannt.
Xirena berührte versehentlich sein Bein, als sie sich ihm näherte.
Der Mann zuckte mit dem Kopf herum. »Leck mich, Gallu«, knurrte er auf Sumerisch, ehe er in Xirenas Richtung spuckte. Er versuchte zu kämpfen.
Kat zuckte zusammen, als ihm die Schwerter ins Fleisch schnitten.
»Hör auf, Zakar«, sagte Sin und ging näher zu seinem Bruder, damit er ihn festhalten konnte.
Zakar versuchte, ihn zu beißen.
Sin nahm den Kopf seines Bruders zwischen die Hände. »Hör auf. Ich bin es, Sin. Ich bin da, um dich zu befreien.«
»Leck mich.« Zakar spuckte ihn erneut an.
Sin wischte sich mit dem Handrücken den Speichel aus dem Gesicht. »Hör auf zu kämpfen, du verletzt dich nur selbst noch mehr.«
Kat zuckte zusammen, als Zakar versuchte, den Arm zu heben. Der Schmerz, den diese Bewegung hervorrief, musste Zakar umbringen.
Sin hielt den Arm seines Bruders fest, ehe er das Schwert herausriss. Statt dankbar zu sein, versuchte Zakar, ihn zu schlagen. Als er das nicht schaffte, griff er ihm ins Haar und schlug Sins Kopf neben sich auf den Stein.
Sin fluchte, ehe er sich aus Zakars Griff befreite. »Verdammt, Junge, du kannst froh sein, dass ich dich so gernhabe.«
Zakar zeigte keine Reaktion und kämpfte weiter.
Kat trat einen Schritt vor, um Sin zu helfen. »Ich kümmere mich um die Schwerter in den Beinen.«
»Lass uns das machen«, sagte Simi und schob sie zurück. »Charonte sind stärker. Wir können sie mit einer einzigen Bewegung herausziehen und tun ihm dann nicht so weh.«
Kat war dankbar für ihre Hilfe. Sie hätte alles getan, um dem armen Mann weitere Schmerzen zu ersparen.
Sie trat zur Seite und schaute zu, wie Simi, Xirena und Sin die übrigen Schwerter aus dem Stein und aus Zakars Körper zogen. Zakar stieß einen Schrei aus, der von den Wänden widerhallte, und schlug voller Qual um sich.
Sobald er frei war, ließ Zakar sich zu Boden fallen und kauerte sich für den nächsten Angriff
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